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Homosexualität

Mister Gay World stammt aus Wangen

Wangen / Lesedauer: 4 min

Mister Gay World stammt aus Wangen
Veröffentlicht:06.05.2015, 12:42

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Mit einem Schönheitswettbewerb hat die Mister Gay World Wahl, die Klaus Burkart am vergangenen Samstag gewonnen hat, nur sehr bedingt zu tun. „Es geht um ein Gesicht, einen Botschafter für Schwule, um Vorbildfunktion, um Kampagnen“, erklärt der 21-Jährige Milchtechnologe aus Zurwies . In Südafrika hat sich der amtierende Mister Gay Germany gegen 20 andere Bewerber durchgesetzt. Nun geht es für ihn darum, „etwas in den Köpfen der Gesellschaft zu bewegen“.

Braune Augen, die Haare zur Tolle gefönt, Hemd, blaues Jackett, helle Hose, 183 Zentimeter Körpergröße – und ein sympathisches und freundliches Lächeln im Gesicht: Wer Klaus Burkart am Dienstagabend gegenübersitzt, glaubt nicht, dass er gerade erst vor wenigen Stunden in München aus dem Flugzeug stieg und Schlaf nicht gerade zu jenen Dingen gehörte, die in den vergangenen Tagen und Stunden in Hülle und Fülle zur Verfügung standen. Dafür stand das Telefon bei ihm und bei seiner Agentur kaum noch still. „Wir haben Anfragen von RTL , der Bildzeitung, aus Russland und überall her“, erklärt Dieter Sapper, Eventmanager der Nouba Events GmbH, die auch für den Wettbewerb verantwortlich zeichnet. Klaus Burkart ist durchaus bewusst, dass sich sein Leben von heute auf morgen verändert hat und weiter verändern wird: „Als Mister Gay World möchte ich ein Vorbild für junge Schwule aus der ganzen Welt sein und die Meinung über Homosexualität verbessern. Ich möchte aber auch jungen Menschen Mut machen, um ihnen ihr Coming-out zu erleichtern und die Welt an einen Punkt bringen, an dem es gar nicht mehr nötig ist, sich outen zu müssen.“

Hohe Ziele sind dies. Hohe Ziele, um die es Klaus Burkart mindestens so ernst ist wie um die Bewerbung um den Titel Mister Gay World. Aufräumen möchte er nach eigener Aussage mit den Klischees, die in den Köpfen mancher Zeitgenossen um die Homosexuellen-Szene ranken: „Toleranz ist ein großes Thema, Akzeptanz, andere als die üblichen Familienbilder.“ Als „Kampf“ will er seine Botschaft nicht verstanden wissen. „Ich will aufklären“, sagt Burkart. Und: „Alle Menschen haben ein Recht, glücklich zu sein.“ Mit „allen“ meint er durchaus auch andere Gruppierungen, die am Rande der Gesellschaft stehen.

Auch sein eigener, persönlicher Weg war nicht immer nur von Glück beschieden. Burkart, der nach der Mittleren Reife an der Wangener Realschule und der Ausbildung am Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg (Molkereischule) Wangen zum Milchtechnologen heute bei der Käserei Zurwies beschäftigt ist, hat einige Auf und Abs, Hoch und Tiefs, hinter sich. „Es gab eine Zeit, in der war ich Außenseiter, habe mich zurückgezogen.“ Mit 15 Jahren entdeckte er seine Orientierung, mit 17 folgte der erste Freund. Zu diesem Zeitpunkt vertraute er sich seiner Mutter an: „Ich habe ein unglaublich positives Feedback bekommen.“ Nicht verschweigen, die Homosexualität aber auch nicht offen zur Schau tragen, hieß von nun an die Devise: „Die volle Kapazität an Reaktionen war noch nicht das, was ich damals erdulden und ertragen konnte.“

Vier Jahre später hat sich diese Einstellung verändert. Trotz so mancher Diskriminierung im Alltag. Nach einer – erfolglosen - Teilnahme am Mister Gay World Wettbewerb 2014 für Österreich entschied sich Klaus Burkart ganz bewusst für eine „Neuauflage“ 2015. „Als Wettbewerb darf man sich das nicht vorstellen“, sagt Burkart: „Wir arbeiten alle für dasselbe und die gemeinsame Motivation.“ Aussehen, die Außenwirkung, sind nur ein geringer Teil der Bewertung. Hinzu kommen das Auftreten vor der siebenköpfigen, internationalen Jury, das Wissen um Homosexuellen und Transsexuellen-Rechte, die soziale Kompetenz und die eigengesetzte Kampagne - also dem, mit dem man bewegen will. Burkart möchte in Schulklassen ab der siebten oder achten Klassenstufe gehen, über Homosexualität und Mobbing sprechen: „Am liebsten möchte ich damit in meiner Heimatstadt beginnen.“

Die hohe Suizidgefahr junger Homosexueller ist ihm ein Anliegen: „Ich möchte auch einfach, dass Menschen nach ihrem Charakter bewertet werden - und nicht nach ihrer sexuellen Orientierung.“ Ob sich sein Engagement mit dem Beruf zeitlich für die Zeit seiner Amtszeit als Mister Gay World vereinbaren lässt, vermag Klaus Burkart noch nicht zu sagen: „Es wird sich zeigen, wie sich das Ganze entwickelt. Wir werden schauen.“