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Krankenhauskrise

SZ-Leser sehen Schuld beim Oberbürgermeister

Weingarten / Lesedauer: 5 min

In der Weingartener Krankenhauskrise steht der Weingartener Rathauschef Markus Ewald im Fokus
Veröffentlicht:21.10.2013, 18:50

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Das 14-Nothelfer-Debakel ist aufgeklärt – trotzdem dominiert das Unverständnis über das kollektive Versagen in der Weingartener Krankenhauskrise. Das legen die Zuschriften nahe, die bei der Schwäbischen Zeitung zum Thema eingegangen sind. Hier lesen Sie Auszüge aus den Beiträgen, die SZ-Leser gemailt haben.

Einer, der das 14 Nothelfer aus nächster Nähe kennt, ist Gerd Gerber . In die Amtszeit des früheren Oberbürgermeisters von Weingarten fällt die Gründung der 14-Nothelfer-GmbH. „Mich berührt die aktuelle Diskussion in besonderer Weise“, schreibt er. Er nennt Aspekte, die wichtig seien, um die Ereignisse zu beurteilen. Er glaubt nicht, dass das Haus heute wirtschaftlich gesund dastünde, wenn die Schieflage früher erkannt worden wäre. Wichtige Rahmenbedingungen lägen leider nicht in der eigenen Hand. „Insbesondere die Vergütungsmöglichkeiten kleinerer Häuser sind nach dem neuen Krankenhausfinanzierungssystem bedeutend schlechter geworden, was auch ein Blick auf andere kommunale Häuser dieser Größenordnung zeigt.“ Zudem habe man die Händen nicht in den Schoß gelegt. Kooperationen und der Bau des Ärztehauses seien dafür der Beleg. Das Haus sei mit Eigenmitteln der Stadt und mit Landesförderung baulich und medizinisch auf den neusten Stand gebracht worden, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Dann sei es zu Verlusten im operativen Ergebnis gekommen. Dass die Stadt das Krankenhaus mitfinanziert habe, sei in der Stadt akzeptiert gewesen: Dafür habe man ein Haus mit hervorragendem Ruf erhalten, „ein wichtiger Beitrag zur sozialen Infrastruktur der Region“, so Gerber. Es sei klar gewesen, dass es jedoch finanzielle Grenzen geben musste, vor allem vor dem Hintergrund, was Weingarten leisten kann und der Tatsache, dass die Stadt nicht zum Betrieb des Hauses verpflichtet war. Nun sei die Grenze deutlich geworden, aber der städtische Betirag sei nicht vergebens gewesen, wenn das Haus in anderer Trägerschaft erhalten bleibe.

In den Leserzuschriften ist mehrfach vom „Anstand“ die Rede – und damit verbunden die Forderung nach dem Rücktritt von Oberbürgermeister Markus Ewald . „Wenn die Aufsichtsräte und der Vorsitzende Anstand haben, dann treten Sie zurück“, schreibt Gisela Seibold aus Blitzenreute. „Normalerweise sollten sie die erhaltenen Gelder der ganzen letzten Jahre zurückzahlen müssen, da sie ihre Arbeit nicht gemacht haben und somit die Hauptschuld tragen“, findet sie. Und stellt die Frage: „Für was braucht man Aufsichtsräte sowie einen Vorsitzenden, wenn sie nur Geld für nicht geleistete Arbeit kassieren?“ Dem ehemaligen Geschäftsführer alle Schuld in die Schuhe zu schieben, findet sie unfair. „Zweifelsfrei hat er die meiste Schuld dran, jedoch nicht alle.“ Wenn die Aufsichtsräte samt Vorsitzendem ihre Arbeit nicht gemacht hätten, wären die Fehler schon im ersten Jahr gefunden worden und nicht erst nach Jahre. „Somit hätte der größte Schaden verhindert werden können.“

Auch im Internet fordert ein Leser Konsequenzen. Nutzer „ Fred “ kommentiert: „Wer einer Stadt in seiner Regentschaft solch ein finanzielles Ei legt, der sollte zurücktreten! Das ist eine Frage des Anstands!“ In Weingarten seien 26 Millionen Euro „einfach so verpufft“. Niemand habe mehr einen Nutzen von diesem Geld, es ist im Wesentlichen einfach weg. Der Nutzer schreibt: „Und der letztendlich verantwortliche Herr Ewald tut so, als ginge ihn das alles nicht an. Axel Müller hat recht, hier sind Konsequenzen gefragt!“

Ewald steht auch aus Sicht von Peter Stritzel aus Weingarten im Mittelpunkt der Misere: „Natürlich hat der Aufsichtsratsvorsitzende die sachliche und politische Verantwortung – also Herr Ewald, der im Übrigens seine Versprechen in punkto Bürgerinformation und Offenheit auch nicht immer eingehalten hat.“ Er bezieht sich auf die Beteiligungsberichte, die von 2006 bis 2010 nicht erstellt wurden.

Für Robert Kinzelmann aus Baienfurt mutet es seltsam an, „wenn ein Profi und studierter Betriebswirt die persönliche und politische Verantwortung, die er in seiner Funktion unter anderem als Aufsichtsratschef des 14-Nothelferkrankenhauses zu ziehen hätte, mit Fahnenflucht bezeichnet.“ Aber nicht nur den Oberbürgermeister kritisiert er: „Auch die Kämmerei, die das Sonderkonto Krankenhaus führt, hat einen wesentlichen Beitrag zur Misere geleistet.“ Da passe es auch ins Gesamtbild, wenn Aufsichtsratsmitglieder davon sprechen, dass ein früheres Bemerken der Missstände nichts an der finanziellen Situation des Krankenhauses geändert hätte. „Man braucht also keine genaue Kontrolle, da diese ja nichts geändert hätte, wäre dann das Fazit. Wozu haben sich diese Stadträte dann als Aufsichtsräte des Krankenhauses zur Wahl gestellt, wenn es nichts bringt, außer eines weiteren Titels?“ Auch die „Aussage des Konstrukteurs der KrankenhausGmbH, er könne mit der Kritik nichts anfangen“ passe, wo fast niemand eine Schuld bei sich sehe oder suche. Konsequent sei nur Axel Müller gewesen, der den Aufsichtsrat verließ. Kinzelmann: „Alle anderen stecken nur den Kopf in den Sand.“

Dass sich Weingarten von dieser Finanzmisere langfristig nicht erholen wird, befürchtet Franz Harder aus Weingarten. „Wann kommen für uns Bürger weitere Steuererhöhungen?“, fragt er. „Mit meinen 78 Jahren habe ich ein solches Ereignis zum ersten Mal erlebt, und war für mich kaum nachvollziehbar, wie Volksvertreter oder dessen Bevollmächtige mit unseren Steuergeldern in den letzten fünf Jahren umgegangen sind.“ Weil bis jetzt von den Verantwortlichen niemand von Rücktrittsabsichten sprechen wolle, stelle sich die Frage, ob nach Ende der jeweiligen Legislaturperioden dieselben Personen für die Bevölkerung noch vertretbar seien. „Übereinstimmend würden diese Volksvertreter in der freien Wirtschaft nicht weiterbeschäftigt“, ist sich Harder sicher.

Kurz und bündig bringt es Internetnutzer „ baynaz “ im Forum von schwäbische.de auf den Punkt: „Ewald und Kämmerer, zurücktreten!“