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Schiebermütze

Ein Kind der Pädagogischen Hochschule

Weingarten / Lesedauer: 5 min

Bewegte sieben Jahre stand Werner Knapp an der Spitze der PH Weingarten – Blick richtet sich nun nach vorne
Veröffentlicht:27.11.2018, 18:19

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Mit Schiebermütze, dunklem Fleece-Sakko und hellbrauner Ledertasche sieht man ihm die Privatperson bereits an. Sieben Jahre stand er an der Spitze der Pädagogischen Hochschule Weingarten (PH). Doch seit dem 1. Oktober befindet sich Werner Knapp in seinem wohlverdienten Ruhestand. Und auch wenn er immer noch mit „Wir“ über die PH spricht, ist spürbar, dass er diesen Lebensabschnitt hinter sich gelassen hat. Gedanklich schlüpft er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“ aber noch einmal in seine Rolle, erinnert sich an die Höhen und Tiefen, spricht über die Vorzüge des Ruhestandes und gesteht, dass er eigentlich nie vorhatte, Rektor einer solch großen Institution zu werden.

„Ich hab geträumt, ich wär ein Rektor, der träumt.“ Mit diesen Worten hatte Knapp seine Amtszeit im Februar 2012 offiziell begonnen – und kann sich heute noch gut daran erinnern. „Ich hab natürlich gewusst, dass ich nicht geträumt habe“, sagt er lachend. Doch war sein Weg aus eigener Sicht alles andere als vorgezeichnet. Nach einer Kindheit als Pastorsohn mit pietistischer Prägung machte Knapp in Stuttgart sein technisches Abitur. Nach einem Lehramtsstudium an der PH Reutlingen arbeitete Knapp 14 Jahre vornehmlich als Hauptschullehrer in Sindelfingen bei Stuttgart.

Parallel dazu studierte Knapp zeitweise Diplompädagogik an der PH Schwäbisch Gmünd, wo er schließlich auch noch promovierte. „Ich bin Kind der Pädagogischen Hochschulen. Ich habe nie woanders studiert“, sagt der gebürtige Backnanger. So war der Sprung als Lehrkraft an die PH Ludwigsburg auch nicht mehr weit, wo er von 1993 bis 2002 arbeitete, bevor er denn nach Weingarten kam. Dort stieg er 2002 als Professor für Deutsch ein und wurde direkt Prodekan. Ein halbes Jahr später übernahm Knapp das Dekanat.

Rasanter Aufstieg

Doch richtig Fahrt auf nahm seine Karriere an der PH im Jahr 2010, als er zum Prorektor für Lehre und Studium gewählt wurde. Als seine Rektorin Margret Ruep nach den Landtagswahlen 2011 zur Ministerialdirektorin im Kultusministerium beordert wurde, übernahm Knapp im Mai die Geschäfte des Rektors kommissarisch. „Da gab es keine Woche Übergangszeit“, erinnert er sich.

In dieser Zeit entschied er sich dann auch, für die Nachfolge von Ruep zu kandidieren und wurde im Dezember 2011 von Hochschulrat und Senat einstimmig zum Rektor gewählt. Als neue Prorektorinnen schlug Knapp Ursula Pfeiffer und Petra Burmeister vor, die in der Folge ebenfalls gewählt wurden. Gemeinsam wurden in den folgenden Jahren einige Erfolge erarbeitet. So bringt das Institut für Bildungsconsulting bis heute eine noch bessere Vernetzung der PH in die Region. Forschung sowie Studiengänge außerhalb des Lehramts wurden ausgebaut, die Qualifikation von Promotionen verbessert. „Mit meiner Doktorarbeit könnte ich methodisch heute nicht mehr kommen“, meint Knapp.

Auch die Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung habe man auf den Weg gebracht und sei das Zukunftsmodell schlechthin. Die wohl größte Herausforderung sei jedoch durch die Einführung des Bachelor-/Master-Systems im Lehramt entstanden. Nicht nur das Anfertigen neuer Prüfungsordnungen, besonders die Finanzierung sei bis heute problematisch. „Wir müssen ein zusätzliches Angebot machen ohne dass wir zusätzliche Ressourcen bekommen“, erklärt Knapp. „Das ist nicht ausfinanziert und bringt eine kleine Hochschule in enorme Schwierigkeiten.“

Diese kämen dann bei Fächern wie Politikwissenschaft, für das es aufgrund weniger Studenten seit mehreren Semestern einen Zulassungstop gibt, zum Vorschein. „Wir haben viele Studienfächer mit weniger als zehn Studienanfänger pro Jahr, müssen aber ein fünfjähriges Studienangebot machen. Das in der Breite aufrecht zu erhalten ist kaum möglich“, sagt Knapp.

Schwierige Phasen

Neben den zahlreichen Errungenschaften gab es in seiner Amtszeit aber auch Schwierigkeiten, die allerdings nur bedingt selbstverschuldet waren. So entschied sich der ehemalige Kanzler, Gregor Kutsch, nach seinem altersbedingten Ausscheiden, das Land Baden-Württemberg auf Verbeamtung auf Lebenszeit zu verklagen. Bis das Verwaltungsgericht Sigmaringen ein Urteil gefällt hatte und die Klage abwies, vergingen Monate. Erst dann konnte die Stelle neu ausgeschrieben und besetzt werden, was auch wieder viel Zeit kostete. Letztlich musste Knapp das ganze ausbaden und übernahm viele Monate kommissarisch auch das Amt des Kanzlers. „Man muss immer korrekt sein und schauen, dass man keinen Fehler macht“, sagt Knapp, der froh ist, jetzt weniger Druck zu haben.

Eine größere Mitverantwortung trug er derweil bei den Verwirrungen um die Nachbesetzung seines eigenen Postens. Hatte sich Knapp im Spätsommer 2017 noch um eine weitere Amtszeit beworben, zog er seine Kandidatur kurz vor der Wahl ohne Begründung zurück. Hochschulrat und Senat wählten die einzig verbliebene Kandidatin Manuela Pietraß, mit der man sich aber letztlich nicht auf eine Zusammenarbeit einigen konnte, so dass der Posten erneut ausgeschrieben werden musste und erst zum Oktober 2018 mit der bisherigen Prorektorin Karin Schweizer nachbesetzt wurde. Daher erklärte sich Knapp bereit, seine Amtszeit um ein gutes halbes Jahr zu verlängern. „Ich stehe zu all meinen Entscheidungen. Es gibt ja nicht nur eine richtige Form des Lebens. Es kommt immer darauf an, was man daraus macht“, sagt er.

Selbstkritischer Schüler

Und genau das gilt nun auch für seine neu gewonnene Freizeit. Neben der Leidenschaft Radfahren erforscht Knapp die eigene Familiengeschichte, hat einen Italienischkurs angefangen und lernt Trompete. „Ich mache bei allem die Erfahrung, wie hart das Lernen ist. Ich werde mit meiner eigenen Unzulänglichkeit konfrontiert“, sagt er.

Auch wissenschaftliche oder kulturelle Veranstaltungen kann er nun öfters besuchen und sich intensiver seinem Garten widmen. Der ganz persönliche Stundenplan ist also schon längst wieder gefüllt. Nicht nur deshalb wird Knapp an der PH nur noch Gast bei öffentlichen Veranstaltungen sein. „Ich werde garantiert nicht an der PH aufkreuzen und sagen, wie sie es machen sollen“, sagt der ehemalige Rektor. „Der Prozess des Loslassens war gar nicht so einfach, ist mir aber besser gelungen als ich gedacht habe.“