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Haushaltsentwicklung

Dunkle Wolken am Wilhelmsdorfer Finanz-Himmel

Wilhelmsdorf / Lesedauer: 4 min

Hohe Investitionen in Pflichtaufgaben werden Haushalte Jahre belasten – Sogar der Verzicht auf die Realschule wurde diskutiert
Veröffentlicht:11.11.2019, 08:00

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Wer die Haushaltsentwicklung für das laufende Jahr 2019 sowie die Finanzplanung für das kommende Jahr der Gemeinde Wilhelmsdorf für sich betrachtet, der könnte bei allen Unwägbarkeiten eigentlich zufrieden sein. Doch der Blick in die weitere Zukunft lässt erahnen, dass finanztechnisch gesehen schwierige Jahre vor Verwaltung und Gemeinderat liegen. Pflichtaufgaben im Bereich Kinderbetreuung, Feuerwehrwesen und Entwicklung des Bildungszentrums sowie hohe Investitionen für die Geräteausstattung des Bauhofs werden die Gemeinde bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit bringen. Am Horizont steht ein Anstieg der Gemeindeschulden von derzeit 2,55 Millionen Euro auf 9,56 Millionen Euro im Jahr 2027. Allein der Schuldendienst liegt dann jährlich bei knapp 600 000 Euro.

Wie gehen die Verantwortlichen mit einer solchen Entwicklung um, wie sie Kämmerer Stephan Gerster mit seiner Präsentation in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats, der gemeinsam mit den drei Ortschaftsräten Zußdorf, Pfrungen und Esenhausen tagte, plastisch an die Wand warf. „Eine Finanzierung der Maßnahmen ab 2024 nur aus Krediten wird kaum darstellbar sein“, warnte Gerster. Dabei sei nicht die Zinslast das Problem, sondern die geforderte Tilgung der Kredite. Vor der Verwaltung liegt jetzt die Herkulesaufgabe, die anstehenden Großprojekte einzusortieren und Zeitplanungen zur Verwirklichung neu zu überdenken. Das letzte Wort hat dann der Gemeinderat. Dessen Mitglieder wurden vor wenigen Tagen auf einer Klausurtagung auf die anstehenden Probleme eingestimmt.

In der Aussprache wurde allgemeiner Unmut über die Tatsache geäußert, dass von Bund und Land Pflichtaufgaben an die Gemeinden delegiert werden, ohne für einen angemessenen finanziellen Ausgleich zu sorgen. Allein die Verpflichtung, für alle Kinder der Gemeinde ausreichende Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen, sei eine hohe Belastung. Schon heute fließen über eine Million Euro für laufende Kosten aus Gemeindemitteln in diese Aufgabe. Dazu kommen Investitionen in zwei neue Kindergartengruppen an der Friedenstraße von bis zu 1,6 Millionen Euro. Den Räten ist bewusst, dass äußerste Sparanstrengungen notwendig sein werden, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Dabei wurde in einem Diskussionsbeitrag sogar der Gedanke in den Raum gestellt, künftig auf die Realschule zu verzichten, um Kosten für einen Neubau oder zumindest Sanierung einzusparen. Dieser Vorschlag erntete allerdings heftigsten Widerspruch. Wilhelmsdorf sei eine Schulgemeinde und auch deshalb attraktiv.

Bei der Erläuterung der Haushalts- und Finanzplanung von 2019 bis 2023 hatte Kämmerer Gerster zunächst die guten Nachrichten parat. Alle bisherigen Aufgaben und Leistungen können in der bestehenden Form wieder eingeplant werden. Dazu gehören das Straßenprogramm mit 100 000 Euro sowie die Vereinszuschüsse. „2020 ist im Vergleich zu den Folgejahren unspektakulär.“

Vorgelegt wurden vom Kämmerer die Daten zu den anstehenden großen Investitionsvorhaben. Bis ins kommende Jahr hinein läuft die Sanierung der Grundschulgebäude. Die Kosten liegen bei 1,56 Millionen Euro. Nach Abzug der Zuschüsse muss die Gemeinde an Eigenmitteln 395 000 Euro aufwenden. 2020 steht der Anbau von zwei Gruppen am Kindergarten Friedenstraße an. Eine Grobschätzung des Architekten ergibt Kosten von bis zu 1,6 Millionen Euro. Wie hoch Zuschüsse beantragt werden können, ist noch ungeklärt. Eigenmittel dürften danach bei einer Million Euro liegen. Ersatzbeschaffungen von Fahrzeugen und Geräten für den Bauhof schlagen ebenfalls massiv zu Buche. Dringend ist der Kauf eines Multifunktionsgeräts für den Winterdienst, Laubbeseitigung und Rasenpflege sowie weitere Aufgaben des Bauhofs. Dafür müssen 200 000 Euro eingeplant werden. Dazu kommen zusätzlich 150 000 Euro für einen Ersatz des betagten Lastwagens.

Ganz massiv schlägt der beschlossene Anbau an das Gymnasium zu Buche. Ging man auf Grundlage der Entwurfsskizzen des Konstanzer Architekturbüros von Kosten in der Größenordnung von rund sieben Millionen Euro aus, ergab eine erste konkrete Berechnung Kosten von über elf Millionen Euro. Nach dem Abspecken des Bauvolumens bei gleicher Funktionalität landete die zweite Schätzung bei einem Kostenrahmen von 9,3 Millionen Euro. Damit muss die Gemeinde je nach Förderung aus verschiedenen Programmen zwischen drei und 4,1 Millionen Euro zuschießen. Wenn die Investitionen für die Kinderbetreuung 2020 angesetzt werden, könnte der Schulneubau ab 2021 in Angriff genommen werden, so der Vorschlag der Verwaltung.

Der geplante Neubau eines Feuerwehrgerätehauses wird mit grob geschätzt vier Millionen Euro die Kassen belasten. Davon muss die Gemeinde wohl rund drei Millionen Euro selbst übernehmen. Dazu kommen im Laufe der Jahre ab 2023 neue Fahrzeuge für die Feuerwehr hinzu, die insgesamt fast 800 000 Euro kosten werden. In der Ferne ab 2027 liegt das Schicksal der Realschule. Abriss und Neubau sind vorstellbar.

In der Sitzung am 19. November wird das Aufgabenprogramm durchforstet. Außerdem werden die Investitionen für 2020 beschlossen, damit im Frühjahr der Haushaltsplan verabschiedet werden kann.