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Klarinette

Manfred Lindner erzählte von seinem Leben mit der Klarinette

Wolfegg / Lesedauer: 3 min

Manfred Lindner erzählte beim Konzert in Wolfegg unter anderem von einem Diebstahl
Veröffentlicht:17.09.2019, 08:00

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Gute zwei Stunden mit dem Klarinettisten Manfred Lindner, dem portugiesischen Bratschisten Jano Lisboa und dem Pianisten Paul Rivinius haben am Sonntag in Wolfeggs Alter Pfarr unter dem Titel „Die gefundene Klarinette“ für eine der unterhaltsamsten und berührendsten Matineen gesorgt. Und obwohl eine große Anzahl der Gäste bereits im vorigen Jahr bei der Premiere desselben Programms zugegen gewesen waren, hatten sie offenbar wieder großes Vergnügen an seiner „Erzählung“ aus dem Leben, den Freuden und Leiden eines Musikers.

Spürbar bewegt zunächst der Dank an das Profi-Team der Schlossfestspiele – auch hier war die Absage der erkrankten Pianistin Neus Estarellas sehr spät erfolgt und über den Bratschisten in Paul Rivinius kurzfristig ein idealer Begleiter gefunden worden, was der scheidende Intendant Thomas Wördehoff in seiner Begrüßung vorher geschildert hatte. Das Umblättern übernahm Katrin Kirsch, Leiterin des Künstlerischen Betriebsbüros. Ja, so ist das in der Musik: Flexibilität, blitzschnelles Reagieren, Anpassungsfähigkeit, uneitle Mitarbeit, gehört alles dazu.

Für jene, die zum ersten Mal dabei waren, gab Lindner noch mal die Eckdaten seiner Geschichte: 2009 wurden ihm seine beiden Instrumente im Koffer in Warschau gestohlen, nach sieben Jahren erhielt er den Hinweis, dass sie jemand in Albanien auf einem Flohmarkt gekauft und anhand der eingeprägten Nummern herausgefunden habe, dass sie als gestohlen gemeldet waren. Kein Märchen, trotz mancher Seltsamkeiten: Lindner bekam sie zurück, im originalen Kasten, sogar das verschimmelte Zungenblättchen war noch dabei. Wer hatte sie wohl gespielt oder in Händen gehalten? Das war nicht mehr herauszufinden, die Klarinetten wurden vom Fachmann hergerichtet und Lindner endlich wieder in seiner Klangheimat angekommen. Nein, er wolle nichts zum Programm sagen, sondern mehr darüber sprechen, was einem Musiker widerfahren kann, der von Kind auf mit seinem Instrument vertraut ist und damit jeden Tag seines Lebens verbringt.

Oder zum Verhältnis von Musiker und Publikum, auf das er angewiesen sei, dessen Reaktionen, Augenkontakt und Äußerungen er brauche wie das Ein- und Ausatmen beim Spielen. Neben all diesen Erzählungen, spontan dargebracht und wohltuend ungeschliffen, kam dennoch die Musik nicht zu kurz. Eine schöne Idee war der Rahmen von drei aus Max Bruchs „Acht Stücken für Klarinette, Viola und Klavier op. 83“, dazu zwei Soloauftritten mit Klavierbegleitung von Klarinette und Viola und einem Trio von Mozart, insgesamt ein musikalischer Zeitraum zwischen 1785 und 1940.

Dass dieses Trio zum allerersten Mal zusammenspielte, konnte man kaum glauben: alles aus einem Guss, wunderbar ineinander verflochten Viola und Klarinette und umspielt vom Klavier bei Bruch, ein runder Mozart-Ton im Trio „Kegelstatt“ in Es-Dur KV 498, solistische Highlights in der Klarinettensonate op. 84 des ungarisch-jüdischen Komponisten Hans Gál (1890-1987) und in der für Bratsche arrangierten, energiegeladenen Brahms-Sonate f-Moll op. 120/1 von 1894. Großer Applaus, nicht nur für das Können dieser Musiker, sondern für die Begegnung mit ihnen auf Augenhöhe – denn wie sagte es Manfred Lindner so treffend: „Wir sind Musiker, um die Distanz aufzuheben.“ Dafür ist ihm der Dank des Publikums sicher.