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Kammermusik

Kammermusik mit zwei großartigen Duos

Wolfegg / Lesedauer: 4 min

Cello und Klavier, Trompete und Orgel in Wolfeggs Kirchenräumen
Veröffentlicht:11.09.2017, 19:59

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Ein vielseitiges Programm boten die Ludwigsburger Schlossfestspiele am vergangenen Wochenende in Wolfegg. Nach der Abendveranstaltung am Samstag mit einer Konzertlesung im Rittersaal standen am Sonntag eine Matinee mit Kammermusik und ein abendliches Kirchenkonzert mit Duo aus Trompete und Orgel in St. Katharina auf dem Plan. So hatten eigentlich alle drei Veranstaltungen einen mehr intimen Charakter, was umso eindrücklicher der Konzentration zugute kam.

Am Sonntagmorgen strömte noch immer der Regen vom Himmel, aber das tat der fröhlichen Stimmung des Duos in der Alten Pfarr keinen Abbruch: die junge Cellistin Raphaela Gromes , eine erfreuliche Erscheinung im sanftroten Kleid, und der ebenfalls strahlende Pianist Julian Riem umrahmten mit zwei modernen Kompositionen zwei Sonaten von Brahms und Schubert. Bereits in der „Serenata g-moll op. 34“ des erst 16 Jahre alten Ferruccio Busoni ließ Raphaela Gromes ihr Vuillaume-Cello singen, das nur 30 Jahre älter ist als die Komposition von 1883. Diese überraschte mit ihren folkloristischen Motiven, bezaubernd melodiös und tänzerisch und trotz des sonoren Grundtons ganz ohne Erdenschwere. Spontan hatten sich die beiden kurzfristig dazu entschlossen, statt der angekündigten E-moll-Sonate von Brahms die weniger düstere F-Dur-Sonate op. 99 zu spielen, was hinsichtlich der nun vier Sätze für etwas Verwirrung sorgte. Mit heftiger Dynamik in den drei Allegrosätzen und einem glühenden Vibrato im „Adagio affettuoso“ trat das Cello immer kraftvoll und sehr gemütsgeladen auf, während der letzte Satz dann etwas sanfter ausklang.

Blindes Verstehen

Faszinierend ist am Spiel der Cellistin die kaum fassbare Leichthändigkeit und der kantable Klang, erfrischend die Spielfreude, die ebenso ihren langjährigen Duopartner Julian Riem , der die idealen Eigenschaften eines Begleiters in sich vereint, auszeichnet. Im zweiten Teil des Konzerts wurden keine Noten gebraucht - die beiden verstanden sich blind bei Schuberts „Arpeggione-Sonate“: Romantik aus einem gemeinsamen Guss, mit einem zu Herzen gehenden Adagio und einem vollendet gespielten Klavierpart. Mario Castelnuovo-Tedescos „Figaro“ nach Mozarts Oper aus den Zwanzigerjahren wurde abschließend dagegen zum fröhlich-fetzigen, artistischen Joke. Als Zugabe für die zahllosen Bravos kam noch eine hübsch wehmütige Romanza von Leone Sinigaglia.

Am Abend hatte dann der Himmel ein Einsehen und bescherte zum Konzert in der Pfarrkirche einen Sonnenhimmel mit Wolkendekoration - ähnlich der Rokokoausmalung der Kirche. Das Duo Christian Schmitt und Reinhold Friedrich musizierte von der Orgelempore aus, nur zu seinem Trompetensolo trat Reinhold Friedrich später vor den Chorraum. Aus einigen weniger bekannten Stücken des abwechslungsreichen Programms, meist im Wechsel von Orgelsolo zu Duowerken, ragten ein Largo und eine Sonate von Giovanni Battista Martini oder die Konzerte von Tomaso Albinoni in F-Dur und Jean Baptiste Loeillet in G-Dur hervor. Auch die „Ciacona“ von Pachelbel oder die drei „Marches héroiques“ von Telemann verkörperten die Barock- und Spätbarockzeit eindrücklich und zeigten die Virtuosität der beiden Musiker.

Ganz besonders jedoch genossen die Zuhörer in der nicht ganz vollen Kirche Bachs allbekannte und perfekt gespielte „Toccata und Fuge d-moll BWV 565“. Auch das weitere große Orgelsolo - Arvo Pärts „Annum per Annum“, musikalisch nicht das stärkste Werk dieses Komponisten, beeindruckte in seinem Minimalismus. Ergreifend jedoch war die „Prèda“ von Luca Lombardi, der dieses Solo nach dem Tod des gemeinsamen Freundes Claudio Abbado 2014 für Friedrich geschrieben hatte, der es am Grab Abbados uraufführte. Mit drei Dämpfern versah der Solist seine Piccolotrompete, um ein fernes Rufen zu evozieren, das er mit enormer Atemkraft dem Instrument abpresste. Mit dem zweiten Dämpfer war ein ferner Nachhall in größerer Entfernung zu vernehmen, mit dem dritten nur noch haarfeine Töne aus einer unvorstellbaren Weite. So tief anrührend kann minimalistische Musik wirken. Langer herzlicher Beifall - und so gab es noch das zuletzt gespielte Allegro als Zugabe.