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Wintermusik

Stammsolisten der „Wintermusik“ überzeugen bei Neujahrskonzert in Wolfegg

Wolfegg / Lesedauer: 3 min

In großer Spiellaune musizierten die sechs Stammsolisten der „Wintermusik“
Veröffentlicht:03.01.2019, 14:29

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Ein windiger und feuchter Neujahrstag in Wolfegg – da ist man doch gerne in die gut temperierte Alte Pfarr geflüchtet, um den ersten Tag gebührend mit schöner Musik zu erleben. Diesmal standen Czerny, Tschaikowsky und Schubert auf dem Programm, dargeboten von den sechs vom Vortag vertrauten Solisten.

Zu Beginn erwartete wieder das Klavierduo Inge-Susann Römhild und Konrad Elser die zahlreichen Gäste. Mit Carl Czernys „Ouverture caractéristique et brillante“ h-moll op. 54 interpretierten sie ein Stück des hauptsächlich als Klavierpädagogen bekannten – und von Schülern oft gefürchteten – Komponisten aus dem Jahr 1824. Czerny, einer der wenigen Schüler von Beethoven, war von der damals modernen Technik des Hammerklaviers begeistert und versuchte auf dem Klavier einen orchestralen Klang zu erzeugen. So wirkt seine Komposition tatsächlich sehr voluminös und raumgreifend, aber in gewisser Weise auch sehr robust, mehr auf die Klanggewalt als die Musikalität ausgerichtet, obwohl Römhild und Elser die Übergänge zwischen den einzelnen Teilen und auch die Legati sehr schön gelangen.

Knapp 50 Jahre später, im Jahr 1871, ist das Streichquartett D-Dur op. 11 von Tschaikowsky entstanden, zu dem sich Winfried Rademacher und Isabel Trautwein, Barbara Doll und Susanne Eychmüller auf der Bühne versammelten. Eine tolle Entwicklung der Musik zwischen der Frühromantik und der Postromantik konnte man da beobachten. Wenn man von Tschaikowsky den großen Klangrausch seiner Klavierkonzerte oder der Ballettmusiken erwartet, ist man bei seiner Kammermusik – die zu Unrecht immer ein wenig in den Hintergrund tritt – jedes Mal überrascht. Und zwar von seiner hochsensiblen, kleinteilig aufgebauten Musiksprache, die hier im ersten Satz die einzelnen Stimmen breit auffächert, oft mehr anspielt als ausführt, fast nervös und fahrig erscheint. Dann legen im Andante innig dunkle Cellotöne den Grund unter die Pizzicati der beiden Geigen, im Scherzo überwiegt ein Tanzmotiv und im letzten Satz entfalten vor vielen verästelten, behutsamen Diminuendi und Echos Bratsche sowie Cello ihr Volumen. Und natürlich mündet alles bei Tschaikowsky in eine höchst beeindruckende Apotheose.

Nach der Pause noch ein Markstein der Kammermusik: Schuberts „Trio Es -Dur“ op. 100 von 1827, auch dieses verlangt in seinen vier Sätzen und mit einer Dreiviertelstunde Dauer ein Höchstmaß an Differenzierungsvermögen und musikalischer Energie. Und darin bewiesen Römhild, Rademacher und Eychmüller eine große Menge. Hätte man die Augen geschlossen, würde man rein akustisch bisweilen ein größeres Ensemble vermutet haben. Schön ausmusiziert im Eingangsallegro und mit starker Spannung, im gesanglichen Andante im perfekten Gespräch, in den wiegenden Passagen mit präzis getrennten Stimmen hochsensibel ausgeführt. Das Schlussallegro, das für einen vierten Satz außergewöhnlich lang ist und von Schubert vor der ersten Veröffentlichung gekürzt worden war, verlangt mit seinen einzelnen Themen noch einmal ein großes Maß an Kraft. Dass die drei nicht nachließen in ihrer Interpretationskunst und Virtuosität, ist nicht nur ihrer Professionalität geschuldet, sondern auch einem langjährigen intensiven Miteinander in der Welt der Musik, in das sie das Publikum an diesem Neujahrstag mitnahmen.