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Ehemalige Hettinger Schwanenwirtin feiert ihren 90. Geburtstag

Hettingen / Lesedauer: 4 min

Ehemalige Hettinger Schwanenwirtin Franziska Stauß feiert ihren 90. Geburtstag
Veröffentlicht:07.02.2021, 17:24

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Die ehemalige Hettinger Schwanenwirtin Franziska Stauß wird am Montag, 8. Februar, 90 Jahre alt. Pandemiebedingt muss die Feier im kleinsten Rahmen stattfinden. Die schriftlichen Glückwünsche von Bürgermeisterin Dagmar Kuster , Landrätin Stefanie Bürkle und Ministerpräsident Winfried Kretschmann trafen bereits am Wochenende davor ein und können dank eines Vergrößerunggerätes von der Jubilarin gelesen werden.

Manches werde beschwerlicher im Alter, aber klagen wolle sie nicht, so Franziska Stauß. Die Alterskolleginnen, mit denen sie im vergangenen Jahrzehnt gerne unterwegs war, leben nicht mehr, die Besuche müssen aufgrund der Pandemie eingeschränkt werden, auch Autofahren kann sie nicht mehr selbst. Ihre Augen leiden unter einer Makula-Degeneration, das Gehör ist ebenfalls schlecht. Doch sie ist „geistig fit“ und kann ihren fünf Enkeln und vier Urenkeln noch viel von früher erzählen.

„Franzl“, wie Stauß genannt wird, wurde als Einzelkind wie ein Junge erzogen und meint heute: „Ich hab‘ bei meinem Vater schaffen müssen, wia an Bua.“ Als sie sechs Jahre alt war, bekam sie einen Bruder, aber er starb schon kurz nach der Geburt. Also war sie es, die ihrem Vater in der Landwirtschaft half. Die Familie wohnte mitten im Ort. Auf der anderen Seite der Lauchert stand das Gasthaus zum Schwanen. Dort wohnte der drei Jahre ältere Anton. Dessen Vater starb 1933, ein Jahr nach der Geburt von Antons Zwillingsschwestern. Seine Mutter, die den „Schwanen“ umtrieb, hatte noch die vier älteren Kinder ihres Mannes zu versorgen. „Anton hat den Hof umgetrieben und der Mutter in der Wirtschaft geholfen“, so Franziska Stauß, geborene Ott. Ende April 1952 haben die beiden geheiratet und sind in das Haus ihrer Eltern eingezogen. 1955 kam Sohn Bernhard, 1958 Tochter Gabi zur Welt. Als plötzlich Antons Mutter 1960 starb, stellte sich die Frage, was aus dem Gasthaus wird.

Die Eheleute übernahmen es und zogen mit ihren Kindern und Franziskas Eltern in den „Schwanen“. Zuerst musste das große Wirtschaftsgebäude renoviert werden und dann wurde Anton auch noch krank. Von Urlaub konnten sie bei der Land- und Gastwirtschaft nur träumen. Dafür ermöglichten sie „Ferien auf dem Bauernhof“. Die Gäste kamen vor allem aus Holland und dem Ruhrgebiet. Manche, so freut sich Stauß, schreiben heute noch Karten oder telefonieren: „Ich war glücklich, weil die Gäste auch zufrieden waren.“ Sie boten ihnen „Wandern ohne Gepäck“ an und mussten dafür viel „in der Gegend herumfahren“. Selbst fahren, auf dem Traktor, dem Mähdrescher, dem Motorrad oder mit dem Auto, war immer eine besondere Leidenschaft von Stauß. Abends füllte sich die Wirtschaft.

Sie erinnert sich: „Uns hat man viel anvertraut und Leid erzählt, aber wir haben es jeweils für uns behalten.“ Die meist männlichen Besucher am Stammtisch waren bei ihr fast wie Zuhause. „Sie war jedoch nicht nur der Fahrer, sondern auch der Finanzminister der Familie, sie ist auch immer sehr strukturiert“, ergänzt Enkel Marcel Stauß, der jeden Tag seine Großmutter besucht und mit ihr auf den Friedhof oder „ins Ösch“ fährt. Ende 1992 haben Anton und Franziska Stauß den Schwanen verkauft und sind zunächst zu ihrem Sohn Bernhard, dessen Frau und zwei Enkeln ins Haus auf der anderen Lauchertseite gezogen. 1997 bauten sie sich ein altersgerechtes Haus. Hier pflegte die einstige Schwanenwirtin erst ihre Mutter, dann ihren Mann Anton, der 2010 starb. Fünf Jahre später starb auch ihr Sohn Bernhard.

Beiden zündet sie jeden Tag eine Kerze vor deren Fotos in der Küche an. Solange es noch ging, fuhr sie täglich auf den Friedhof: „Mir hat immer das Beten geholfen.“ Die Gottesdienste kann sie inzwischen auf einem großen Bildschirm im eigenen Wohnzimmer miterleben. „Alles geht langsamer und leider müssen die Jungen mich auch öfter zu den Ärzten fahren“, so Stauß. Aber insgesamt sei sie froh, dass sie noch mit Hilfe von Tochter, Schwiegertochter und Enkeln einen eigenen Haushalt führen kann.