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14 Nothelfer: Welche Baustellen gibt es noch?

Weingarten / Lesedauer: 4 min

Gutachten, Ermittlungen, Anschuldigungen: Das Krankenhaus-Thema wird Weingarten weiter beschäftigen
Veröffentlicht:03.04.2016, 16:08

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Eigentlich, so betont es Weingartens Oberbürgermeister Markus Ewald immer wieder, ist die Krise um das einst städtische Krankenhaus 14 Nothelfer aufgearbeitet.

Es gibt Gutachten und Gerichtsurteile, eingestellte Ermittlungen und Vergleiche mit Versicherungen, das Krankenhaus gehört mittlerweile dem Klinikum Friedrichshafen und scheint damit vorerst gerettet. Aber das Thema ist noch nicht ganz durch.

Ermittlungen laufen noch

Jüngst hat sich der ehemalige Geschäftsführer der Klinik, Paul Blechschmidt, mit Vorwürfen gegen OB Markus Ewald zu Wort gemeldet. Und schließlich laufen auch noch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Die „Schwäbische Zeitung“ gibt einen Überblick, welche Baustellen geschlossen sind – und welche nicht.

  • Das Krankenhaus: Die Klinikum Friedrichshafen GmbH hat das 14 Nothelfer im Oktober 2013 übernommen. Seither haben die neuen Eigner mehr als 5 Millionen Euro in das Haus investiert. Es wurden Großgeräte angeschafft – etwa ein Computertomograph, ein Linksherzkathetermessplatz und eine neue Röntgenanlage – und Schwerpunkte geschaffen, wie etwa das Endoprothetikzentrum. Seit rund einem Jahr ist das Krankenhaus nun Teil des „Medizin Campus Bodensee“, gemeinsam mit der Klinik in Friedrichshafen und jener in Tettnang. Zwar schreibt das Krankenhaus immer noch keine schwarzen Zahlen, aber die „Schwarze Null“ ist laut Geschäftsführung in Sicht. Trotz anderslautender Zwischentöne – die Krankenkasse AOK hatte das Konstrukt des Weingartener Hauses im „Medizin-Campus“ kürzlich als „nicht zukunftsfähig“ bezeichnet – steht das Haus also derzeit recht gut da und scheint zumindest vorerst auch zukunftssicher. Fazit: Baustelle vorerst geschlossen.
  • Die Finanzen: Die Stadt hatte rund 18 Millionen Euro Krankenhausschulden zu berappen. Den Schuldenberg hat sie bereits im Haushalt 2015 komplett abgetragen. Von Verwaltung und Kämmerei wurde das als Erfolg verkauft. Die Stadt musste sich dafür allerdings von Werten trennen. So wurden etwa zahlreiche Grundstücke verkauft, die Erlöse aus dem Neubaugebiet an der Kuenstraße flossen zum Beispiel in die Schuldentilgung. Als im Sommer 2015 das „Karlsruher Gutachten“ gab es auch an anderer Stelle Klarheit: Die Rechtsanwälte rieten der Stadt ab, ehemalige Verantwortliche in der Finanzkrise auf Schadenersatz zu verklagen. Obendrein verkündete die Stadt einen Vergleich mit der Versicherung über 750000 Euro. 565000 Euro musste die Stadt allerdings gleich wieder überweisen: Die Verhandlungen mit der Klinikum Friedrichshafen GmbH über offene Forderungen gingen mit einem Vergleich zugunsten des neuen Trägers zu Ende. Fazit: Baustelle teuer, aber geschlossen.
  • Die Justiz: Es liefen und laufen im Dunstkreis des Krankenhaus-Dramas auch bei Staatsanwaltschaft , Polizei und an den Gerichten zahlreiche Verfahren und Prozesse. Nach der Übernahme des Krankenhaus durch die Klinikum Friedrichshafen GmbH startete die Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen gegen Ex-Geschäftsführer Paul Blechschmidt. Grundlage dafür war das Gutachten der Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) über Verfehlungen während und vor des Skandals. Oberbürgermeister Markus Ewald wurde im Dezember 2013 angezeigt, die Staatsanwaltschaft ermittelte dann auch gegen ihn wegen des Verdachts auf Untreue, später auch gegen Ex-Kämmerer Anton Buck. Ebenso untersuchte die Behörde eine Anzeige wegen Urkundenfälschung gegen Paul Blechschmidt. Der Prozess fand im Juni 2015 in Bad Waldsee statt. Paul Blechschmidt seinerseits klagte gegen seine fristlose Kündigung im Sommer 2012 gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. Der neue Träger der Klinik erwiderte die Klage und erhob Schadenersatzforderungen gegen Blechschmidt. Die Urteile: Blechschmidt ging aus beiden Prozessen als Sieger hervor. Dafür startete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Vortäuschens einer Straftat und Urkundenfälschung gegen Anton Buck und seinen Amtsnachfolger Michael Sonntag. Gegen Markus Ewald wurden die Ermittlungen wegen Untreue Mitte März eingestellt. Die Staatsanwaltschaft untersucht mit Hilfe der Kripo Friedrichshafen derzeit noch zwei Dinge: Sie ermittelt gegen Paul Blechschmidt und Anton Buck wegen Untreue und Verfehlungen im Amt. Und sie ermittelt gegen Anton Buck und Michael Sonntag wegen des Vorfalls in Bad Waldsee. Fazit: Einzige Baustelle, an der die Behörden noch arbeiten.
  • Die politische Aufarbeitung: Es wird sich auch durch den Wahlkampf hindurch ziehen, das Krankenhaus-Thema. Oberbürgermeister Markus Ewald betonte zuletzt immer wieder, alles sei „transparent aufgearbeitet“. Zwar gibt es tatsächlich zahlreiche Erkenntnisse aus den Gutachten und aus den Ermittlungen der Behörden, die den Nebel etwas gelichtet haben. Auch hat Markus Ewald mehrfach auch öffentlich eigene Fehler eingestanden, vor allem jenen, „zu lange den falschen Personen“ vertraut zu haben. Dass es in Weingarten trotzdem immer noch Stimmen gibt, die die Rolle des OBs kritisch sehen, ist indes ebenso Fakt. Wenn sich in der Kämmerei Vorgänge ohne Kenntnis des Chefs abspielen können, wirft das auf keinen Bürgermeister ein gutes Licht. Der Wahlkampf und vor allem die OB-Wahl am 12. Juni werden zeigen, ob aus der Krankenhaus-Krise auch politische Konsequenzen entstehen. Fazit: Wichtige Baustelle für das OB-Wahljahr 2016.