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„Bildung breiten Schichten der Bevölkerung zugänglich machen“

Wangen / Lesedauer: 5 min

Wangener VSH-Leiter Lorenz Macher im Interview
Veröffentlicht:19.09.2019, 10:00

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Rund 400 Volkshochschulen öffnen am Freitag, 20. September, ab 18 Uhr, ihre Türen. Es ist die größte Publikumsaktion in der Geschichte der Volkshochschulen. Der Abend steht unter dem Motto „zusammenleben. zusammenhalten“ und bildet den Auftakt für ein VHS-Semester, das die politische Bildung in den Mittelpunkt stellt.

Volkshochschulen initiieren in der Langen Nacht und darüber hinaus den gesellschaftlichen Dialog von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Orientierung. Klimawandel, Fake News und die Bedeutung der Weiterbildung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt werden Themen dezentraler Podiumsdiskussionen sein, die per Live-Stream bundesweit übertragen werden. Der Leiter der VHS Wangen, Lorenz Macher, verrät was im Allgäu geplant ist.

Was hat es mit der Langen Nacht der VHS auf sich?

Die Lange Nacht der Volkshochschulen ist eine bundesweite Aktion zum 100-jährigen Bestehen der Volkshochschulen in Deutschland. In der Weimarer Verfassung von 1919 wurde verankert, dass Volksbildung und Volkshochschulen vom Deutschen Reich, von den Ländern und Kommunen zu fördern sind. Bildung wurde erstmals als öffentliche Aufgabe und als Grundrecht gesehen.

Welcher Gedanke steht hinter der VHS?

Tatsächlich kommt der Gedanke, populärwissenschaftliche Bildung breiteren Schichten der Bevölkerung zugänglich zu machen, ursprünglich von Professoren aus Dänemark. Die Idee wirkt heute noch sehr modern, dass Menschen, die man am Ort hat und die etwas besonders gut können, bittet, ihr Wissen zu teilen. So können wir heute zum Beispiel eine große Vielfalt an Sprachen anbieten, weil wir viele an der VHS Wangen viele Muttersprachler aus anderen Ländern oder Lehrer haben, die Ihre Sprache oder Kultur weitervermitteln wollen.

Wann wurde die VHS in Wangen gegründet?

Ein genaues Gründungsdatum für die VHS Wangen zu definieren ist schwierig, aber es gibt seit dem 2. Weltkrieg ein paar markante Meilensteine: Die Volkshochschule Wangen wurde 1987 eine städtische Einrichtung. Doch die Geschichte reicht zurück ins Jahr 1948. Damals gab es im Gemeinderat eine Diskussion, ob in Wangen eine Volkhochschule gegründet werden sollte. Der damalige Vorsitzende der Kulturgemeinde saß als Pressevertreter in der Sitzung, und wurde beauftragt, das Thema dort zu beraten. Und so bot die Kulturgemeinde immer wieder Volksbildungsabende und bald auch erste Kurse an.

1983 wurde die VHS dann in Form eines eigenen Vereins gegründet, aber vier Jahre später der Stadtverwaltung angegliedert. Interessant finde ich, dass schon in den 1970er Jahren in Wangen Yoga angeboten wurde. Und wir haben auch noch Dozenten aus früher Zeit. So feierten zum Beispiel Ansgar Friemelt und Rita Stelzer ihr 50-Jahr-Jubiläum als Dozenten.

Das Angebot bei der Langen Nacht der Volkshochschulen ist riesig. Gibt es zentrale Themen?

Das Motto des Abends heißt „zusammenleben.zusammenhalten“. Es geht darum, den gesellschaftlichen Zusammenhalt als Gegenpol zu den Spaltungskräften in den Fokus zu nehmen. Es soll ein Abend sein, der bunt und offen ist, der aber auch Selbstreflexion und Kritik einbezieht. Deshalb steht Bundesverdienstkreuzträger Thomas Walther mit seinem Vortrag „Shoa vor Gericht“ als Hauptvortrag im Programm.

Wie kann man als Besucher möglichst viel mitnehmen?

Es gibt acht Vorträge, die rund 30 Minuten dauern werden. Eine Ausnahme ist das der Thomas Walther, der 45 bis 60 Minuten sprechen wird. So kann man mehrere Vorträge besuchen. Dann bieten wir 17 Workshops zum Mitmachen und Hineinschnuppern an, die sich auch mal wiederholen werden, so dass man wiederkommen kann, wenn man das erste Mal verpasst hat. Und es gibt acht Musik- und Kulturbeiträge zum Zuhören und Genießen, an denen oft Schüler der VHS beteiligt sind.

Was steckt hinter solchen Themen wie: „Alte Liebe rostet (nicht)“ bei den Vorträgen und ähnlichen Titeln?

„Alte Liebe rostet (nicht)“ wird von zwei Psychotherapeuten angeboten, die sich beruflich mit der Kommunikation von Paaren befassen. Da ist es oft schon zu spät für die Partnerschaft. Der Vortrag gibt unter anderem Tipps für die Prävention. Bei den Workshops „Bin ich integriert?“ Oder „Bin ich hochsensibel?“ können die Besucher einen Test machen und mal sehen, ob sie den Integrationstest bestehen würden. Ähnlich ist es bei der Frage, ob jemand hochsensibel ist – einfach hingehen und den Test machen. Und der Workshop „Geschichten erzählen“ gibt Hinweise, wie man Geschichten erzählen kann.

Wo spielt sich das Programm ab?

Wir haben sechs Orte: Die VHS in der Zunfthausgasse 4, das Frauentor mit den Räumen der VHS und dem Eine-Welt-Laden El Sol, der den Abend nutzt, aus Anlass der fairen Woche zu öffnen und über fairen Handel zu informieren. Veranstaltungen finden außerdem in der Häge-Schmiede, im Weberzunfthaus, im Städtischen Jugendhaus und im Atelier im Buchweg statt.

Hat die VHS an diesem Abend Partner?

Ja, wir werden gefördert aus dem Programm „Demokratie leben“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Vor Ort werden wir unterstützt von der Opernbühne, die ein Medley an Opernchören präsentiert, dem städtische Jugendhaus, das eine Poetry Slamerin aus Freiburg eingeladen hat, sowie vom Kreisjugendring, der den Minifant zur Verfügung stellt. Mit im Boot ist neben El Sol auch Fairtade Stadt Wangen.

Braucht man Eintrittskarten für die Lange Nacht der Volkshochschulen?

Nein. Der Eintritt ist frei. Jedermann ist herzlich willkommen. Wir freuen uns auf viele Besucherinnen und Besucher.