Weingartens Bürgerinnen und Bürger müssen sich im kommenden Jahr auf höhere Steuern einstellen. Wie Stadtkämmerer Florian Keller im Gespräch mit der „ Schwäbischen Zeitung “ bestätigte, erhöht die Stadt die Hebesätze für die Grundsteuer A und B von 500 auf 550 Punkte. Das entspricht einem Anstieg um rund 10 Prozent. Zudem muss die Stadt weitere Kredite von knapp 2,8 Millionen aufnehmen, um den Haushalt 2023 vom Regierungspräsidium Tübingen (RP) genehmigt zu bekommen.
Hohe Energiekosten
Trotz all dieser Maßnahmen und Kürzungen bei den Personalausgaben, gelingt es der Stadt voraussichtlich nicht, ein positives ordentliches Ergebnis zu erreichen. Im Gegenteil: Nach den derzeitigen Berechnungen der Kämmerei schließt Weingarten 2023 mit einem Minus von knapp 829.000 Euro ab.
Schuld daran sind die gestiegenen Energiepreise, die mit 1,14 Millionen Euro zu Buche schlagen. „Wir haben alles versucht, diese Preissteigerung aufzufangen“, sagt Keller. „Aber das haben wir nicht geschafft.“ Zudem belaste die geplante Erhöhung der Kreisumlage die Stadtkasse, die voraussichtlich mit 480.000 Euro zu Buche schlägt.
Eigentlich ist ein negatives Ergebnis ein Grund für das RP, den Weingartener Haushalt 2023 nicht zu genehmigen. Doch hätten Anfragen beim RP ergeben, dass er trotzdem genehmigt werde, sagt der Kämmerer. Dies wäre sehr wichtig, da sonst keine Investitionen getätigt werden können.
Schwierige Haushaltslage
Doch das macht die Sache nicht einfacher. Denn diese „schwierige Haushaltslage“, wie Oberbürgermeister Clemens Moll sagte, hat Folgen für die geplanten Investitionen in der Zukunft. Zwar sei die Sanierung des Amtshauses (1,2 Millionen Euro), das Feuerwehrgerätehaus (900.000 Euro), die Kindertagesstätte Promenade (554.000) und die Digitalisierung der Realschule und des Gymnasiums (800.000 Euro) gesichert. Auch die erste Phase des Neubaus der Talschule mit knapp 4,3 Millionen Euro gehört dazu.
Nicht finanziert sind dagegen der Neubau weiterer Kindertagesstätten, die Sanierung des Schulzentrums, Klimaschutzmaßnahmen, wie ein Klimawald, der Umbau des Kornhauses, der Neubau von Flüchtlingsunterkünften, der Ausbau von Radwege, inklusive Radschnellweg, und der Sportstättenbau. Diese Investitionen sind bis 2026 im Plan.
Mangelnde Ertragskraft
Es ist das alte Problem, das durch die enorm gestiegenen Energiepreise noch verstärkter sichtbar wird. Weingarten mangelt es an eigener Ertragskraft, ist extrem abhängig von Fremdzuwendungen, die sie nicht aktiv beeinflussen kann und damit von einer guten Konjunktur. Die für kommendes Jahr angesetzten 15,7 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen machen 21 Prozent aller Einnahmen aus. Die Zuweisungen betragen knapp 24 Millionen. Das entspricht 32 Prozent aller Einnahmen. In Ravensburg ist der Anteil der Gewerbesteuer vergleichsweise viel höher. Im laufenden Jahr nimmt Weingarten 22,5 Millionen Euro Gewerbesteuer ein. Das sind so viel wie nie zuvor. Im Jahr 2018 waren es 18,1 Millionen Euro.
Strukturelle Veränderungen im kommenden Jahr
Im nächsten Jahr stehen für die Stadt nun die vom RP schon seit Jahren geforderten strukturellen Veränderungen an, wie Keller sagt. Das bedeutet: Es wird Einsparungen bei den hochdefizitären Bädern der Stadt (rund eine Million), dem Kultur- und Kongresszentrum, das jährlich 1,5 Millionen Euro kostet und den Kann-Ausgaben, wie im Bereich der Kultur, geben. „Bei den Ausgaben werden wir ganz klar definieren müssen, was welche Priorität haben wird“, sagt Keller. Schließungen von Einrichtungen sind dann nicht mehr ausgeschlossen. Welche das sein könnten, sei noch offen.
Dann geht es also ans Eingemachte. Und das würde auch kein Geldsegen um Nikolaus ändern, so wie im vergangenen Jahr, als mehr Steuereinnahmen als erwartet die Kasse füllte. Damals konnte auf Steuererhöhungen sowie neue Kredite verzichtet werden konnte. „Weingarten schleppt einen großen Rucksack mit sich herum“, sagt Keller. „Wir müssen diesen Rucksack leichter machen und große Steine daraus entfernen.“