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Alpenüberquerung

Familie erreicht Markusplatz nach 28 Tagen

Bolstern / Lesedauer: 5 min

550 Kilometer legen Eltern und zwei Söhne von Bolstern nach Venedig zurück – Sie erleben die Schönheiten der Natur
Veröffentlicht:06.09.2017, 17:00

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„Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, nach der vierwöchigen Alpenüberquerung auf dem Markusplatz in Venedig zu stehen“ schrieb Stefan Vochatzer aus Bolstern in einer E-Mail an die Daheimgebliebenen. Stefan Vochatzer, seine Frau Sandra und die beiden Söhne Niklas und Luis haben ihren Traum wahr gemacht, den Traumpfad München-Venedig in einem Stück in 28 Tagen zu erwandern.

Nach einer frühen Anreise per Bahn ging es am 5. August auf dem Marienplatz in München auf den Fernwanderweg mit seinen 550 Kilometern und über 20 000 Höhenmetern. An der Isar entlang ging es zuerst in vier Tagen durch das Voralpenland bis zum Karwendel. „Für uns waren die ersten Tage mit den langen Strecken auf der Ebene mit der schwierigste Teil, denn wir mussten uns zuerst an die Rucksäcke, der bei Stefan 17 Kilo, bei mir 13 Kilo und bei den Jungs immerhin noch sechs Kilo wog, gewöhnen. Außerdem mussten wir den Rhythmus des Gehens finden und uns gedanklich auf den Tagesablauf einstellen“, sagt Sandra Vochatzer.

Dafür gab es schon am zweiten Tag eine Begegnung der besonderen Art. Bei Bad Tölz trafen sie zufälligerweise den 92-jährigen Ludwig Grassler , den Gründer und Vater des Traumpfades, der diesen Fernwanderweg 1974 erstmals begangen und beschrieben hat. „Er war erstaunt über unser Vorhaben, mit unseren Jungs diese Herausforderung zu wagen und wünschte uns viel Glück“ freute sich Stefan Vochatzer über diese Begegnung.

Mit der Glaswandscharte in der Benediktenwand und dem Latschenkopf gab es dann die ersten Gipfelerlebnisse. Die einzige Schlechtwetterphase erlebten die Vier im Karwendelgebirge mit einem Temperatursturz begleitet von Regen und Schnee. Wieder größtenteils von gutem Wetter begleitet, ging es dann aus dem Inntal in die Zentralalpen, wo es dann oberhalb der 2000 Meter zur Sache ging.

Zufrieden mit Unterkünften

Eine der Herausforderungen die beiden Tagesetappen von der Lizumer Hütte bis zur Olpererhütte und hier der Anstieg zur Friesenbergscharte, mit 2904 Metern die zweithöchste Erhebung der Tour. Dafür gab es hier den Spaß für die Jungs, denn „Klettern im Fels und in Klettersteigen ist das schönste in den Bergen“, beschreibt Niklas seine Begeisterung.

Wie Niklas in seinem akribisch geführten Gipfelbuch beschrieb, wurden sie nicht nur mit imposanten Ausblicken und Begegnungen mit den Tieren der Alpen wie Murmeltiere und Steinböcke belohnt, sondern mit der Olpererhütte einer der schönsten Hütten der Tour. Insgesamt waren sie mit den Hütten und Unterkünften, die Vater Stefan ausgewählt hatte, bis auf eine Ausnahme zufrieden. „Jeden Tag spannend war es für uns, was uns am Abend erwartete, inbesondere auf das Essen freuten wir uns, denn untertags ernährten wir uns nur mit Kleinigkeiten wie Brote, Energieriegel und Obst und natürlich mit viel Wasser, vom Vater mit Mineralstoffen und eigenem Fruchtsirup gemischt“ lobten die Jungs. Dass sie nach diesen Tagen vorläufig von Gulasch, Knödel, Kaiserschmarren, Pasta und Polenta gesättigt sind, versteht sich.

Durch das Pfunderer Tal ging es dann in die Dolomiten, zurecht als eine der schönsten Landschaften Europas bezeichnet. Über den Gampill, das Würzjoch und die Nives-Scharte, wo die Jungs wieder ihren Spaß am Klettern hatten, ging es zur Puezhütte auf 2475 Metern.

Dass sich frühes Aufstehen lohnt, zeigte sich hier, denn am späteren Nachmittag zog ein Gewitter mit Hagelschlag auf, das die Vier geschützt in der Unterkunft erlebten. Die noch unterwegs waren kamen nicht nur durchnässt sondern teilweise auch mit blauen Flecken im Gesicht an. Kalt stürmisch und wegen der vielen eisüberzogenen Stellen anstrengend war der frühe Aufstieg von der Boehütte im Sellagebiet auf den höchsten Punkt des Traumpfades, dem Piz Boe mit seinen 3152 Metern. Belohnt wurden die Frühaufsteher mit einem strahlenden Morgenhimmel einer traumhaften Fernsicht und einem menschenleeren Gipfelplateau.

Schnell änderte sich dies als die Bergbahn vom Pordoijoch in Betrieb ging, aber da waren die Vier schon wieder am Abstieg durch die Pordoischarte zum Bindelweg. Dieser alte Getreidehandelsweg in die ladinischen Täler bietet traumhafte Ausblicke auf die Königin der Dolomiten, der Marmolada. „Schon allein wegen dieser herrlichen Landschaft mit dem Blick auf die eisgepanzerte Nordseite der Marmolada und dem Blick ins Fassatal und zum Fedajasee lohnen sich all die Anstrengungen und man wird dabei fast andächtig“ schildern Stefan und Sandra ihre Eindrücke auf dieser Genussstrecke.

Alpenveilchen und Edelweiß

Die letzten Bergetappen führten dann an den Felsmassiven der Civetta vorbei in die unbekanntere und unberührte Berglandschaft der südlichen Dolomiten. Dort gab es dann auch die interessante Flora mit wilden Alpenveilchen und echtem Edelweiß zu bewundern. Ab Belluno ging es dann ins Veneto, eine Landschaft, in der Schönes und Hässliches oft nahe beieinander liegen.

Die Schönheiten des Nevegal und des Hügellandes sind ein Gesicht dieser Provinz, ein anderes ist die Zersiedelung der Piave-Ebene. Durch eben diese Gegensätze gingen dann die letzten 130 Kilometer bei heißem, beinahe tropischem Klima. Aber auch diese Strecke wurde gemeistert und am 1. September kamen die Vochatzers müde, aber ob dieser großartigen Leistung stolz, glücklich und dem Herrgott dankbar am Ziel des Traumpfades, dem Markusplatz in Venedig an.