StartseiteRegionalRegion AllgäuWangen„So nicht“: BI formiert sich gegen Siedlungsbau

Siedlungsbau

„So nicht“: BI formiert sich gegen Siedlungsbau

Wangen / Lesedauer: 6 min

Initiative von Bürgern aus Haid und Wittwais will keine mehrstöckigen Häuser und Sozialwohnungen
Veröffentlicht:15.02.2017, 19:19

Von:
Artikel teilen:

Im August vergangenen Jahres hatte der Wangener Architekt Michael Scheidler Vorschläge für Siedlungswohnungsbau auf der Freifläche zwischen Haid und Wittwais auf den Tisch gelegt. Die damals in einem Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“ veröffentlichte Idee ruft Widerstand in der Anwohnerschaft hervor: Eine Bürgerinitiative hält die von Scheidler skizzierten und dessen Berufskollegen Matthias Vetter unterstützten Vorstellungen an dieser Stelle für unpassend und überdimensioniert.

„Wangen ist eines der schönsten Städtchen Deutschlands, das möchte ich erhalten“, sagt Heinz Philipps , der am Mittwoch zusammen mit seinem Mitstreiter Karl Brilisauer die BI „So-nicht-baugebiet-wittwais-haid.de“, deren Argumente und Alternativvorschläge vorstellte. Beide bekunden, die BI bestehe aus einem harten Kern von acht Personen sowie etwa 70 Interessenten – zumeist aus den beiden benachbarten, vor allem von Einfamilienhäusern geprägten Wohngebieten.

Und diese wenden sich gegen die aus ihrer Sicht für die Örtlichkeit zu groß angelegten und falschen Vorschläge Scheidlers. Die sehen auf dem von Haid, Wittwais und Gesundheitszentrum-Parkplatz eingerahmten, etwa zwei Hektar großen Gebiet größtenteils Bauten mit zwei bis drei Vollgeschossen für rund 130 Menschen vor. Zu Teilen könnten diese Sozialwohnungen beinhalten. Hinzu kämen in der Mitte des Areals, so die Idee des Architekts, zwölf Reihenhäuser und ein mehrgeschossiges, automatisch betriebenes Parkhaus auf der bestehenden Stellfläche am Gesundheitszentrum.

„Bestechende Idee, falscher Ort“

Grundsätzlich sagt Karl Brilisauer zu den Vorstellungen: „Die Idee ist bestechend, wir halten sie an dem Ort aber für ungeeignet.“ Baulich, weil die Scheidler-Pläne und die hinter der Oderstraße bestehenden oder sich in der Bauendphase befindlichen acht Mehrfamilienhäuser der Baugenossenschaft Wangen die bestehenden Einfamilienhäuser in der Höhe deutlich übertreffen und quasi einquetschen würden. Auch Richtung Haid passt nach Ansicht von Philips und Brilisauer – sie selbst leben in der Oder- beziehungsweise in der Maria-Catharina-Reich-Straße – Geschosswohnungsbau nicht zum bestehenden Wohngebiet.

Wegen der zahlreichen möglichen zusätzlichen Einwohner prognostizieren sie auch zunehmende Verkehrsprobleme in dem gesamten Gebiet: „In den Hauptgeschäftszeiten hat man jetzt schon Schwierigkeiten durchzukommen. Der Norden Wangens hat die höchste Anzahl an Fahrzeugbewegungen in der Stadt“, so Philipps. Zumal die Geräuschbelästigung zunehmen werde. Dies zeige sich bereits jetzt in der Wittwais an den BG-Gebäuden: „Wir haben gemerkt, dass der Lärmpegel gestiegen ist“, sagt Heinz Philipps, der aber bewusst Zusatzfaktoren durch die aktuelle Baustelle ausklammern will.

Zu viele Sozialwohnungen

Auch halten sie die Idee des Baus zahlreicher möglicher Sozialwohnungen für falsch. Die Architektenpläne seien für Wangen „über den Bedarf hinaus“ angelegt. Deshalb entstehe eine Sogwirkung mit entsprechenden Zuzügen von außen. In der Folge befürchteten sie zahlreiche Zu- und Wegzüge und deswegen eine mangelnde soziale Bindung zu den jetzt dort lebenden Menschen und daraus entstehende Probleme für den Haushalt der Stadt. In der Summe ergäben sich „sozial schlechtere Verhältnisse für die Bürger“.

Die BI wirft weitere Argumente in die Waagschale: Starker Zuzug mache einen Kindergarten nötig. Der von Michael Scheidler vorgesehene Siedlungsbau versperre den Bau möglicher späterer Verkehrsverbindungen, sollten Haid und Wittwais irgendwann – wie im Stadtentwicklungskonzept grob vorgesehen – einmal Richtung Berger Höhe und Nieratz weiter wachsen. Und auch um das Mikroklima und um die Grundstückswerte in den vorhandenen Gebieten macht sich die BI Sorgen. Die Quintessenz von Heinz Philipps lautet daher: „Wir können die Verwaltung nur davor warnen, so etwas zu machen.“ Und Karl Brilisauer ergänzt: „Der Geschosswohnungsbau wäre eine Ohrfeige für uns.“

Deshalb kündigen die Mitglieder der Initiative für die nähere Zukunft an, das Gespräch mit der Stadtverwaltung und den Gemeinderatsfraktionen zu suchen. Wobei sie sich nicht als generelle Verhinderer sehen: Zum einen, weil sie akzeptieren, dass in dem fraglichen Areal zwischen Haid und Wittwais einmal ein neues Baugebiet entstehen soll. Auch gegen die Ende 2015 von der Stadtverwaltung ins Gespräch gebrachten Einfamilienhäuser hätten sie nichts. „Wir haben keinen Anspruch auf schöne Aussicht“, sagt Karl Brilisauer. „Aber wenn man alles zubaut, leidet unser schönes Wangen ganz erheblich.“

Wohnungsnot keine Frage

Zum anderen, weil „die Wohnungsnot nicht von der Hand zu weisen ist“. Deshalb haben sie Vorschläge für Räume, in denen sozialer Wohnraum entstehen könnte: das Dachser-Gelände, die „Lau“ im Waltersbühl 7, die als Waldner-Parkplatz genutzte Brache in der Karl-Hirnbein-Straße 13 oder das noch freie Gelände neben dem Aufwind-Haus in der Maria-Catharina-Reich-Straße .

Zudem bringen sie die Ausrüstung ins Gespräch und das derzeit von Flüchtlingscontainern belegte Areal an der Zeppelinstraße. Den dort geplanten Zentralen Omnibisbahnhof könne man laut Brilisauer und Philipps mit Wohnungsbau kombinieren. Außerdem verweisen sie auf die geplanten Bebauungen im Bereich Auwiesenweg/Südring sowie bei der Spinnerei. Philipps dazu: „Wir sagen nicht nur nein, sondern wir sagen auch: Guckt mal!“

In die Diskussion einbringen

Gleichwohl ist es bereits gut sechs Monate her, dass die Architekten Michael Scheidler und Matthias Vetter ihre Vorstellungen von Wegen aus dem Wohnraummangel publik machten – die Idee von der Siedlung zwischen Haid und Wittwais inklusive. Dass die BI erst jetzt öffentlich auf den Plan tritt, hat nach Angaben von Karl Brilisauer und Heinz Philipps aber Gründe: Seinerzeit seien die Ideen „ein Schock“ gewesen. Seither habe man Stimmungen gesammelt. Außerdem hat sich die BI mit Plänen und Baurecht beschäftigt. Der jetzige Zeitpunkt sei auch günstig, da die politische Debatte über die Art der Bebauung zwischen Haid und Wittwais noch nicht begonnen habe. „Wir wollen frühzeitig mitgestalten“, sagt Philipps. Denn wenn erst einmal ein Bebauungsplan zur Entscheidung vorläge, hätten sich die Meinungen bereits gebildet.

An diesem Prozess will sich die BI jetzt beteiligen: „Wir wollen in die politische Diskussion kommen“, erklärt Philipps. Und Brilisauer kündigt an: „Wir werden kämpfen.“

Fahrplan der Stadt

Für 2019 plant die Stadt den Verkauf der fraglichen, in städtischer Hand befindlichen Grundstücke zwischen Haid und Wittwais. Dies wurde bei der jüngsten Gemeinderatssitzung bekannt. Zuvor muss ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Das heißt: Noch ist nichts entschieden, was Art, Form und Größenordnung der Bebauung angeht. Bevor die Architekten Michael Scheidler und Matthias Vetter im August 2016 ihre Ideen vorstellte, hatte die „Schwäbische Zeitung“ Ende 2015 über die groben damaligen Vorstellungen der Stadt berichtet. Seinerzeit hieß es , dass dort theoretisch Platz für 15 bis 30 Einfamilienhäuser sei.

Weitere Infos zur BI: www.so-nicht-baugebiet-wittwais-haid.de