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Goce ist auf dem Weg zurück zur Erde

Immenstaad / Lesedauer: 3 min

Schwerefeld-Mission nach vier Jahren beendet – Astrium-Satellit geht der Sprit aus
Veröffentlicht:21.10.2013, 18:48

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Goce, gewissermaßen der Ferrari unter den Satelliten, hat keinen Sprit mehr. Weil es im Weltraum keine Tankstelle gibt und seine Lebendauer ohnehin abgelaufen ist, hat die europäische Weltraumorganisation ESA am Montag die Mission zur Vermessung des Schwerefelds der Erde für beendet erklärt. Ein weltweit tätiges Team von Experten überwacht nun den weiteren Flug von Goce und berechnet den Wiedereintritt des Satelliten in die Erdatmosphäre. Das dürfte in den ersten Novemberwochen der Fall sein.

Wegen seiner schnittigen Form und den rot angestrichenen Elementen hat Goce den Beinamen des italienischen Sportwagenherstellers bekommen. Mit dem Spielzeug für Männer hat Goce allerdings nur wenig gemein. Der Satellit hatte in den vergangen vier Jahren ein Auge darauf, was ein Leichtgewicht wie einen Ferrari auf der Straße hält und es einem Jumbo-Jet schwermacht, abzuheben. Es ist die im Erdinneren erzeugte Schwerkraft. Wie sie rund um den Globus verteilt ist und welche Auswirkungen sie etwa auf die Meeresströmungen hat, lässt sich mit einem im All stationierten Messgerät am besten feststellen. Diese Aufgabe hat der Satellit seit seinem Start am 17. März 2009 bravourös gemeistert.

Jetzt ist aber Schluss. Der Abstieg von Goce aus seiner Flughöhe von 224 Kilometer begann am 18. Oktober. An diesem Tag hat das Goce-Flugkontrollteam noch 350 Gramm Wasserstoff im Tank und einen Druck unter 2,5 bar gemessen. Damit lasse sich die Flughöhe nicht mehr aufrechterhalten. Noch ein etwa zwei Wochen könne der Satellit zwar Daten empfangen und absetzen, dann werden die Umgebungsbedingungen derart unwirtlich, dass die Systeme zusammenbrechen, teilt ESA mit.

Nach einer Betriebsdauer von vier Jahren habe der Satellit seine Lebenszeit bereits um mehr als das Doppelte überschritten. Für die Ingenieure von Astrium in Immenstaad ein erfreulicher Umstand. Sie haben die Plattform und den Antrieb von Goce gebaut. Nun wird es spannend, wann das rund 1,2 Tonnen schwere und fünf Meter lange Gerät abstürzt. Zu einem großen Teil werde der Satellit beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühen, heißt es in einer Mitteilung der ESA. Dennoch sei damit zu rechnen, dass kleinere Teile die Erdoberfläche erreichen. Wo diese Teile auf der Erde auftreffen, könne noch nicht vorhergesagt werden. Dies hänge stark von der Sonnenaktivität und der Dichte der Atmosphäre ab. Mit dem Näherrücken des Wiedereintritts in die Erdatmosphäre werde der betroffene Bereich jedoch genauer eingegrenzt.

Seit März 2009 umkreist der Satellit die Erde auf 255 beziehungsweise 224 Kilometer und damit der niedrigsten Umlaufbahn, auf der ein Forschungssatellit je flog. Sein Gradiometer – ein Präzisionsinstrument zur Messung des Schwerefelds in 3D – war das erste in den Weltraum gestartete Instrument dieser Art. Es hat die Veränderung des Schwerefelds der Erde mit bisher unerreichter Detailtreue aufgezeichnet. Das Ergebnis ist ein einzigartiges Geoid-Modell, das im Wesentlichen die Form eines idealen globalen Ozeans im Ruhezustand aufweist und damit für Präzisionsmessungen der Ozeanströmungen und der Veränderung des Meeresspiegels maßgeblich ist.

„Das Ergebnis ist fantastisch. Wir haben die genauesten Schwerefelddaten erhalten, die Wissenschaftlern je zur Verfügung standen. Dies allein zeigt, dass Goce jede Anstrengung wert war. Und noch immer ergeben die Auswertungen neue wissenschaftliche Ergebnisse“, so Volker Liebig, ESA-Direktor für Erbbeobachtungsprogramme. Die Entwicklung des Satelliten, an der 45 europäische Industriepartner beteiligt waren, kostete nach Angaben der ESA rund 300 Millionen Euro.