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Ehepaar

Der lange Weg zum Wohnen im Dorf

Bad Saulgau / Lesedauer: 3 min

Der lange Weg zum Wohnen im Dorf
Veröffentlicht:20.06.2017, 12:12

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Die Lange Straße in Haid steht vor einer großen Veränderung: Das Ehepaar Siegfried und Klara Lutz will die alten, baufälligen und nicht sehr ansehnlichen landwirtschaftlichen Gebäude abreißen und an ihrer Stelle 14 Bauplätze erschließen. Damit ermöglichen sie Häuslebauern das Leben auf dem Dorf. Doch der Weg dahin ist lang. Seit 30 Jahren macht sich Siegfried Lutz über die Verwendung seiner alten Gebäude Gedanken.

„Wir sind jetzt auf jeden Fall ein Stück weiter“, sagt Siegfried Lutz beim Vor-Ort-Termin in Haid. Der Gemeinderat der Stadt Bad Saulgau hat Ende Mai die öffentliche Auslegung des Bebauungsplans „Ortskern Haid“ beschlossen. Läuft alles glatt, könnten im kommenden Jahr die ersten Grundstücke verkauft werden, schätzt Ansgar Kleiner , Ortsvorsteher der Ortschaft Haid-Bogenweiler-Sießen.

Strukturwandel

Das Projekt hat viel zu tun mit dem Strukturwandel der Landwirtschaft. „Die Landwirtschaft hat innerhalb der Ortschaften keinen Platz mehr“, sagt Siegfried Lutz. Das Problem, so der Landwirt, seien die Immissionen. Wohnen auf der einen und Geruchsbelästigung und Lärm durch die Landwirtschaft auf der anderen Seite vertragen sich auf dem Dorf schon lange nicht mehr. Der 47-jährige Landwirt baute deshalb eine neue Hofstelle außerhalb des Dorfs. In dem Stall mit Futterlager hält Siegfried Lutz rund 100 Milchkühe, im Dorf wäre nach seinen Worten die Haltung von höchstens 60 Kühen möglich gewesen. Den Strukturwandel bekommt Siegfried Lutz nicht allein zu spüren. Von ursprünglich elf landwirtschaftlichen Betrieben in Haid, gebe es heute nur noch vier. Und es geht weiter. Siegfried Lutz stellt seit einem Jahr auf biologische Prouktionsweiese um, weil er da das Gefühl habe, dass landwirtschaftliche Produkte von Vermarktern und Verbrauchern geschätzt werden.

„Das Rausgehen kostet eine Menge Geld“, so der Landwirt. Zusätzliche Mittel wollte er nicht in den Unterhalt seiner alten landwirtschaftlichen Gebäude entlang der Lange Straße in Haid stecken. Die Gebäude verfielen. Das ist kein schöner Anblick. Der frühere langjährige Ortschaftsrat weiß sehr wohl um die Fremden, die Haid angesichts der alten, verfallenen Häuser für „kein schönes Dorf“ hielten. In Bogenweiler und Sießen , den beiden anderen Teilorten, verlief die Entwicklung anders. Bogenweiler bekam ein Dorfgemeinschaftshaus und ein Neubaugebiet, Sießen habe durch das Kloster eine Eigendynamik entwickelt, erzählt Lutz. In einigen Bereichen sind in Haid alte Hofstellen durch neue ersetzt worden. Das Anwesen der Familie Lutz aber hat eine zentrale Bedeutung. „Die Leute haben nicht verstanden, warum das hier so lange dauert“, erinnert sich Siegfried Lutz. Erste Gespräche führte der Landwirt bereits mit Altbürgermeister Günter Strigl, auch bei Johannes Häfele war das Projekt einer neuen Nutzung für die vom Verfall bedrohten Gebäude ein Thema.

Doch es gab Probleme. Eines der großen war die umweltgerechte Behandlung des Niederschlagwassers für die 14 künftigen Wohnhäuser. Eine Versickerung auf dem lehmigen Untergrund war nicht möglich. Ein spezielles Regenwassersystem leitet das Wasser nun hangabwärts zu einer Fläche, auf der das Wasser versickern kann.

Sorgen wegen der Vermarktung für die Baugrundstücke macht sich Siegfried Lutz nicht, auch wenn er schon jetzt mit einem Quadratmeterpreis von über 120 Euro rechnet. Doch die Vorteile der neuen Plätze seien deutlich. Zum Einkaufen, zum Kindergarten und zur Schule sind es von Haid aus wenige Kilometer. Die Straßenanbindung ist gut, die Plätze vergleichsweise groß.

„Das ist eine Aufwertung des Eingangs in das Dorf“, freut sich auch Bogenweilers Ortsvorsteher Ansgar Kleiner. Dazu gehöre auch die Neugestaltung des früheren Engel-Areals durch Giovanni Melillo aus Hohentengen. Er möchte hier eine Mozzarella-Produktion einrichten.