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Wie die Rapper Bonez MC und RAF Camora die Oberschwabenhalle „abreißen“

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Deutschrapper „Bonez MC“ und „RAF Camora“ füllen die Oberschwabenhalle
Veröffentlicht:20.02.2019, 18:38

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Die beiden Deutsch-Rapper Bonez MC und sein Kumpel RAF Camora haben am Dienstagabend auf ihrer „Palmen aus Plastik 2“-Tour die Oberschwabenhalle abgerissen. Im übertragenen Sinne natürlich. Obwohl. Die 6000 Fans sorgten nämlich in und vor der Halle für deutlich mehr Reinigungsbedarf als sonst nach einem Konzert. Der Erfahrungsbericht einer nicht mehr ganz zielgruppengemäßen Besucherin, die nur und ausschließlich um ihrer zwölfjährigen Tochter Willen die Tickets organisiert hat.

19 Uhr: Die metallenen Absperrgitter vor der Haupttüre zur Halle hängen leicht schräg. Die geballte Masse an Kindern und Jugendlichen, die sich schon nachmittags am Eingang zur Oberschwabenhalle gedrängt hat, scheint durstig gewesen zu sein. Überall liegt Unrat. Tetrapacks. Becher. Eine Literpulle Jägermeister . Zeugen einer Vorglüh-Orgie. Am Rand hat eine ältere Frau zwei Einkaufswagen deponiert, in denen sie Pfandflaschen sammelt. Von drinnen dröhnt der Bass. Das Konzert soll um 19 Uhr beginnen. Eine kinderfreundliche Zeit, schließlich müssen die meisten der Besucher morgen wieder zur Schule.

19.55 Uhr: Eins-acht-siiiiieeeben skandiert es aus 6000 Kehlen in der dunklen Halle, die von grünen und weißen Verfolgern zerhackt wird. Einer La-Ola gleich fluten die Sprechchöre immer wieder an. Zwar haben die Vor-Acts „Joshi Mizu“ und „Gallo Nero“ schon ordentlich Dezibel auf die Boxen geben lassen, haben von Chardonnay und Portemonnaie gerappt, von Party, Drogen, Spielsucht und dem Audi Coupé – aber die Fans sind eindeutig wegen „Bonez“ und seiner „187 Straßenbande“ da.

Weiße, flüchtige Schwaden

Durch die Halle zieht ein schwerer Geruch und als weiße, flüchtige Schwaden über den jungen Köpfen hängt, ist klar: Hier wird gekifft. Und auch geraucht, was die Kippen hergeben. Direkt an der Seitentür zum Foyer bleibt ein junges Mädchen stehen und übergibt sich. Hoffentlich hat sie nur ein schlechtes Fischbrötchen gegessen.

20 Uhr: John-Lorenz Moser, wie der 33-jährige „Bonez“ mit bürgerlichem Namen heißt und der Wiener Rafael Ragucci alias „RAF Camora“ lassen auf den haushohen Videoleinwänden einen Countdown einblenden. Dann blasen die beiden Deutschrapper mit Songs wie „Prominent“ oder „500 PS“ den Kindern Liedzeilen über Influencer- Schlampen und Bastarde, über Koks und Kampfhunde um die Ohren. Der Beat ist treibend. Herzschlaggleich. Unterlegt mit Reggae-Rhythmen. Ein bisschen Dancehall. Gut gemixt mit Hip-Hop. Eigentlich ein Sound, zu dem sich gut grooven ließe. Allein: Die Fans bewegen sich wenig. Weil die meisten ihre Handys in die Luft halten, um für ihre Homies Fotos zu machen.

21 Uhr: Der Griff in den Jogginghosen-Schritt und der Goldkette-über-Pullover-Style der Jungs auf der Bühne ist keinen Aufreger wert. Damit haben vor ihnen schon Künstler wie Michael Jackson die Eltern der Eltern in kurze Empörung versetzt. Geschenkt. Auch an den Grillz (einer Art Zahnspange mit Goldschmuck) mit denen John-Lorenz ähem Bonez in die Menge lacht, stört sich keiner. Vermutlich will der Hamburger seinen 1,7 Millionen Followern auf Instagram lediglich zeigen: Schaut her, Brackets können krass gut aussehen. Ein weiteres Sponsoring mit Brightsmile könnte folgen. Immerhin stattet Nike die komplette Gang mit Klamotten und Schuhen aus. Vor Konzertbeginn hat man die Rapper mit einem auberginefarbenen Panamera vom örtlichen Porschehändler durchs Schussental cruisen sehen.

Wodka-Flaschen sind leer

22 Uhr: Kurz vor Schluss des Konzerts sind die Wodka-Flaschen leer, die die Künstler von einer rolex-geschmückten Hand zur anderen haben wandern lassen. Dafür hat endlich ein Joint die Bühne erreicht. RAF und Bonez setzen sich unter ihr Markenzeichen, die deckenhohe Palme - und ziehen einen durch. Ein aufblasbares Krokodil, in dessen Maul die komplette Crew essen könnte, glotzt in die Menge. Die tobt. Atmet im Takt mit den Beats. Will eigentlich nicht nach Hause. Dabei warten draußen im Dunklen vor der Halle die Eltern, die entsetzt bis besorgt auf den Müll blicken, hastig ihre Kinder einsammeln und vermutlich in der Familienkutsche zu den mit Platin und Gold ausgezeichneten Songs „Risiko“ oder „Kokain“ werden nachglühen müssen.