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Künstlerisches Schaffen wirkt über Kreisgrenzen hinaus

Gammertingen / Lesedauer: 4 min

Der Mariaberger Künstler Roland Kappel und die Blaskapelle Lautenbach werden mit dem Kulturpreis des Landkreises ausgezeichnet
Veröffentlicht:20.11.2019, 16:55

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Das Kulturforum und die Volks- und Raiffeisenbanken im Landkreis Sigmaringen haben am Dienstagabend im Gammertinger Ortsteil Mariaberg ihren gemeinsamen Kulturpreis verliehen. Ausgezeichnet wurden der Mariaberger Künstler Roland Kappel und die Blaskapelle Lautenbach . Während Kappels meist dreidimensionale Werke in der Mehrzweckhalle aufgestellt waren, sorgte der zweite Preisträger für Musik.

Landrätin Stefanie Bürkle stellte bei ihrer Begrüßung den Kreiskulturpreis vor. Seit 2009 werden mit diesem jährlich Persönlichkeiten oder Institutionen ausgezeichnet, die sich mit einem überörtlichen Wirken herausragende Verdienste im Kulturleben des Landkreises Sigmaringen und der Region Oberschwaben erworben haben.

Roland Kappels Erfolg wolle man im kommenden Jahr mit einer Einzelausstellung in der Kreisgalerie in Meßkirch würdigen, sagte die Landrätin. „Und natürlich wird die Eröffnung am 8. März von der Lautenbacher Blaskapelle musikalisch begleitet.“ Bürkle betonte, dass der diesjährige Preis kein Inklusionspreis sei, sondern „bei beiden Preisträgern deren künstlerisch und musikalisch höchst respektables, eigenständiges, über viele Jahre entwickeltes und weit überregional anerkanntes und angesehenes kreatives Lebenswerk“ ausgezeichnet werde.

Der 1949 in Reutlingen geborene Roland Kappel kam aufgrund seines Autismus mit sieben Jahren nach Mariaberg, ging dort in die Sonderschule und arbeitete bis zum Ruhestand vor fünf Jahren in der Stanzerei der Werkstätte. Sein künstlerisches Talent wurde früh erkannt, seinem unermüdlichen Tun dabei kein Einhalt geboten und später bestmöglich gefördert.

In seiner Laudatio schilderte Mariabergs Vorstand Rüdiger Böhm seine erste Begegnung mit Roland Kappel: Mit einem R4 nahm er 1973 als zukünftiger „Zivi“ den Mann im schwarzen Ledermantel und Gepäck mit an dessen Wohnort. Dort befremdete ihn anfänglich das Durcheinander in dessen „Rumpelkammer“, die von Direktor Karl Rudolf Eder als Werkstatt zur Förderung der individuellen Fähigkeit gesehen wurde: „Seit dieser Zeit verfolge ich die künstlerische Entwicklung von Roland Kappel.“

An Kappels Arbeitsplatz stand das Punktschweißgerät, das für seine Kran- und Maschinenbauten von Nutzen war. Seit zehn Jahren arbeite er intensiv im Atelier 5. Der Künstler und Einzelgänger benötige reichlich Platz, so Böhm: „Er ist viel in der Umgebung unterwegs und bekommt hier eigene Ausstellungsräume“. Mit seiner fiktiven Firma „Baumis’on Roland Kappel“ baue er Modelle mit Materialien, die andere Menschen eher dem Abfall zuordnen würden. Seine Schwerpunkte wandeln sich, als religiöser Mensch könne er am Ende einer Messe schon mal zahlreiche selbstgemalte Gebetsbilder verteilen. Immer wieder probiere er Neues aus. Im In- und Ausland ist Kappel mit seinen ungewöhnlichen Kran- und Maschinenbauten bekannt geworden.

Der Pfullendorfer Kulturbeauftragte André Heygster bekannte sich in seiner Laudatio auf die Lautenbacher Blaskapelle, in der seit 1985 Menschen mit und ohne Behinderung spielen, als „Fan dieser Formation“. Die „Vielfalt, Kreativität und Begeisterung“ beim Musizieren konnten die Gäste bereits bei den ersten drei Stücken von Beethovens „Ode an die Freude“ über eine Klezmer-Variation bis hin zum fetzigen Rock ’n’ Roll erleben. Die Arrangements vom Leiter der Blaskapelle, Jean-Christophe Klockenbring, sind ungewöhnlich und passen sich immer an die Spieler an. Nichts scheint unmöglich zu sein und alles wird gewagt.

Es handle sich nicht um eine Blaskapelle, sondern um ein ganz besonderes Musikorchester, sagte André Heygster. Der gebürtige Franzose Klockenbring arbeite mit 25 selbstbewussten Menschen und finde immer das passende Instrument: „Das ist eine Meisterleistung, vor der ich hohe Achtung habe.“ National und international ist das Orchester, das mit verschiedenen Musikern wie Jos Rinck, Dorle Ferber oder dem neuen Zürcher Orchester zusammenarbeitet, inzwischen sehr gefragt.

Vor der Preisübergabe sprach Klaus Remensperger als Sprecher der sechs Genossenschaftsbanken des Kreises seine Anerkennung aus. Ihr Dank gelte den Künstlern und der Inklusionsarbeit. Stellvertretend für alle nannte Remensperger die Mitarbeiter von Mariaberg und Lautenbach. Denn nur in der Gemeinschaft könne Zukunft gestaltet werden, sagte er. Remensperger und Stefanie Bürkle übergaben die Urkunden und den mit 2500 Euro dotierten Preis an Roland Kappel und die Blaskapelle. Im Anschluss bat Bürkle die anwesenden Preisträger der vergangenen zehn Jahre auf die Bühne und überreichte jedem die Dokumentation „10 Jahre Kulturpreis des Landkreises Sigmaringen“.