StartseiteRegionalOberschwabenRavensburgWirte wünschen sich für Veitsburg tragfähiges Konzept

Gastronomie

Wirte wünschen sich für Veitsburg tragfähiges Konzept

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Bekannte Ravensburger Gastronomen sagen: Lieber Leerstand als eine überstürzten Schnellschuss
Veröffentlicht:17.08.2018, 17:40

Artikel teilen:

Keine vorschnelle Lösung, sondern lieber ein gutes, tragfähiges Konzept für die zukünftige Gastronomie auf der Ravensburger Veitsburg wünschen sich andere bekannte Gastwirte der Stadt. Der bisherige Pächter macht das Lokal zum Ende des Jahres dicht.

Die Stadt als Eigentümer sollte sich Zeit nehmen, um auf der Veitsburg einen langfristig erfolgreichen Neuanfang zu ermöglichen – so die Quintessenz der Gespräche der „Schwäbischen Zeitung“ mit fünf bekannten Ravensburger Gastwirten. Das heißt aber auch, dass die Lokalität nach Ende des bisherigen Pachtverhältnisses über Monate hinweg geschlossen sein könnte.

Zeit scheint vonnöten zu sein. Denn zunächst sollte sich die Stadt darüber klar werden, was man auf der Veitsburg will, bevor man die Pacht ausschreibt, so die Gastwirte unisono. Bisher nämlich sollte die Veitsburg die berühmte eierlegende Wollmilchsau sein: Ein preisgünstiger Biergarten mit schnellem Service bei jedem Wetter, aber auch ein gehobenes Restaurant mit erlesenen Speisen und entsprechendem Ambiente – im Idealfall jeden Tag geöffnet, sei es für spontane Gäste, sei es für geladene Gesellschaften. Eine solche Erwartungshaltung sei aber unrealistisch, meinen die erfahrenen Gastronomen.

Pacht nicht an Höhe des Umsatzes orientieren

Otti Reck-Strehle von der Kuppelnauwirtschaft rät, vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) eine Rentabilitätsprognose erarbeiten zu lassen. Ihr erscheint eine solche Studie auch deshalb wichtig, um im Interesse der neuen Betreiber für klare Rahmenbedingungen zu sorgen. Reck-Strehle hat diesen Vorschlag bereits in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Gemeinderats (Grüne) vorgebracht und ist dabei auf offene Ohren gestoßen.

Manfred Rimpp vom Hotel Obertor empfiehlt, die Stadt solle prüfen, ob die Veitsburg überhaupt wieder verpachtet werden solle, oder ob die Stadt nicht selbst die Verantwortung übernimmt und den Betreiber als Geschäftsführer einer noch zu gründenden Veitsburg GmbH anstellt.

Wenn es dann an die Ausschreibung geht, solle die Stadt – so Claudia Haller-Schuler von der Ratsstube – berechenbare und faire Rahmenbedingungen für die Pacht stellen. Diese dürfe sich nicht an der Höhe des Umsatzes orientieren, da sonst Fleiß und Begeisterung bestraft werden könnten.

Gestaltungsfreiheit für Betreiber

Jürgen Kochendörfer vom „Lüderitz“ rät bei der Vergabe zu Nüchternheit. Weitgehenden Versprechungen von Bewerbern solle man mit Skepsis begegnen. Ihm ist auch wichtig, dass die künftigen Betreiber – auf Basis eines Grundkonzepts – Gestaltungsfreiheit bekommen.

Einig sind sich die Gesprächspartner, dass die künftigen Wirtsleute selbst investieren müssen, um ihre Ideen umzusetzen. Ein Vertrauensverhältnis zwischen Betreiber und Eigner sei unabdingbar, was einschließt, dass es am Anfang auch mal Pannen geben darf. Unerlässlich erscheint allen Gastronomen auch, dass die Gäste bei den Öffnungszeiten Klarheit haben. Denn niemand werde wiederkommen, wenn man auf die Veitsburg steigt und dann vor verschlossenen Türen steht.

Kochendörfer und Reck-Strehle sehen die Nachbarschaft zur Jugendherberge nicht unkritisch. Die Weichen in dieser Frage sind natürlich längst gestellt. Dennoch sagen sie, dass es Pächter sicherlich leichter hätten, wenn es zusätzlich einen eigenen Übernachtungsbetrieb gebe, um Schwankungen im Restaurantgeschäft auszubalancieren. Das Nebeneinander von Gastronomie und Jugendherberge hält Manfred Rimpp für möglich, wenn sich beide Wirte regelmäßig absprechen – wie dies in fernerer Vergangenheit der Fall gewesen war. Rimpp hält es auch für realistisch, dass sich beide Seiten über besondere Events verständigen, beispielsweise am Rutenfest.

Lage ist Herausforderung

Herausforderungen ergeben sich aber auch aus der Lage der Gastronomie. Wolfgang Kimpfler vom Hotel Ochsen, der sich auch im Dehoga engagiert, erinnert an den Wandel der Alltagskultur. Wer heute zu einem Speise-Event einlädt, empfängt nicht mehr automatisch in einem Restaurant, sondern stellt sich immer öfter an den Grill im eigenen Garten. Und die über Jahrzehnte verlässlichen und einträglichen Stammtische gebe es immer weniger. Umgekehrt nehmen Vorschriften und bürokratischer Aufwand zu, was Zeit bindet. Und nicht zuletzt macht der Fachkräftemangel Sorgen, weil die Ausbildungszahlen in der Gastronomie zurückgehen.

Letztlich überwiegt dann aber doch der Optimismus. Claudia Haller-Schuler spricht die Freude an, der man als Gastgeber begegnet. Und Manfred Rimpp hat aus vielen Gesprächen mit Touristen erfahren, dass Gäste die Vielfalt der Ravensburger Gastronomie sehr schätzen. Und da werde die Veitsburg auch in Zukunft nicht zuletzt dank ihres einmaligen Ausblicks ihre Nische finden.