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Jazzerherz

Alles, was das Jazzerherz hergibt

Weingarten / Lesedauer: 2 min

Beim Trans-4-Jazz-Festival versorgen ein Finne und ein Schwede die Jazzgemeinde mit Liebe
Veröffentlicht:12.11.2017, 14:20

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Wahrscheinlich der heimliche Höhepunkt des diesjährigen Trans-4-Jazz-Festivals: die beiden Jazzvirtuosen Iiro Rantala und Ulf Wakenius , die als kongeniales Duo am Freitagabend den großen Saal der Weingartener Linse restlos gefüllt und das Publikum glücklich gemacht haben.

„Wenn dieses Festival nicht wär, jetzt im November, dann wär das eine lange, harte Zeit“, sagt einer der knapp 200 Zuhörer, die in der Pause das Linse-Foyer bevölkern. Und natürlich hat der Fan recht damit. Vor allem, weil den Verantwortlichen von Jazztime Ravensburg auch mit diesem Duo ein ganz großer Wurf gelungen ist, für ihr mittlerweile etabliertes Trans-4-Jazz-Festival. Gelten doch die beiden Größen – der finnische Jazzpianist Rantala und der aus Schweden stammende Gitarrist Wakenius – jeweils als Virtuosen, ja als vielleicht weltbeste Musiker an ihren Instrumenten.

Nach zwei Minuten warm gespielt

So wundert es auch nicht, dass nach nicht einmal zwei Minuten die Beiden warm gespielt wirken. Iiro Rantala (optisch eine Mischung aus dem Sympathieträger Samu Haber und dem Haudegen Oliver Kahn) setzt sich an den Flügel, der wie frisch gewaschen glänzt, schüttelt zweimal seinen skandinavischen Blondschopf gen Flügelkorpus - und dann haut er in die Tasten. Und scheint aus seinen Fingern fließen zu lassen, was sein Jazzerherz ihm eingibt. Sein schwedischer Kollege Ulf Wakenius, seit über 40 Jahren Jazzgitarrist und mit sämtlichen höheren Weihen versehen, hat keine Mühe, ihm zu folgen.

Die Beiden zollen dem Jazzer Esbjörn Svensson Tribut, mit melancholisch-cremigen Tönen, sie spielen Songs zu Ehren von Wien – mit schnellen, energiereichen Läufen, die den Herzschlag der Stadt erlebbar machen. Dem flirrenden Rom ist ein Stück gewidmet, und selbst das winterkalte Palma de Mallorca erfährt eine Jazz-Hommage. Dazwischen erzählen der Finne und der Schwede abwechselnd von Erlebnissen in Seoul, mit Sacher-Torte oder von schwer zu überzeugenden Professoren an der Jazzakademie.

Zuhörerin bekommt CD

Für eine besonders sattelfeste Zuhörerin gibt es eine Gratis-CD für das Erkennen der melancholischen Variation eines Duetts aus George Bizets Oper Carmen. Und als sich der leider viel zu kurze Abend dem Ende zuneigt, da lassen sich die Musiker auch gar nicht lange bitten: „Do you wanna play?“, fragt der Pianist seinen Gitarristen, und als dieser nickt, offerieren sie als letzte Zugabe einen grandiosen Beatles-Klassiker. Bei „All you need is love“ sind alle 200 textsicher genug, um dem rundum vollkommenen Abend einen würdigen Abschluss zu verpassen. Als würden alle unterschreiben: Für eine Sternstunde braucht es Liebe. Und grandiosen Jazz.