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Klosterfestspiel

Klosterfestspiele finden 2016 in Nessenreben statt

Weingarten / Lesedauer: 5 min

Neuer Spielort ist das ehemalige Kloster-Hofgut beim Freibad – Brechts „Leben des Galilei“ kommt auf die Bühne
Veröffentlicht:30.09.2015, 16:01

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Die Weingartener Klosterfestspiele haben einen neuen Spielort: Ziemlich überraschend hat sich der Stiftungsrat am Dienstag auf das Hofgut Nessenreben oberhalb der Stadt festgelegt. Zuvor waren alle Versuche, einen Spielort auf dem Martinsberg zu finden, gescheitert. Zeitgleich mit dem Ort ist auch das Stück festgelegt worden, das im Sommer 2016 auf die Bühne kommt: Es wird das „Leben des Galilei“ von Berthold Brecht .

Das alte Hofgut am Rand des Altdorfer Forstes hat sogar einen Bezug zum Kloster: Ab dem 16. Jahrhundert nutzten Äbte und Reichsprälaten den Hof als Sommerresidenz. Daher ist auch der Name der Klosterfestspiele mit dem neuen Spielort nicht in Gefahr. Schließlich war ein Argument bei der Spielortsuche immer, dass die Festspiele allein wegen ihres Namens auf dem Martinsberg bleiben müssen. Doch das hat sich nun trotz aller Anstrengungen der Organisatoren als unmöglich herausgestellt.

Schlosshof keine Option mehr

„Wir haben noch einmal alle Hebel in Bewegung gesetzt, um auf dem Martinsberg einen Ort zu finden“, erklärte Rainer Beck, Geschäftsführer der Klosterfestspiele GmbH und Fachbereichsleiter bei der Stadt am Mittwoch bei einem Pressegespräch. Zuletzt war bekanntermaßen der Schlosshof der Pädagogischen Hochschule die einzig verbliebene Möglichkeit innerhalb des Klosters. Nach Gesprächen mit der Hochschulleitung, der Feuerwehr , dem Land als Eigentümer und der Kirchengemeinde ist nun auch der Schlosshof ausgeschieden. Dafür, so Rainer Beck, gibt es drei Hauptursachen: Die Wege, die durch den Schlosshof führen, könne man nicht sperren. Sie müssen für Passanten und im Brandfall für die Feuerwehr frei bleiben, was zu Platz- und Sicherheitsproblemen führen würde. Platzprobleme gäbe es auch im Inneren: Anders als beim alten Spielort im Abteihof gibt es im Schlosshof keine Räume, die vom Festspielbetrieb genutzt werden könnten: keine Toilettenanlage, keine Garderobe für die Schauspieler, keine Lagerräume. Und drittens seien die Auflagen der Anrainer und der Feuerwehr zu umfassend gewesen.

Zunächst würden die Proben der Klosterfestspiele mit der Prüfungswoche der Pädagogischen Hochschule kollidieren. Eine Verschiebung ist laut Stiftungsrat nicht möglich, weil die Schauspieler des Ensembles anderweitige Terminverpflichtungen hätten. Das Land Baden-Württemberg als Eigner der Gebäude habe zudem hohe Anforderungen an den Brandschutz gestellt. All dies hätte zuviel Geld gekostet: Nach der Rechnung der Organisatoren Mehrkosten in Höhe von rund 45000 Euro.

Großes finanzielles Risiko

„Das finanzielle Risiko wäre einfach zu groß gewesen“, sagte Günter Staud, Verwaltungsdirektor der Stadt und in der Klosterfestspiel-GmbH für die Kasse zuständig. Unter diesen Zwängen mussten sich die Festspiel macher also doch nach einem Ort abseits des Martinsbergs umsehen. Dabei ist das Hofgut Nessenreben recht schnell in den Fokus der Organisatoren gerückt. „Es ist eine attraktive Alternative mit historischem Bezug zum Kloster“, sagte Rainer Beck. Und abseits seines eigenen Charmes bietet das Hofgut mit den beiden Wirtschaftsgebäuden, zwischen denen die Festspiele voraussichtlich stattfinden sollen, auch ganz pragmatisch bessere Voraussetzungen als der Schlosshof: „Es ist einfacher möglich, den Hof abzuriegeln und damit die 100000 Euro teure Technik abzusichern“, erklärte Rainer Beck. Auch der Strom wäre im Schlosshof ein Problem, beim Hofgut nicht. Dort nutzt regelmäßig das „Umsonst & Draußen“-Festival die Starkstromleitung – die ist also erprobt.

Doch der neue Spielort hat auch Nachteile. Er ist weit weg, es fehlen Sanitäre Anlagen für die Besucher, es muss einiges an Ausstattung – etwa Toilettenwagen – aufgebaut und viel improvisiert werden. „Der Mehraufwand liegt geschätzt bei rund 15000 Euro“, so Rainer Beck. Verglichen mit dem Schlosshof allerdings erscheint das relativ gering. Auch Christof Küster war sofort angetan vom neuen Spielort: „Ich habe leuchtende Augen bekommen“, berichtete der Regisseur, mit dem die Klosterfestspiele auch im kommenden Jahr zusammenarbeiten. „Man kann die Gebäude wunderbar in die Kulisse mit einbeziehen, es sind sogar Dinge möglich, die am alten Spielort im Kloster undenkbar waren.“

So hoffen die Festspiel-Organisatoren nun, beim Hofgut eine feste Bleibe gefunden zu haben. „Wir glauben schon, dass das Zukunft hat“, sagte Günter Staud. Ob die Festspiele ab 2016 wieder jährlich oder im Zwei-Jahres-Takt stattfinden, ist noch unklar und hängt damit zusammen, ob die Stadt Zuschüsse vom Land bekommt.

„Galilei“ setzt Tradition fort

Berthold Brechts „Leben des Galilei“ wird das erste Stück sein, das am neuen Spielort aufgeführt wird. Regisseur Christof Küster: „Es ist nahezu perfekt für den neuen Ort: Galilei unter Sternenhimmel.“ Mit Brechts Stück will der Stiftungsrat der Klosterfestspiele um Weingartens Kulturkreis-Vorsitzenden Reinhold Schmid an eine Tradition anknüpfen, die 2012 mit dem Einstieg von Küster in Weingarten begonnen hat. „Die Neuausrichtung, die wir mit den Physikern oder auch Amadeus begonnen haben, setzen wir jetzt mit Brecht fort“, so Schmid. „Das Stück passt absolut in die Reihe. Es hat ernste und tragische Komponenten, aber auch komische Elemente.“

Berthold Brechts Theaterstück „Leben des Galilei“ wurde 1939 im dänischen Exil verfasst und am 9. September 1943 in Zürich uraufgeführt. Es schildert das Leben des genialen Physikers Galileo Galilei und spielt im Italien des 17. Jahrhunderts.