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Volkstrauertag

Wie der Krieg Rolf Schramms Leben ein jähes Ende setzte

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Als er vom ersten Einsatz nach Weißenau zurückkehrte, heiratete er – Dann musste er im Baltikum erneut in den Krieg ziehen
Veröffentlicht:15.11.2013, 14:50

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In Ravensburg wird am Volkstrauertag (Sonntag) der Millionen Opfer der Weltkriege gedacht. Auch wenn der Beginn des Zweiten Weltkriegs bald 75 Jahre zurückliegt, die Schicksale der gefallenen und vermissten Brüder, Männer und Väter sind bis heute im Leben vieler Familien präsent und mahnen daran: nie wieder Krieg. So auch das Schicksal von Rolf Schramm.

Rolf Schramms Bruder Helmut ist 93 Jahre alt. Anhand von Fotos und gestützt auf sein waches Erinnerungsvermögen erzählt er vom Schicksal der vier Gebrüder Schramm aus Weißenau im Zweiten Weltkrieg, in der Kriegsgefangenschaft und in der Nachkriegszeit. In Weißenau wuchsen die vier Brüder Willi (geboren 1916), Helmut (geboren 1919), Rolf (geboren 1921) und der Nachzügler Gerhard (geboren 1925) als Kinder des Bleichereiarbeiters Wilhelm Schramm und seiner Frau Luise in einem behüteten Elternhaus auf, gingen dort zur Schule. Danach absolvierte Rolf eine Malerlehre und fand eine Anstellung bei den Maybach-Werken in Friedrichshafen, Helmut selbst lernte Kaufmann. Mit Kriegsbeginn im September 1939 endete das bürgerliche Leben der Familie Schramm, Zukunftspläne blieben auf der Strecke.

Heirat in der Liebfrauenkirche

Der älteste Sohn Willi wurde zur Luftwaffe eingezogen. Helmut selbst musste 1940 ebenfalls zur Luftwaffe, wurde für den Luftwaffen-Nachrichtendienst ausgebildet. Von August 1940 bis September 1944 war er im besetzten Frankreich als Unteroffizier eingesetzt, geriet schließlich in amerikanische Kriegsgefangenschaft, wurde von dort nach England transportiert und konnte im März 1948 nach Weißenau heimkehren. Sogar der jüngste Sohn Gerhard wurde noch Ende 1944 zur Panzertruppe eingezogen und wurde beim Rückzug verwundet. Trotz Verwundungen und Gefangenschaft stand den drei Brüdern in der Nachkriegszeit eine Zukunft bevor. Dies galt nicht für ihren Bruder Rolf.

Er wurde mit knapp 22 Jahren 1942 zum Heer eingezogen und als Infanterist ausgebildet. Von Anfang an war er in den Osten abkommandiert, im sogenannten Russlandfeldzug eingesetzt: in Stalingrad 1942/43 und Kursk 1943. Unbeschadet im Juni 1944 aus Russland zurückgekehrt, heiratete er in seinem letzten Fronturlaub in der Liebfrauenkirche und hoffte auf ein baldiges Kriegsende. 1944 kam Rolf Schramm in die Heeresgruppe der „Kurlandkämpfer“, die das Baltikum und die vorgelagerten Inseln gegenüber der Roten Armee halten sollten. 700 000 Soldaten wurden eingeschlossen, ihr Ausharren hatte militärisch keinen Sinn mehr. Die Rote Armee stürmte mit immer neuen Kräften an. Rolf Schramm wurde ab dem 7.11.1944 vermisst. Für die ganze Familie begann eine Zeit des Hoffens und Bangens. Nachdem über Jahre kein Lebenszeichen von ihm kam, wurde der Tod für die Angehörigen zur Gewissheit. Als junger Soldat im 24. Lebensjahr stehend, hatte er sein Leben in einem sinnlosen Krieg gelassen.

In seinem Elternhaus hingen sein Soldatenbild und sein Hochzeitsbild zur Erinnerung und zum Gedenken. Heute hält sein Bruder Helmut die Erinnerung an den gefallenen Bruder wach. Der Suchdienst des VDK (Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge) hat nach dem Fall des „Eisernen Vorhanges“ 1989/90 im Baltikum das Grab von Rolf Schramm gefunden und 1998 auf einer zentralen Kriegsgräberstätte bei der Stadt Soldus (Lettland) seine Gebeine beigesetzt. Dort hat sein Bruder Helmut auf einer VDK-Informationsreise das Grab aufgesucht und Blumen niedergelegt. Zur Erinnerung an seinen gefallen Bruder hat Helmut Schramm hat seinen ältesten Sohn 1952 Rolf genannt.

Erinnerung an die Opfer der Kriege, Versöhnung und Engagement für den Frieden ist Ziel des Volkstrauertages. Zum Volkstrauertag finden am Sonntag um 11.15 Uhr auf dem Ravensburger Hauptfriedhof und um 14.30 Uhr auf dem Westfriedhof Kranzniederlegungen statt.