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Brenzliger Zwischenfall in der Manege: Jetzt spricht der Zirkusdirektor

Ravensburg / Lesedauer: 5 min

Nach Zwischenfall mit Pferd im Ravensburger Weihnachtszirkus äußert sich der Direktor zur Aufarbeitung
Veröffentlicht:30.12.2022, 12:00

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Der Ravensburger Weihnachtszirkus spielt seit 15 Jahren auf dem Oberschwabenhallenplatz – in dieser Saison ist es erstmals zu einem unvorhergesehenen Zwischenfall mit einem Pferd gekommen, das aus der Manege gesprungen ist. Verletzt wurde niemand. Der Zirkus hat den Fall aufgearbeitet, wie Direktor Elmar Kretz auf Anfrage der „ Schwäbischen Zeitung “ gut eine Woche später erklärt. Das Pferd Taifun ist auch weiterhin im Einsatz.

„Ich war selber schockiert“, sagt Elmar Kretz rückblickend, der die Pferdedressur im Zirkus vorführt. „Gott sei Dank ist nichts Schlimmes passiert.“

So schildert der Zirkusdirektor den Fall

Am Samstag vor Weihnachten , es ist die Abend-Vorstellung, verlässt ein Pferd während der Nummer die Manege – eine Zuschauerin, die sich an die „Schwäbische Zeitung“ wandte, war überzeugt: Wäre beim Sprung des Pferdes jemand von den Hufen getroffen worden, hätte das lebensgefährliche Verletzungen nach sich gezogen.

Sie wolle wissen, was zur Vermeidung solcher Unfälle getan werde. Sie ist nicht die einzige, die sich bei der Redaktion gemeldet hat.

Im Zirkus hat man den Fall aufgearbeitet, wie Zirkusdirektor Kretz sagt. Er habe nach der Vorstellung mit Besuchern gesprochen, die am nächsten dran waren, und sich den Vorfall aus verschiedenen Blickwinkeln im Zirkuszelt schildern lassen. Was für ihn am wichtigsten ist, das wiederholt er mehrmals:

„Das Pferd ist nicht durchgegangen.“

Stattdessen stellt sich der Vorgang für ihn so dar: Das Pferd sei etwas zu schnell galoppiert, sei deshalb mit dem rechten Vorderfuß auf die Umrandung der Manege gekommen und dann mit beiden Füßen darüber hinweg nach draußen gerutscht. Daraufhin habe das Pferd seine Hinterfüße mit „einem Hopser“ nachgezogen und stand dann außerhalb der Manege.

Kretz lobt die Ruhe des Pferdes

Das Pferd sei dann vor etwa zehn Logenplätzen vorbei in den Gang zwischen Loge und Tribüne gelaufen, aus der sei schließlich eine Frau aufgestanden, die sich vermutlich mit Pferden auskenne, und habe das Tier am Halfter gehalten. Dann habe er es übernommen und nach draußen geführt. Die Vorstellung wurde fortgesetzt.

 Milena Kretz bei ihrer Pferdedressur – auf dem Bild ist die Manegenumrandung gut zu sehen, über die ein Pferd bei einer anderen Nummer laut Elmar Kretz mit dem rechten Vorderhuf hinweggerutscht ist.
Milena Kretz bei ihrer Pferdedressur – auf dem Bild ist die Manegenumrandung gut zu sehen, über die ein Pferd bei einer anderen Nummer laut Elmar Kretz mit dem rechten Vorderhuf hinweggerutscht ist. (Foto: Siegfried Heiss/Schwäbische.de)

Aus der Loge habe ihm ein Vater mit Kind gesagt, dass das Pferd sie trotz nur 70 Zentimetern Platz im Vorbeigehen nicht einmal berührt habe. Für Kretz steht fest, dass dem Pferd „ein Missgeschick“ passiert sei. „Es ist verrückt, dass das Pferd in der Lage war, sich so zu bewegen, dass es niemanden verletzt hat. Pferde sind hochsensibel“, so Kretz. Auch das Pferd habe sich nicht verletzt.

Zurückhaltung in folgenden Vorstellungen

Es handele sich um Taifun , elf Jahre alt, der schon seit seinem vierten Lebensjahr bei Kretz im Zirkus auftritt.

„Er ist ein älteres Pferd und schon lange bei uns, vielleicht war er auch deshalb so ruhig“, mutmaßt Kretz. Schon in der nächsten Vorstellung sei er wieder aufgetreten. Für Taifun sei das kein Problem gewesen. „Pferde haben ein schlechtes Kurzzeitgedächtnis“, sagt Kretz.

Er selbst habe bei der Pferdenummer das Problem gehabt, dass er in den folgenden Vorstellungen „unvorstellbar verhalten“ gewesen sei und sich beim Galopp der Pferde gedacht habe: „Oh, langsam!“

Daraufhin habe ihm sein Team zu verstehen gegeben, dass er zur alten Präsenz in der Manege zurückkehren müsse, um den Tieren wie gewohnt zu vermitteln: „Ich bin da.“ Das habe dann auch wieder geklappt.

Offene Kommunikation zu dem Fall

Kretz geht im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“ sehr offen mit dem Vorkommnis um. Schutzgitter oder Scheiben werde er jetzt nicht beschaffen. „Es gibt keinen besseren Schutz als Training“, sagt er. Bei Tiernummern habe er Mitarbeiter im Publikum, die einschreiten, wenn jemand stört oder in die Manege laufen will, was beides die Pferde erschrecken könnte.

Auf die Frage, ob die Pferde sediert seien, um den Stress auszuhalten, sagt Kretz, dass auch er das in Bezug auf die Teilnahme von Pferden an Festzügen immer wieder höre, aber nicht wisse, ob das stimme. Bei ihm bekämen die Pferde keine Medikamente vor der Vorstellung.

„Wenn ich die sedieren würde, könnten die ihre Arbeit nicht machen.“

Elmar Kretz

Den Nervenkitzel im Zirkus gibt es vermutlich nicht ohne die Gefahr, die dabei mitschwingt. Kretz sagt: „Unfälle können immer passieren. Aber was wir machen, ist verantwortbar.“ In Bezug auf die Artistennummern sagt er, dass vor Beginn der Spielzeit der TÜV und das Bauamt kämen, um ihr Okay zu geben. Der Zirkus brauche eine ausreichende Haftpflichtversicherung, um überhaupt spielen zu dürfen. Und jedes Pferd sei versichert, nicht nur wegen der Zirkusauftritte, sondern auch für den denkbaren Fall, dass es von der Koppel im Allgäu ausbüxe und etwas passiere.

Das Publikum strömt dieses Jahr geradezu ins Zirkuszelt, wo 1150 Zuschauer Platz finden. Kretz berichtet, dass die elf angesetzten Zusatzvorstellungen in Kürze ausverkauft gewesen seien. Noch im Vorjahr waren die Kapazitäten aufgrund der Corona-Pandemie begrenzt. Die Nachfrage sei außergewöhnlich. „In diesem Jahr holen alle den Zirkusbesuch nach“, so Kretz.