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Holzschuppen

Als die Zeitung 20 Pfennig kostete

Wangen / Lesedauer: 3 min

Horst Mittmann aus Hergatz staunte nicht schlecht, als er  in einem verfallenen Holzschuppen ein paar fast 60 Jahre alte Ausgaben der Schwäbischen Zeitung entdeckte.
Veröffentlicht:29.03.2018, 18:50

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Da staunte Horst Mittmann aus Hergatz nicht schlecht, als er vor Kurzem in einem verfallenen Holzschuppen bei Karbach ein paar fast 60 Jahre alte Ausgaben der Schwäbischen Zeitung entdeckte: Das Papier war vergilbt und etwas löchrig, doch die Artikel waren noch gut lesbar. Beim Durchblättern erscheint vieles aus heutiger Sicht kurios, einiges aber auch immer noch aktuell.

„Die Zeitungen waren feucht, deshalb hab ich sie zu Hause erst einmal getrocknet, bevor ich sie lesen konnte“, berichtet Horst Mittmann. Interessant fand er zum Beispiel einen Artikel über Adenauer in der Ausgabe vom 9. April 1959 – also vor fast genau 59 Jahren. Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer hatte am Vortag in einer Radioansprache verkündet, Bundespräsident werden zu wollen. „Das habe ich gelesen, und ich habe mir sehr über meinen Fund gefreut“, sagt Mittmann. Auch die Preisangaben auf der Titelseite seien interessant gewesen: der monatliche Bezugspreis betrug 3,80 D-Mark zuzüglich Beförderungsgebühr. Eine Einzelausgabe war für 20 Pfennig zu bekommen.

Küfer-Azubis gesucht

„Ich könnte mir vorstellen, dass man die Zeitungen damals in dem Schuppen als Isolationsmaterial verwendet hat“, sagt Horst Mittmann. Und was damals praktisch war, ist heute eine kleine Sensation. Auf den vergilbten Seiten mit kleinen Schwarz-Weiß-Fotos ist unter anderem zu lesen, dass der Bergsteiger Sir Edmund Hillary eine zweite Besteigung des Mount Everest plant, dass die USA bei der Entwicklung von Raketen schnellere Fortschritte machen als die Sowjets und dass es in den Berufen Küfer und Müller an Auszubildenden mangelt. Im Anzeigenteil werden Knechte und Melker gesucht, großflächig Zigarettenmarken angepriesen und Kurse in Kurzschrift angeboten.

In den Inseraten bieten Händler Waschmaschinen für 100 D-Mark und Zitronen im Zehnerpack für 85 Pfennig an. Die Teilnahme an einem Wickelkurs kostet 1,80 Mark, ein Einfamilienhaus mit Garten 40 000 Mark.

Telegramme in die USA

Im Wangener Lokalteil wird am 17. März 1959 vermeldet, dass Stadtinspektor Hermann Scheitenberger aus Weingarten zum neuen Bürgermeister in Eisenharz gewählt wurde, dass die Wangener Fechtabteilung bei einem Freundschaftsturnier in Dornbirn erfolgreich. Auch die „würdige Schlussfeier“ der Landwirtschaftsschule findet Beachtung.

In der Ausgabe vom 9. April 1959 erfahren die Leser der Wangener Zeitungsseiten, dass bereits jetzt Glückwunschtelegramme in die USA gesendet werden können, die dann exakt am Muttertag zugestellt werden. Auch der Wangener Jugendrat ist Thema dieser Ausgabe: Dieses Gremium war nach längerer Pause wieder zu einer Sitzung mit dem damaligen Bürgermeister Uhl eingeladen worden.

Eier zwei Pfennig billiger

Regelmäßig tauchen in der Berichterstattung außerdem die Preise für Lebensmittel auf – sowohl als „Marktvorschau für die Hausfrau“, in der zu lesen ist, dass der Käse wahrscheinlich fünf bis zehn Pfennig teurer, die Eier hingegen wohl um ein bis zwei Pfennig billiger werden – als auch als Nachbericht vom Wochenmarkt, in dem aufgelistet wird, welche Preise dort für Obst und Gemüse verlangt wurden.