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Stadthalle

„Hamlet“ imponiert Wangener Publikum

Wangen / Lesedauer: 3 min

Badische Landesbühne gastiert mit William Shakespeares berühmter Tragödie
Veröffentlicht:28.02.2016, 16:31

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Mit einem äußerst sparsamen, dafür aber erstaunlich variablen Bühnenbild ist das Ensemble der Badischen Landesbühne am Freitagabend in der Stadthalle angetreten. Mit William Shakespeares um 1601 entstandener Tragödie „Hamlet, Prinz von Dänemark “ unter der Regie von Carsten Ramm. Ausstattung, Musik und Lichtregie beeindruckten ebenso wie Frederik Kienle als Hamlet im Grufti-Stil.

Hohe durchbrochene Gitterwände zu mehreren aneinandergereiht, die mit jedem Akt ihre Position wechselten. Mehr nicht machte im Wesentlichen das überaus schlanke Bühnenbild aus, das Lichtregisseur Tilo Schwarz je nach Szene in eine kalte helle oder eine dunkle tiefrote Atmosphäre tauchen ließ. Im Kontrast zu dieser Schlichtheit steckten die Darsteller in opulenten Kostümen von Ellen Späte.

Die vorherrschende Farbe ist schwarz. Der Stil gemahnt an die Grufti-Kluft einer Gothic-Subkultur mit Anleihen an Punk und New Wave. Dagegen hob sich das rote königliche Gewand mit weitem ausladendem Kragen und korsettartigem Panzer von Gertrud (Cornelia Heilmann) signalgebend ab. Die gertenschlanke Ophelia (Katharina Heißenhuber) zog die Blicke vor allem durch ihre zwei langen blonden Zöpfe auf sich.

Vorstellung am Bühnenrand

Zu Beginn des Spiels auf Schloss Helsingör trafen sich alle neun Akteure am Bühnenrand zu einer Vorstellungsrunde, womit im Vornherein alle Zweifel eines Wer ist Wer ausgeräumt waren. Mitten unter ihnen der Prinz von Dänemark als noch unscheinbare rundliche Figur. Die Augenpartie tiefschwarz geschminkt, die Haare streng nach hinten geflochten. Keiner, den man sofort in sein Herz schließt. Es ist der Moment kurz nach des Vaters und Königs Tod, den Hamlet beklagt und auf Rache sinnt, als klar wird, dass es sich um einen hinterhältigen Mord handelt. „Oh schaudervoll, doch es ist wahr“, verschaffte Hamlet sich fluchend Luft in einer anfangs immer gleichen leicht heiseren Stimmlage. Angefeuert durch marschartige Trommelrhythmen und das Ticken einer Uhr.

Zusehends gestaltete sich seine Sprache ausnuancierter und dominierte jene seiner Mitakteure. Er gewann an Format und entwuchs der Rolle des für irre gehaltenen Prinzen hin zu einem ernst zu nehmenden Gegner. René Laier gab den nach außen scheinheiligen, nach innen machtmissbrauchenden und intriganten Claudius. Auf sein Konto geht die Ermordung seines Bruders und Hamlets Vaters ebenso wie die blutsschänderische Ehe mit der Witwe Gertrud.

Emotional starke Szenen

Eine der emotional stärksten Szenen ist die Begegnung zwischen Hamlet und seiner Mutter. Gegen alle königlichen Widerstände entlarvt der Sohn ihre Schwäche. Vor zwei überdimensionierten Bildtafeln mit den Porträts von Hamlets Vater und Claudius. Im Eifer des Gefechts sticht Hamlet dem Bildnis von Claudius ein Auge aus, nur dass sich dahinter der Staatsminister Polonius (Stefan Holm) verbirgt. Sein Lauschangriff wird ihm zum tödlichen Verhängnis.

Einen ebenso starken wie überraschenden dritten Akt bot Hamlets List, Claudius als Täter bloß zu stellen. „Dann lassen wir jetzt mal die Puppen tanzen!“, rief Horatio (Maximilian Wex) zum Figurentheater auf mit drei von Cornelius Danneberg und Jessica Schultheis geführten Marionetten. Dem Königspaar, nunmehr mit in der Zuschauerrolle, gingen die Augen auf, was sich da im Kleinen als gemeiner Meuchelmord entpuppte.

Erholsame Stille bot Ramms Inszenierung mit der traumartigen Tanzszene von Ophelia und Hamlet. Gefolgt von des Prinzen bitterer Selbsterkenntnis, sich aus Rachsucht brüllend Luft zu machen wie ein Politiker. Mitspieler und zugleich Gefangener ist er in einem korrupten Herrschernetz, das keinen anderen Ausweg als den Tod kennt. So kann Hamlet der Herausforderung von Laertes (Kathrin Berg), der um Ophelia und Polonius trauert, aus Stolz und Neid nicht wiederstehen. „Lasst die Waffen bringen“ und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Einmal mehr gehen in der Schlussszene alle zu Boden – einmal mehr ist die Zeit aus den Fugen geraten mit einem Hamlet, der ganz dicht am Wendepunkt hin zum Ausstieg stand.