Die eigentliche Nachricht kam am Donnerstagvormittag und damit nach der Wahl. „Wegen eines im Nachhinein festgestellten Formfehlers muss eine weitere Versammlung unser Ergebnis nochmals bestätigen“, sagte Gerolf Fix, Wahlleiter der GOL-Nominierungsversammlung. Was war geschehen? „Die Stimmzettel wurden alle richtig ausgezählt. Bei der Eingabe ins Excel-Programm wurde allerdings falsch addiert“, erklärte Fix. Dadurch änderte sich die Reihenfolge der Listenplätze im Nachhinein. In unserem Blickkasten ist die nun aktualisierte und noch nicht bestätigte Version zu finden.
Dreieinhalb Stunden hat es am Mittwochabend im Portugiesenheim gedauert, bis die Kandidatenkür bei der Grün Offenen Liste vollzogen war. Voraus ging den Wahlen ein langes Plädoyer von Gemeinderat und GOL-Urgestein Siegfried Spangenberg , im Falle der Spitzenposition auf das grüne Frauenstatut zu verzichten und Fraktionsvorsitzenden Tilman Schauwecker nach vorne zu setzen. Mehrheitlich wurde dies abgelehnt. Die Grüne Liste beinhaltet in der Kernstadt nun sieben Frauen und zwölf Männer. In den Ortschaften kandidieren nach derzeitigem Stand neun Frauen und sieben Männer.
Es war eine längere und ausgiebige Debatte, die Spangenberg entfachte. Als „Zugpferd der Fraktion“ wollte Spangenberg Tilman Schauwecker ganz vorne sehen und stellte einen entsprechenden Antrag. Er haderte auch mit der grün-internen Prinzipienregel, einer Frau automatisch Listenplatz Nummer eins zu gewähren. Das, sagte er, sei etwas, was in Richtung Umkehrung der Gleichgewichtung (Anm. der Redaktion: der Geschlechter) tendiere.
Anders als Spangenberg sah dies eine ganze Reihe an Mitgliedern. Hannah Rogosch erinnerte an 100 Jahre Frauenwahlrecht und befürchtete bei Untergrabung des Statuts eine Abnutzung des Prinzips der paritätischen Reihenfolge. Markus Häring erachtete es auch als schwierig, sich auf eine Person auf einem bestimmten Platz festzulegen. „Was ist das für ein Zeichen, wenn wir nicht dem Frauenstatut entsprechen?“ fragte Petra Krebs. Und weiter: „Damit könnte ich nicht gut leben, wenn das so wäre.“
Vorschlag des GOL-Vorstandes mehrheitlich angenommen
Persönliche Freiheit sei es für ihn, sich nicht diesem Prinzip unterwerfen zu müssen, meinte Spangenberg: „Die Prinzipienreiterei halte ich für grottenfalsch.“ Er erinnerte auch an „mehrere Dinge, die die Grünen im Laufe der Geschichte über den Haufen geworfen haben, weil es sich als vernünftig erwiesen hat, dies zu tun.“ Spangenberg konnte sich nicht durchsetzen: Bei sieben Gegenstimmen und zwei Enthaltungen wurde schließlich mehrheitlich der Vorschlag des GOL-Vorstandes angenommen, nach dem Reißverschlussprinzip die Plätze zu verteilen, beginnend mit einer Frau auf dem Spitzenplatz.
Die 38 zur Wahl berechtigten Mitglieder wählten daraufhin schriftlich und geheim für die Kernstadt nach einem Punktesystem eine Männer- und eine Frauenliste, die schließlich zusammengefügt wurde. In den Ortschaften wurde die Reihenfolge der Listenplätze bereits im Vorfeld abgesprochen und wie vorgeschlagen gewählt. Alle Kandidaten stellten sich im Vorfeld in einem kurzen Redebeitrag vor und nannten ihre Schwerpunkte.
Grund zur Freude hatte Tilman Schauwecker schon im Vorfeld angesichts von knapp 50 Teilnehmern beim Nominierungsabend: „Das ist – außer Aschermittwoch – die größte GOL-Versammlung, die wir je hatten.“ Verzeichnen konnte die GOL auch einige Eintritte, sodass die Mitgliederzahl nun bei 63 liegt.
Weitergehen wird es bei der GOL nun laut Fix wie folgt: „Wir benötigen nun eine weitere Versammlung, auf der das rechnerisch richtige Gesamtergebnis nochmals bestätigt werden muss.“ Sie wird am 20. Februar, 20 Uhr, erneut im Portugiesenheim Lindenhof abgehalten.
Veränderungen bei der GOL
Aus dem aktuellen Stadtparlament kandidieren von den derzeit acht Gemeinderäten mit Siegfried Spangenberg und Jörg Endraß zwei Mandatsträger nicht mehr für die Gemeinderatswahl 2019. Tilmann Schauwecker, der vor fünf Jahren noch einen Wegzug plante und seine Pläne inzwischen dahingehend geändert hat, dass er dauerhaft in Wangen bleiben möchte, wird weitermachen und gab zugleich die Devise aus: „Mit voller Kraft voraus.“ Die Debatte um seinen Spitzenplatz nannte er „peinlich und unangenehm, aber allgemein ist sie wichtig“. Ein schmaler Grat sei vorhanden, zwischen Prinzipien und Prinzipienreiterei, sagte Schauwecker. Und: „Prinzipienreiterei ist nicht zielführend.“ Grundsätzlich und im Falle seiner Wahl will und wird Schauwecker auch für die Position des Fraktionsvorsitzenden wieder zur Verfügung stellen.
Politisch umorientiert hat sich Ayhan Coskun. Der 45-jährige Landschaftsgärtner war bis zu seinem Parteiaustritt Anfang des Jahres stellvertretender Vorsitzender des CDU-Ortsverbands Wangen. Seit Mittwoch ist Coskun Grünen-Mitglied und steht auf der GOL-Kandidatenliste zum Gemeinderat auf Platz 17.
In den Ortschaften kann die GOL in Deuchelried, Primisweiler, Neuravensburg, Karsee und Haslach alle Listenplätze besetzen. Nicht der Fall ist dies in Leupolz und Niederwangen. In beiden Ortschaften könnten noch Kandidaten nachnominiert werden. Der Altersdurchschnitt aller derzeitigen Kandidaten liegt im Übrigen bei 47,97 Jahren. 2014 holte die GOL 23,1 Prozent aller Stimmen und verbesserte sich damals um zwei Mandate.