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Volksbegehren "Rettet die Bienen": Das sagen Landwirte, Naturschützer und Landtagsabgeordnete aus der Region

Neuravensburg / Lesedauer: 4 min

Podiumsdiskussion zum Volksbegehren Artenschutz in Neuravensburg
Veröffentlicht:26.10.2019, 18:00

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Zwei Landtagsabgeordnete, die eine von den Grünen, der andere von der CDU. Dazu ein Naturschützer und ein Landwirt: Das war das Rezept für eine spannende Diskussion rund um das Volksbegehren Artenschutz. Der Ortschaftsrat Neuravensburg hatte dazu in die örtliche Festhalle geladen – und mit Ortsvorsteher Hermann Schad einen gut informierten „Talk-Master“ gestellt.

„Es ist etwas Gutes, wenn die Wählerinnen die Gesetzesinitiative ergreifen können“, befand Petra Krebs (MdL/Grüne). Allerdings müsse man auch bedauern, dass es Umwelt- und Landwirtschaftsministerium nicht vorher geschafft haben, sich auf eine Pestizidreduzierungsstrategie zu einigen.

Ortschaftsrat wird deutlich

Benedikt Renz ( FW ), Ortschaftsrat in Neuravensburg und Landwirt, sagte zum grundsätzlichen Pflanzenschutzmittelverbot in Landschaftsschutzgebieten, wie es das Volksbegehren vorsieht und zur Pflanzenschutzmittelreduktion, wie sie im Eckpunktepapier steht: „Das ist ein super diffiziles Thema, da gibt es nicht einen klaren Schuldigen - auch nicht die Pestizide.“

Er wurde deutlich: „Nur weil man gerade hipp sein will und mal die Biene retten will, brauchen wir keine populistische Schlammschlacht, die von viel Halbwissen getragen ist – siehe Brexit.“

75 Prozent weniger Insekten

Georg Heine von Nabu und Landesnaturschutzverband zitierte aus der sogenannten Krefeld-Studie, dass in Naturschutzgebieten in den vergangenen 30 Jahren die Insekten um 75 Prozent abgenommen hätten. „Sie flüchten also keines Falls dort hin.“

Georg Heine

Heine zeigte sich kritisch gegenüber der „einfachen Lösung“ einer Pestizidreduktion. „Das löst das Problem nicht. Den Insekten fehlt schlicht die Nahrung, wenn im Allgäu schon große Flächen gemäht werden, bevor der Löwenzahn blüht.“ Es brauche deshalb mehr extensiv genutzte Flächen.

Krebs schloss sich dem an und sagte: „Ein landwirtschaftlicher Betrieb muss leben, da versteh ich, dass fünf Mal im Jahr gemäht wird. Aber genau das ist das große Übel für Kleinstlebewesen.“ Menschen, die in der Stadt leben und für das Volksbegehren unterschreiben hätten „die Landwirtschaft nicht in ihrer Genetik“, so Krebs.

Keine Vorschriften

Raimund Haser (MdL/CDU) hält Vorschriften für Landwirte indes nicht für das richtige Mittel zur Artenschutzförderung: „Wenn wir als Land Naturschutz wollen, dann müssen wir eben Naturschutzflächen kaufen und nicht dem Bauer vorschreiben, wie er seine Flächen bewirtschaften soll – ungeachtet ob ökologisch oder konventionell.“

Werthaltung wichtig

Die Landwirtschaft diene schließlich der Lebensmittelgewinnung. Deshalb sei bei der Öko-Quote, also der Forderung nach einem gewissen Prozentsatz Ökolandbau, der entscheidende Satz im Eckpunktepapier: „Sofern es die Nachfrage zulässt.“ Wichtig sei beim Verbraucher die Werthaltung gegenüber dem Produkt von hier.

Wie sehr ein Volksbegehren – die Möglichkeit hierfür wurde von der grün-roten Landesregierung geschaffen – der parlamentarischen Demokratie entspricht, stellte Raimund Haser infrage:

Was würde ein Pestizidverbot in Landschaftsschutzgebieten für Renz als Landwirt bedeuten, wolle Schad wissen. „Mich als Biomilchbauern beträfe das kaum“, so Renz. „Aber wenn an einen Apfelbaum, nur weil er im Landschaftsschutzgebiet steht, kein Mittel mehr ran darf, dann liefert der Baum halt nur noch Äpfel, die auf dem Markt niemand will.“ Psychologie dürfe nicht über der Sachlogik stehen, war Renz wichtig. Klare Opfer oder Schuldige auszuweisen sei nicht möglich, „weil es die nicht gibt.“

Außerdem lobten alle auf dem Podium, dass sich das Eckpunktepapier nicht nur auf die Landwirtschaft beschränkt. Beispielsweise sollen auch Privatgärten ohne syntetische und chemische Mittel auskommen und der Naturschutz in Städten und Siedlungen mehr Gewicht bekommen. Heine: „Man kann nicht für das Volksbegehren unterschreiben und vor der Haustüre einen Mähroboter haben, der nicht einmal ein Gänseblümchen hochkommen lässt.“

Volksbegehren gibt Schub

Der Naturschutz sei der Partner der Landwirtschaft, hob Heine hervor. „Da ist unser Landkreis weit vorne in der Zusammenarbeit.“ Das Volksbegehren habe einen Schub gegeben, „noch intensiver miteinander zu sprechen.“

Die Stoßrichtung des Volksbegehrens sei absolut richtig, sagte auch Krebs. Einer gänzlichen Umsetzung von „Rettet die Biene“ stehe sie allerdings kritisch gegenüber. Dennoch sei es der Antrieb für das Eckpunktepapier gewesen. „Jetzt geht es darum diesen Kompromiss zu bewerben und nicht mehr über das Volksbegehren zu schimpfen.“