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Vorbei: Ein Leben mit Drogen und Bulimie

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Anna F. konzentriert sich jetzt auf sich und ihre Tochter – Rat sucht sie bei der Caritas
Veröffentlicht:19.12.2014, 11:15

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Anna F. (Name von der Redaktion geändert) beschreibt ihre Tochter als ängstliches Kind. Sie mache sich viele Sorgen, oft unbegründet. Wenn sie krank ist, glaube sie schnell, dass es etwas Ernstes sei. Vielleicht hat sie dieses Gefühl von ihrer Mutter. Denn Anna F. hat auch Angst: Vor der Zukunft, dass sie das alles nicht schafft. Hilfe und Halt findet sie bei der Caritas .

Momentan leben Anna und ihre Tochter ein geregeltes Leben in einer Gemeinde im Landkreis Ravensburg . Die Kleine geht in die Grundschule, die Mama arbeitet halbtags. Zweieinhalb Zimmer in einem Mehrfamilienhaus haben sie angemietet. Im Leben der kleinen Familie war es allerdings nicht immer so ruhig und beschaulich. Kurz nach der Geburt trennen sich Anna F. und ihr Mann, sie zieht daraufhin mit der Tochter zu ihren Eltern. Diese wollen nur das Beste für ihre Tochter, wollen auch, dass Anna F. ihre Essstörung in den Griff bekommt. „Seit ich 14 war habe ich mich immer nach dem Essen übergeben“, erzählt Anna F. Irgendwann kommen die Eltern an ihre Grenzen, die Wege von Anna F. und deren Eltern trennen sich. Zur gleichen Zeit lernt sie Freunde kennen, die sich in der Drogenszene bewegen. „Damals hab ich das erste Mal Heroin gespritzt“, sagt Anna F. „Ich bin da einfach so reingerutscht.“

Eineinhalb Jahre ist Anna F. drogenabhängig. Ihre Tochter lebt in dieser Zeit beim Vater. Dann schafft sie den Absprung: Sie kann sich von den Drogen losreißen und nimmt Kontakt zu einem Arzt und zur Caritas auf. Seitdem ist sie im Methadonprogramm, täglich nimmt sie ihre Dosis ein. Seit sie clean ist, lebt auch ihre Tochter wieder bei ihr, der Kontakt zum Vater wird dagegen immer weniger. Anna F. bedauert das: „Ich finde es sehr schade, dass sich die beiden kaum sehen.“ Obwohl der Vater den Kontakt sucht, fällt es der Tochter von Anna F. schwer, ihren Platz in der neuen Familie zu finden. Unterstützt werden Anna F. und ihre Tochter seit sie im Methadonprogramm ist von einer Sozialarbeiterin. „Psychosoziale Betreuung heißt das“, erklärt Katrin Loljeet von der Caritas. „Wir kommen zu den Familien nach Hause und schauen, wie wir sie unterstützen können.“ Unterstützung, die ganzheitlich ist. „Wenn zum Beispiel ein Antrag oder ein Behördengang ansteht, kümmern wir uns gemeinsam darum. Aber wir sind auch da, wenn es darum geht, die ganze Familie zu unterstützen“, so Loljeet.

Auch Nachhilfe hat Anna F. mit Hilfe der Caritas beantragt. „Ich mache für mein Kind, was ich kann. Und ich hoffe, dass das reicht“, sagt Anna F. Ihre größte Angst ist, dass ihre Tochter ihr später einmal Vorwürfe macht. Die Angst ist da, obwohl Anna F. alles dafür tut, dass es ihrer Tochter gut geht. Sie hat vor kurzem eine Ausbildung als Jahrgangsbeste abgeschlossen und wenn sie abends arbeiten muss ist ihre Mutter für die Kleine da. Sie bemüht sich, gesund zu kochen, sie unterstützt die Tochter darin, Hobbys nachzugehen.

Trotz allem fühlt sich Anna F. nicht wohl, ihre tägliche Methadondosis will sie noch nicht verringern. Sie ist momentan stabil, hat auch kein Verlangen nach Drogen – Momentan fühlt sie sich aber noch nicht bereit ohne Unterstützung durch die Substitution mit ihrer Abhängigkeitserkrankung zu leben. Ihre Tochter weiß, dass ihre Mutter bereits einiges durchgemacht hat. Letztens habe sie gesagt: „Mama, als ich beim Papa gewohnt habe, da ging es dir nicht so gut, oder?“ Anna F. wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Sie weiß nur, dass sie ihrer Tochter irgendwann erzählen muss, was damals mit ihr los war. „Vielleicht“, so sagt sie, „ist das dann ein Anreiz für sie, es einmal besser zu machen, wenn sie selbst erwachsen ist.“

Anna F. benötigt derzeit vor allem ein neues Schlafsofa für die kleine Wohnung, denn das alte ist durchgelegen und Anna F. plagen Rückenschmerzen. Die Caritas greift ihr dabei finanziell unter die Arme. Für solche Anschaffungen braucht es unbürokratische Hilfe und Menschen, die solche Hilfen möglich machen. Ein Online-Spendenformular und weitere Hintergründe zur Aktion „Helfen bringt Freude“ gibt es unter: www.schwaebische.de/helfen-bringt-freude