Doppelbettzimmer

Heimleiter fordert Doppelzimmer

Friedberg / Lesedauer: 4 min

CDU-Kreisparteitag in Friedberg: Podiumsdiskussion zum Thema Pflege
Veröffentlicht:28.10.2018, 17:31

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Ein- oder Doppelbettzimmer, mehr Pflegepersonal, osteuropäische Pflegekräfte: In einer Podiumsdiskussion beim CDU-Kreisparteitag im Dorfgemeinschaftshaus in Friedberg haben Politiker und Experten über die Pflege diskutiert. Außerdem wurden auf dem Parteitag langjährige Mitglieder geehrt.

Mit einer Podiumsdiskussion wolle man neue Wege gehen, sagte der Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Klaus Burger. „Wir haben nicht, wie sonst, große Redner bestellt.“ Bevor es mit der Diskussion los ging, führte Klaus Burger ins Thema ein. 1999 habe es in Baden-Württemberg 210 000 Pflegebedürftige gegeben, 2015 schon 328 000, zeigte er die wachsende Bedeutung des Themas auf. 2030 gehe man von 400 000 Menschen aus. An der anschließenden Diskussion nahmen neben Burger der Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Bodensee, Lothar Riebsamen, Frank Veser, Dezernent Soziales im Landratsamt Sigmaringen, Franz Vees , Heimleiter der Pro-Curand-Seniorenwohnanlage Fideliswiesen und als Moderator der freie Journalist Karlheinz Fahlbusch teil.

In Baden-Württemberg sollen künftig Doppelbettzimmer in Altenheimen weitestgehend wegfallen, zugunsten von Einzelzimmern. Das stellt Seniorenheime im Land vor Probleme, Plätze könnten damit wegfallen. „Ist das an den Menschen vorbei geplant?“, fragte Fahlbusch in die Runde. „Wir müssen den Menschen, die zu pflegende Person, anschauen“, sagte Klaus Burger . „Und dort, wo es gewünscht wird, auch ein Zweibettzimmer zur Verfügung stellen.“

Ironische Bemerkung

Franz Vees sprach sich klar für die Beibehaltung von Doppelzimmern aus. Er sei jetzt 22 Jahre Einrichtungsleiter. „Ich habe festgestellt: Wir brauchen die Doppelzimmer.“ Manche Krankheitsbilder würden Doppelzimmer erfordern. Vees, selbst CDU-Mitglied, kritisierte, dass weder Grüne noch CDU das hören wollten. „Das geht da rein und da raus“, sagte er. Er hatte einen konkreten Vorschlag: 80 Prozent Einzelzimmer, 20 Prozent Doppelzimmer.

Dezernent Frank Veser machte deutlich, dass es die entsprechende Landesheimbauverordnung schon seit 2009 gibt. „Die feiert nächstes Jahr ihren zehnten Geburtstag“, kommentierte er ironisch. Er betonte mit Blick auf eine Abschaffung der reinen Einzelzimmer-Vorgabe: „Wenn etwas gemacht wird, müsste es ganz schnell gehen.“ Die ersten Klagen seien jetzt anhängig.

Im Landkreis Sigmaringen gibt es laut Frank Veser 19 Pflegeeinrichtungen mit 923 Dauerpflegeplätzen. Davon sind 67 sogenannte Kurzzeitpflegeplätze. Genau an diesen mangelt es im Landkreis. „Für den Träger ist es nicht lukrativ, Kurzzeitpflegeplätze vorzuhalten“, verdeutlichte Veser das Problem.

Ein Diskussionsthema war, wie mehr Pflegekräfte gewonnen werden können, auch mit Bezug auf das neue Pflegestärkungsgesetz. „Es kommt darauf an: Wie gehe ich mit den Leuten um?“, sagte Franz Vees. „Es geht tatsächlich nicht ums Geld“, fand er. Besonders kritisierte Vees eine fehlende Wertschätzung der Mitarbeiter in der Pflegebranche. Er nannte dafür auch Beispiele: Wenn es heiße, dass ehemalige Mitarbeiterinnen des Unternehmens Schlecker oder auch Flüchtlinge als Pflegekräfte arbeiten sollten, komme eine fehlende Wertschätzung des Pflegeberufes zum Ausdruck. Denn eine Pflegefachkraft habe eine mehrjährige Ausbildung, betonte er. „Dann kriegen wir alles, bloß keine Pflegefachkräfte“, sagte er mit Blick auf solche Ideen.

Allerdings sprach Vees sich auch dafür aus, die Fachkraftquote von 50 Prozent – also das 50 Prozent der Mitarbeiter Fachkräfte sein sollen – auf 40 Prozent zu senken. Die Qualität der Pflege leide darunter nicht, für einfachere Tätigkeiten wie Füttern müsse man nicht Fachkräfte einsetzten. Dafür hätten die Bewohner dann mehr Personen, die sich um sie kümmern.

„Grauzone in Deutschland“

Auch die Zuhörer konnten Frage stellen. Eine Fragestellerin bemängelte, dass es in der Diskussion nicht um private Pflege gegangen sei. Sie sprach das „Tabuthema“ osteuropäische Pflegekräfte, die ältere Deutsche pflegen, an. Der Bundestagsabgeordnete Lothar Riebsamen nahm dazu Stellung. „Das ist eine Grauzone in Deutschland“, bekannte er. Wenn die Politik das regeln solle, habe das aber auch Folgen. „Dann muss aber klar sein, dass wir auch über Arbeitszeiten reden“ – Hintergrund ist, dass die Pflegekräfte oft rund um die Uhr arbeiten oder zumindest bereit stehen, was eigentlich unvereinbar mit deutschen Arbeitszeit-Vorgaben ist. Wie er weiter sagte, würden viele Pflegekräfte in Schwarzarbeit beschäftigt.

Er empfahl, dass man seriöse Agenturen auswähle, damit die Pflegekräfte sozialversichert sind. Dann würde man sich wenigstens im Bereich der Sozialversicherungen in der Legalität bewegen.