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Stadthalle

Tuttlinger FDP besinnt sich auf ihre Grundsätze

Tuttlingen / Lesedauer: 3 min

MdB Ernst Burgbacher bestärkt beim Neujahrsempfang den Kurs seiner Partei
Veröffentlicht:13.01.2013, 20:35

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Eigentlich, sagt Ernst Burgbacher, eigentlich schreibe er keine Reden. Lieber spreche er frei, von der Leber weg sozusagen. Für den Neujahrsempfang des FDP-Kreisverbandes am Sonntagabend in der Stadthalle hat der Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums sein Prinzip gebrochen.

Weil er schon lange einmal eine richtige Grundsatzrede halten wollte, sagt er. Und vielleicht auch, weil der richtige Zeitpunkt dafür ist.

Er habe sich die Umfragewerte vor der Veranstaltung noch einmal angeschaut, sagt der FDP-Landtagsabgeordnete Leopold Grimm zu Beginn seiner Rede. Er nennt sie lieber nicht: Lediglich drei bis vier Prozent der Wähler würden bei der Bundestagswahl für seine Partei stimmen. Unter fünf Prozent, damit bekäme die FDP keinen einzigen Sitz im Bundestag. Schuld sind nicht zuletzt die Diskussionen um Philipp Rösler. Viele FDP-Mitglieder stellen infrage, ob der Wirtschaftsminister als Bundesvorsitzender geeignet ist.

Dennoch: „Wir liegen nicht bei den Werten der Bibeltreuen Christen“, sagt Grimm , und betont, dass die FDP auch mit dieser Veranstaltung dazu beitragen wolle, dort nicht hinzukommen.

Bundesthemen statt Lokalzeit

Deshalb also eine Grundsatzrede. Eine Rede übrigens, für die sowohl Leopold Grimm als auch die designierte Bundestagskandidatin Mechthild Wolber ihre Rededauer beschränken. Statt Lokalzeit sind Bundesthemen angesagt.

Und die packt Burgbacher dann auch aus. „Es geht um eine grundlegende Richtungsentscheidung“, sagt er – sowohl bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und Bayern als auch bei der Bundestagswahl im September. Es gehe darum, einen erfolgreichen Kurs, den der FDP, fortzusetzen oder einen anderen einzuschlagen. Das sei, so Burgbacher, „die Entscheidung zwischen Freiheit und Gängelung“.

„In diesem Land wird mit Angst Politik gemacht“, wirft er den gegnerischen Parteien vor. Die Schlagzeilen seien überwiegend negativ, man denke an die Prognosen zum Waldsterben, zur Energie, zur Armut. Viele seien nicht eingetreten, sagt Burgbacher. Positive Dinge, etwa dass andere Länder Deutschland dafür bewundern, dass die Arbeitslosigkeit niedrig ist und die Wirtschaft, der Mittelstand, stark, würden dagegen verschwiegen.

Die Wahrheit sei: „Es geht uns besser als der Generation vor uns.“

Allerdings, so muss auch Burgbacher erkennen: „Der Zeitgeist ist anti-liberal.“ Nach der Finanzkrise werde eine stärkere Regulierung der Märkte gefordert, die einen „Linksruck“ aller Parteien, auch der CDU, zur Folge gehabt und unter anderem für Probleme innerhalb der Koalition gesorgt hätte, sagt Burgbacher.

Burgbacher greift Grüne an

Besonders die Grünen seien weit vom Marktliberalismus entfernt. „Was die Energiepolitik anbelangt, sind die Grünen eine reine Klientelpartei“, wirft er der Regierungspartei Baden-Württembergs vor. Auch bei den Reformen im Bildungsbereich, bei der Polizeistrukturreform und bei der Entscheidung zu neuen Gefängnisstandorten hätten die Grünen entschieden, ohne die Betroffenen vorher zu fragen. „Sie gängeln die Menschen, weil sie ihnen nicht zutrauen, ihr eigenes Leben zu gestalten.“

Die FDP dagegen wolle den Menschen diese Freiheit geben, erklärt Burgbacher. „Lasst den Unternehmern das Geld“, fordert er. Statt beispielweise Geld in Tourismusprogramme zu stecken, sollten Hoteliers weniger Mehrwertsteuer bezahlen und selbst den Tourismus fördern.

Die Entscheidung darüber und die künftige Ausrichtung der FDP wird Burgbacher selbst aber nur noch bedingt mittragen – und wohl auch kein Abgeordneter aus dem Wahlkreis Tuttlingen-Rottweil. Burgbacher tritt nicht mehr an. Mechthild Wolber sollte seine Nachfolgerin sein, hat mit Listenplatz 16 aber schlechte Aussichten auf eine Wahl.

15 FDP-Vertreter aus Baden-Württemberg zogen 2009 in den Bundestag ein. 18,8 Prozent bekam die FDP damals, ein Rekordergebnis.

Dieses Mal, sagt der stellvertretende Kreisvorsitzende Paul Haug, würde er sich freuen, „wenn es neun Prozent werden“.