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Konzertsaison

Ersatzgitarrist ist der Held des Abends

Bad Saulgau / Lesedauer: 3 min

Emanuel Abanto (E-Gitarre) und Philharmonie begeistern gar mit Doraus-detnaus-Melodie
Veröffentlicht:22.09.2019, 17:18

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Die Ensemblemitglieder der JPO haben das Publikum am Samstagabend bei der Premiere ihrer diesjährigen Konzertsaison zu Beifallsstürmen hingerissen. Die Begeisterung galt gleichermaßen Emanuel Abanto, der kurzfristig den erkrankten E-Gitarristen ersetzte. Für das Programm hatte der künstlerische Leiter des Orchesters, Alban Beikircher , wieder ein selten gehörtes Werk mit Ohrwürmern aus der Musikliteratur kombiniert. Dazu kam die Auftragsarbeit des Komponisten und Arrangeurs Alexander Krampe, der im Auftrag der JPO ein „Passegiata für E-Gitarre und Orchester“ verfasste.

Rekord bei der Konzertpremiere der JPO. Erstmals umfasste das Orchester 85 Instrumentalisten, die sich entsprechend ihrer Register auf der Bühne und im Parkett verteilten: die jungen Damen in Abendrobe, die Herren in schwarzem Jackett und Fliege. Mit dem ersten Stück des Abends stellte Alban Beikircher den Komponisten Ernest Chausson vor, dessen Sinfonie B-Dur op. 20 als Markstein der französischen Instrumentalmusik des 19. Jahrhunderts gilt. Er war ein Bewunderer Richard Wagners und mit Claude Debussy befreundet, was die impressionistischen Anflüge in seinem Werk erklären mag. Der erste Satz der Sinfonie begann sonor, fast schwermütig mit Donnergrollen der Pauke, gefolgt von einem klagend anmutenden Solo der Trompete, denen sich der Corpus des Orchesters anschloss. Mit den Soli des Hornisten schlug das langsame Voranschreiten abrupt in Tempo um, die Motive wechselten hurtig zwischen Blech- und Holzbläsern, die Streicherfraktion mischte sich ein, um wieder ins zweite Glied zurückzukehren. Chaussons Werk enthält zahlreiche Soloeinsätze, primär aus den Registern der Bläser, die den Interpreten so bravourös gelangen, dass der Dirigent sie am Schluss einzeln vorstellte.

Wienerisches mit Johann Strauß

Das Kontrastprogramm, „Geschichten aus dem Wienerwald“ von Johann Strauß, kam im Dreivierteltakt daher. Schon der Beginn durch schwungvolle Streichinstrumente und trillernde Querflöten brachte viele Fußspitzen zum Wippen. Eine kleine Violinbesetzung mit betörend zarten Tönen vermittelte die Liebe des Komponisten zu seiner Wiener Heimat und wuchtige Tutti-Einsätze erinnerten daran, dass der Walzer ursprünglich ein Dorftanz war.

Wer die umjubelte „Saulgau-Suite“ kannte, die Alexander Krampe vor vier Jahren für die JPO geschrieben hatte, war gespannt auf sein neues Werk, die „Passegiata für E-Gitarre und Orchester“. Fast wäre das Stück aus dem Programm gefallen, wäre nicht Emanuel Abanto für den bereits gebuchten, jedoch kurzfristig erkrankten E-Gitarristen eingesprungen.

Dass er weit mehr als ein Ersatz war, bewies der Pfullendorfer in beeindruckender Weise, die ihm später das Lob und den Respekt des Komponisten eintrug. Krampes musikalischer Spaziergang erwies sich als lebhafter Dialog, der sich zwischen der Gitarre, den Bläsern und den Streichern entspann, in den sich auch zwei Harfenspielerinnen einmischten. Natürlich führte der Weg auch an Bad Saulgau vorbei, vermeinte man doch plötzlich den Fasnetsruf „Doraus, Detnaus“ zu identifizieren. Zurecht, wie sich später herausstellte, als Krampe einen maskengeschmückten Bierkrug der Dorauszunft als Geschenk erhielt und die bewussten Stellen im Nachschlag wiederholt wurden.

Doch zuvor stemmten die Musiker noch einen Kraftakt, denn im dritten Satz galt es, die Tonleiter im Turbo-Tempo hinab- und hinaufzustürmen. Daneben warfen sich die einzelnen Register musikalische Kommentare zu, bis ein mächtiger Trommelwirbel das Ganze beendete.

Der Schluss des Premierenabends stand erneut im Zeichen von Johann Strauß. Zuerst glänzte das Ensemble mit dem „Kaiserwalzer“, der die damalige Verbundenheit zwischen den österreichischen und preußischen Herrscherhäusern zum Ausdruck brachte. Und als Zugabe erklang die temperamentsprühende Polka „Éljen a Magyar“ desselben Komponisten.