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Virus

Bürgermeisterin Doris Schröter hofft auf frischen Schwung

Bad Saulgau / Lesedauer: 10 min

Bürgermeisterin Doris Schröter über Corona, Transparenz und Themen in der Warteschleife
Veröffentlicht:05.01.2021, 15:28

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Die Corona-Pandemie hat das abgelaufene Jahr 2020 dominiert – auch in Bad Saulgau , wo sich die Verwaltung tagein und tagaus damit beschäftigten musste. Und trotzdem wurden einige Themen beackert, über die sich SZ-Redakteur Rudi Multer mit Bürgermeisterin Doris Schröter unterhalten hat.

2020 war durch Corona ein seltsames Jahr. Wie haben Sie dieses Jahr erlebt, Frau Schröter?

So wirklich viel Zeit, um mir darüber Gedanken zu machen, hatte ich bislang nicht. Corona hat mehr oder weniger unseren privaten und beruflichen Alltag bestimmt. Die Verwaltungen waren neben ihrem normalen Tagesgeschäft damit beschäftigt die meist sehr kurzfristig getroffenen Entscheidungen umzusetzen. Entscheidungen, die uns hart getroffen haben: Schul- und Kindergartenschließungen, Schließung der städtischen Einrichtungen, der Sonnenhoftherme, das kulturelle Leben ist zum Erliegen gekommen, die Menschen mussten ihre Kontakte reduzieren, selbst bei Trauungen, Jubiläen und Bestattungen. Das Rathausteam, Schulen, Kindergärten, städtische Einrichtungen waren von Anfang an erster Ansprechpartner, aber auch erster „Prellbock“ für den Ärger, aber auch die Ängste der Menschen. Corona hat uns ein anstrengendes und für viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch sehr belastendes Jahr beschert. Ich bin sehr dankbar und auch stolz, dass wir das alles bisher so gut bewältigen konnten. Natürlich gehen die Menschen sehr unterschiedlich mit der Situation um. Die einen mit unerschütterlichem Optimismus, die anderen werden so langsam etwas „pandemiemüde“ und wieder andere bestreiten nach wie vor, dass es überhaupt eine Pandemie gibt. Wichtiger sind mir die Menschen, die kapiert haben, dass wir nur durch einen gemeinsamen Kraftakt dieses kleine Virus in den Griff befinden.

Auch der Neujahrsempfang wurde ein Opfer der Beschränkungen wegen Corona. Falls er stattgefunden hätte, was hätten Sie den Bad Saulgauern erzählt?

Natürlich wäre beim Jahresrückblick auf das Jahr 2020 Corona immer wieder erwähnt worden. Es war und ist das bestimmende Thema. Corona hat uns zwar eingeschränkt, aber trotzdem sind wir nicht stehengeblieben. Die Eröffnung des neuen topmodernen Wertstoffhofes, mit dem Feneberg ein Nahversorger in der Paradiesstraße, der Anbau an unserem Feuerwehrgerätehaus wird in Betrieb genommen, die Stadtwerke weihen ihr neues Kundenzentrum ein, mit der Eröffnung des „Unverpackt-Laden“ kommt ein besonderes Angebot in unsere Innenstadt, die Firma Horn erweitert am Standort, die Schüler der Berta-Hummel-Schule bekommen einen Activ-Trail, das Baugebiet „Krumme Äcker“ einen neuen Spielplatz und noch mehr. Darüber und was sonst noch so los war, informieren wir im Heimatbrief, der in diesem Jahr an alle Haushalte versendet wurde.

Stadträte aus den Reihen der CDU und SPD haben die verspätete Information durch Stadtverwaltung und/oder Schulamt wegen der drohenden Schließung der Erich-Kästner-Schule kritisiert. Zumindest die SPD wünscht sich solche Diskussionen künftig in öffentlicher Sitzung. Ist der Vorwurf aus Ihrer Sicht berechtigt?

Dass „erst jetzt“ informiert wurde, heißt nicht, dass die Verwaltung nicht schon länger in dieser Sache aktiv ist. Im Gegenteil. Und wenn ich mir die Diskussion so ansehe bestätigt das auch die Entscheidung zunächst nichtöffentlich zu beraten. Es geht neben rein sachlichen Feststellungen auch immer um Personen. Wir werden im nächsten Jahr in öffentlicher Sitzung über den Sachstand informieren, in der Hoffnung auch bereits ein Konzept vorlegen zu können. Außerdem hat der Sozialausschuss eine entsprechende Resolution beschlossen und wir uns an das Kultusministerium, das Regierungspräsidium und unsere Abgeordneten gewandt.

Nichtöffentliche Vorberatungen haben den Effekt, dass die Diskussion und das Ringen um Lösungen aus dem Prozess der Willensbildung ausgeblendet wird und öffentliche Diskussionen erst spät in Gang kommen. Wären öffentliche Vorberatungen nicht wichtig, um mehr Teilhabe der Öffentlichkeit zu gewährleisten und ein gutes Mittel gegen Politikverdrossenheit?

Wir behandeln grundsätzlich so gut wie alle Themen öffentlich. Wenn nicht, dann hat das einen triftigen Grund. Insgesamt sind wir, das wage ich zu behaupten, deutlich transparenter und offener unterwegs als viele anderen Kommunen. Wenn Sie sich das „riesige“ Interesse an den öffentlichen Sitzungen anschauen, glaube ich nicht, dass öffentliche Vorberatungen daran etwas ändern. Ich bin auch zutiefst überzeugt, dass die Arbeit der kommunalen Gremien nicht der Grund für die wachsende Politikverdrossenheit ist.

Die Stadtverwaltung musste in den vergangenen Wochen einige Kritik einstecken. CDU-Fraktionsvorsitzender Thomas Zimmerer hat Ihnen vorgeworfen, Sitzungen ohne wichtige Themen zu terminieren. Hat sich das Klima im Gemeinderat aus Ihrer Sicht geändert?

Dass das eine Schlagzeile in der „Schwäbischen Zeitung“ geworden ist, hat mich überrascht. Für die konkrete Sitzung war in allererster Linie die Vorstellungen der Büros vorgesehen, die unsere neue Kindertagesstätte planen. Ein Großprojekt für das ich ausreichend Zeit eingeräumt hatte. Leider hat uns dann das Planungsbüro so kurzfristig abgesagt, dass der Tagesordnungspunkt ersatzlos gestrichen werden musste. Darüber habe ich den Gemeinderat vorab informiert. Und vereinbart war mit dem Gremium, dass wir versuchen, möglichst Präsenzsitzungen abzuhalten, diese aber so kurz wie möglich halten. Die Fraktionssprecher haben im Übrigen bei der regelmäßig stattfindenden Vorbesprechung die Möglichkeit, auf die Tagesordnung Einfluss zu nehmen. Es gab bisher keine Kritik am Ablauf oder Inhalt von Sitzungen.

Um einige wichtige Themen wie den geplanten Bau der ABC-Halle und auch um das Exzellenzgymnasium ist es sehr still geworden. Wie ist bei diesen Projekten der aktuelle Stand?

Das Exzellenzgymnasium ist ein Landesprojekt. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat mehr als nur einmal die Bedeutung dieses bildungspolitischen Leuchtturms hervorgehoben. Ein Planungswettbewerb hat stattgefunden, erste Vergaben zur Bestandssanierung sind gemacht worden und wir werden zu Beginn dieses Jahres die Änderung des Bebauungsplans mit dem Land abstimmen. Nach wie vor ist das Ziel, dass dort zum Schuljahr 2025/2026 die ersten Schülerinnen und Schülerstarten können. Gleichzeitig laufen unsere Planungen für die neue Vier-Feld-Halle und wir müssen deren Finanzierung in unserer Finanzplanung der nächsten Jahre darstellen.

Mit dem neuen Stadtbaumeister Roland Schmidt ist erstmals ein Stadtplaner Chef in diesem wichtigen städtischen Amt und nicht mehr ein Architekt. Welchen Hintergrund hat diese Personalentscheidung?

Gemeinderat und Verwaltung haben das gemeinsame Ziel einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Darunter verstehen wir Nachhaltigkeit in ihrer gesamten Dimension, also Ökologie, Ökonomie und Soziales. Eine wichtige Stellschraube ist die zukünftige Baulandentwicklung. Wo, wie und mit welchen Rahmenbedingungen soll Bad Saulgau wachsen? Mit Roland Schmidt konnten wir jemanden mit entsprechender Erfahrung gewinnen. Durch neue Arbeitsweisen und Konzepte erhoffen wir uns die notwendigen Impulse und Handlungsempfehlungen.

Der Gemeinderat hat Richard Striegel mit knapper Mehrheit im Amt als Erster Beigeordneter wiedergewählt. Zwischen Ihnen und ihm soll es immer wieder Spannungen geben. Haben Sie dennoch einen Modus der Zusammenarbeit gefunden und können Sie sich mit der Entscheidung des Gemeinderats arrangieren?

Dass Bürgermeisterin und Beigeordneter aufgrund ihrer unterschiedlichen Funktionen und Beurteilungskriterien bei Projekten nicht immer einig sind, liegt in der Natur der Sache. Auch wenn das manchmal anstrengend erscheint, ist das gut so. Es geht ja nicht um persönliche Befindlichkeiten, sondern auszuloten, was für Bad Saulgau am besten ist. Und das haben wir die letzten 13 Jahre gut hingebracht.

Mit Corona sind der Stadt auch Einnahmen aus der Gewerbesteuer weggebrochen. Muss die Stadt aus diesem Grund in den kommenden Jahren den Rotstift ansetzen und an welcher Stelle wäre das überhaupt möglich?

Wie sehr sich Corona auf unsere Gewerbesteuereinnahmen auswirkt, können wir noch nicht mit Gewissheit sagen. Aber natürlich werden wir den Gürtel enger schnallen müssen, insbesondere im Vergleich mit den vergangenen „fetten“ Jahren. Die wirtschaftlichen, aber auch sozialen und gesellschaftlichen Folgen von Corona werden erst mit im Laufe der nächsten Jahre deutlich werden. Außerdem dürfte auch klar sein, dass die Milliardenhilfen durch Bund und Land und die hohe Verschuldung am Ende des Tages wieder abgebaut werden müssen und auch das wird am Ende des Tages irgendwo die Kommunen belasten. 2021 können wir noch einigermaßen abschätzen, alles danach ist Kaffeesatzleserei.

Eines der großen Probleme bleibt die Sorge um das Bad Saulgauer Trinkwasser. Inzwischen gibt es nicht nur das Nitratproblem, sondern auch die Menge an Grundwasser geht zurück. Würden Sie sagen, das Trinkwasser wird knapp und wird es im kommenden Sommer zu irgendwelchen Einschränkungen beim Wasserverbrauch kommen?

Ich glaube nicht, dass wir kommenden Sommer in eine derartige Notsituation kommen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger sich im Alltag einschränken müssen. Aber zum Beispiel in der Landwirtschaft ist ja bereits spürbar, dass die vergangenen Jahre einfach zu trocken waren. Wie sich die Situation weiterentwickelt, hängt in allererster Linie von den zukünftigen Niederschlagsmengen ab. Ich befürchte aber, dass wir uns in den kommenden Jahren sehr wohl Gedanken darüber machen müssen, ob wir beispielsweise für die Bewässerung von Rasenflächen weiterhin unser Grundwasser anzapfen können. Die ganz klare Botschaft ist, dass wir verantwortungsvoller mit dem wertvollen Gut Wasser umgehen müssen.

Thema im Gemeinderat war zu Beginn des Jahres ein Überhang an Überstunden bei den Mitarbeitern des Rathauses. Uns kamen auch Klagen zu Ohren, dass Bürger zu lange auf Entscheidungen zu Baugesuchen warten mussten. Was war der Grund und wie stellt sich aktuell die personelle Lage im Rathaus dar? Müssen Sie deshalb den Gemeinderat um weitere Stellen bitten?

Wir zuvor bereits ausgeführt, hat Corona nicht dazu geführt, dass unser Alltagsgeschäft weniger wurde. Und dazu kam, dass beispielsweise im Baurechtsamt drei Stellen über mehrere Monate krankheitsbedingt nicht besetzt waren und eine Elternzeitvertretung erst neu besetzt wurde. Mittlerweile hat sich die Situation aber wieder etwas entspannt, wobei man auch wissen muss, dass die Bautätigkeit und damit auch die Verfahrenszahlen nach wie vor anhaltend auf einem überdurchschnittlich hohen Niveau sind. Leider haben wir auch in anderen Bereichen krankheitsbedingte Ausfälle und haben – wie andere Kommunen auch – das Problem, dass wir die Stellen nicht wieder besetzen können. Mit seinem starren Tarifgefüge ist der öffentliche Dienst oft nicht konkurrenzfähig gegen über der freien Wirtschaft. Zu schaffen macht uns auch die in so gut wie allen Bereichen nach wie vor ständig zunehmende Bürokratie und steigende Standards aufgrund der Gesetzgebung von Bund und Land, aber auch aufgrund von Gerichtsurteilen. Das macht die Arbeit deutlich aufwendiger und zeitintensiver. Wir merken, dass wir vielfach an unsere Grenze gekommen sind und Aufgabe nicht mehr oder nicht mehr in angemessener Zeit erledigen können. Auf diese Entwicklung müssen wir dringend reagieren – zum einen durch organisatorische Änderungen, zum anderen auch durch eine personelle Aufstockung in einzelnen Bereichen.

Was wünschen Sie der Stadt und Ihren Bürgern, was wünschen Sie sich ganz persönlich für 2021?

Unserer Stadt wünsche ich, dass es uns gelingt Handel, Gewerbe, Gastronomie, Kultur, Vereinsleben und alles was Bad Saulgau ausmacht, wieder in Schwung bringen. Es wird nicht einfach werden und auch nicht von heute auf morgen wieder so sein wie vorher, aber wir bekommen das zusammen hin. Den Bad Saulgauern wünsche ich vor allem anderen Gesundheit, aber auch die Zuversicht, dass 2021 wieder vieles möglich sein wird, was wir 2020 schmerzlich vermisst haben. Ganz persönlich wünsche ich mir und meiner Familie, dass wir gesund bleiben. Ich gehe optimistisch ins neue Jahr, freue mich über die Dinge, die trotz Corona möglich sind und bin überzeugt, dass wir 2021, auch wenn es noch etwas dauert, uns wieder bei der einen oder anderen Veranstaltung begegnen werden.