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Sommerloch

Towerstars-Geschäftsführer Heinrizi: „Einen wie Zucker findest du nicht mehr“

Ravensburg / Lesedauer: 7 min

Towerstars-Geschäftsführer Sport Daniel Heinrizi über die kommende DEL2-Saison
Veröffentlicht:01.07.2022, 19:18

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So ein richtiges Sommerloch kennt Daniel Heinrizi nicht. Obwohl der Puck in der Deutschen Eishockey-Liga 2 seit Ende April ruht, gibt es für den Geschäftsführer Sport der Ravensburg Towerstars auch in der vermeintlichen Ruhephase viel zu tun. Vor einem Jahr ist Heinrizi nach Oberschwaben gekommen – und war sofort mitverantwortlich für den Vizemeistertitel. Nun steht seine zweite Saison bevor, für die er die Kaderplanungen jüngst abgeschlossen hat. Welchen Spieler er aus der vergangenen Spielzeit besonders vermisst, was er sich vom neuen Trainer Tim Kehler erwartet und wie stark er die Towerstars einschätzt, verrät der 36-jährige Heinrizi im Gespräch mit Thorsten Kern und Michael Panzram.

Herr Heinrizi, der Towerstars-Kader für die neue Saison ist seit wenigen Tagen komplett. Ist das jetzt für Sie eine Zeit, in der alles erledigt ist, oder geht es nahtlos weiter?

Eine richtige Pause habe ich nicht. Die Vorbereitungen für die neue Saison haben schon begonnen. Wann reisen die Spieler an? Die Flüge müssen gebucht werden. Wie sieht es mit den Wohnungen und den Autos aus? Das muss alles koordiniert werden. Ganz wichtig sind auch die medizinischen Termine, die geplant werden müssen. Zum Trainingsauftakt wird es für jeden Spieler fünf Untersuchungen geben, darunter eine allgemeinmedizinische, eine kardiologische – das ist uns ganz besonders wichtig–, ein Leistungs- und ein Sehtest sowie ein Zahnarztbesuch.

Wenn die Spieler Anfang August alle beisammen sind – wen werden Sie aus dem alten Kader besonders vermissen? Welcher Abgang schmerzt Sie sehr?

Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass Vincenz Mayer und David Zucker dableiben. Mayer hat über Jahre als Kapitän eine wichtige Führungsrolle eingenommen – immerhin sind aber auch Spieler mit diesen Qualitäten wie Sam Herr und Julian Eichinger geblieben. Außerdem haben wir mit Max Hadraschek sicher einen guten Ersatz für Mayer gefunden. Einen Spieler wie Zucker findest du dagegen nicht mehr auf dem Transfermarkt.

Inwiefern?

So einen Spielertyp gibt es heute eigentlich nicht mehr, mit dieser Einsatzbereitschaft, mit dieser Fitness, mit dieser Spielweise offensiv und defensiv. Zuckers Spielstil ist schwer zu beschreiben. Manchmal wirkt er wie ein Freigeist mit seinen Drehungen und Wendungen, dann ist er auch für spektakuläre Tore gut.

Haben Sie trotzdem diejenigen Spieler bekommen, die Sie haben wollten?

Ja, haben wir. Max Hadraschek war im Sturm unser absoluter Wunschspieler, Oliver Granz für die Verteidigung ebenfalls. Zudem haben wir ja schon einige Spieler wie Fabian Dietz, Vincent Hessler, Denis Pfaffengut und Tim Sezemsky im Kader, die noch unglaublich viel Potenzial haben.

Wie wichtig war es, dass Sie es geschafft haben, die von Ihnen bereits angesprochenen Führungsspieler Herr und Eichinger gehalten zu haben?

Sehr wichtig. Sam Herr war auch in der Kabine sehr wichtig, ein absoluter Wortführer. Mir fällt kein einziges Spiel ein, in dem er nicht mit absoluter Bereitschaft vorangegangen wäre. Er fühlt sich hier mit seiner Frau sehr wohl, ihr Baby ist hier geboren – da waren wir uns recht früh einig, dass er noch ein zweites Jahr bleibt. Auch Julian Eichinger hat nach seinem Wechsel nach Ravensburg sofort in seine Rolle gefunden.

Wie sehr schmerzt es Sie, dass der gemeinsam mit Trainer Peter Russell vor einem Jahr begonnene Weg schon wieder zu Ende ist, weil ihn der DEL-Club Augsburg gelockt hat?

Ich habe ein lachendes und ein weinendes Auge dabei. Ich habe einen sehr guten Freund verloren, mit dem ich sehr gerne zusammengearbeitet habe. Ich glaube, wir haben uns in allen Bereichen sehr gut ergänzt. Andererseits freut es mich für ihn persönlich unheimlich, dass er die Möglichkeit bekommen hat, sich in der DEL zu beweisen. Das tut übrigens auch dieser Liga gut, dass mit Peter ein neuer Name dazugekommen ist. Klar ist aber auch: Wir als Towerstars haben einen hervorragenden Trainer, Motivator und Kommunikator verloren, der es verstanden hat, die Mannschaft zu führen.

Wird Tim Kehler ihn und seine Eigenschaften ersetzen können?

Tim Kehler hat sich sehr schnell als Wunschkandidat herauskristallisiert, nach den Gesprächen, die wir mit ihm und anderen geführt haben. Er hat kein einfaches letztes Jahr in Kassel gehabt, vor allem nach der Finalniederlage in der Saison zuvor. Er ist wie Peter ein sehr guter Kommunikator, redet viel mit Spielern und hat eine ähnliche Philosophie, kennt die Liga sehr gut. Nachdem Co-Trainer Marc Vorderbrüggen nach Bayreuth gewechselt ist, weil wir ihm bei dem Angebot, das sie ihm dort gemacht haben, keine Steine in den Weg legen wollten, war schnell klar, dass Tim seinen Co-Trainer Casey Fratkin mitbringen wollen würde, wenn die Möglichkeit besteht. So haben wir auch in der nächsten Saison wieder ein gut funktionierendes Duo.

Sie setzen in der nächsten Saison auf viele sehr junge Spieler. Ist das eher eine Gefahr oder vielmehr eine Chance?

Ich habe mal nachgerechnet und festgestellt, dass der Altersdurchschnitt gar nicht so viel niedriger geworden ist. Uns haben zwar junge Spieler verlassen, die wurden aber durch nur unwesentlich jüngere ersetzt. Eine Gefahr sehe ich dadurch nicht. Wir haben mit 14 Stürmern, sieben Verteidigern und vier Förderlizenzspielern aus Ingolstadt bewusst einen breiten Kader, in dem ein guter Konkurrenzkampf entstehen wird.

Wem von den neuen jungen Spielern trauen Sie zu, sich so zu entwickeln wie Tim Sezemsky in der vergangenen Saison?

Das traue ich einigen zu. Beispielsweise Marvin und Robin Drothen, die vom DNL-Team der Eisbären Berlin gekommen sind. Sie sind physisch schon sehr robust, sodass sie auf jeden Fall eine gute Rolle in der Mannschaft spielen können.

Nach dem Abgang von James Bettauer ist in der Verteidigung die erste Reihe aufgebrochen. Trauen Sie Sezemsky zu, dass er in der nächsten Saison noch einmal einen großen Sprung macht und vielleicht sogar nach ganz vorne rückt?

Das traue ich ihm auf jeden Fall zu. Aber auch Denis Pfaffengut hat noch viel Potenzial. Da dürfen wir noch viel erwarten. Wir sind defensiv sehr gut aufgestellt.

Soll Kehler an den Spielstil von Russell anknüpfen?

Ja, darauf ist die Mannschaft auch ausgerichtet. Wir wollen ein laufintensives Spiel zeigen, wollen in allen drei Zonen aggressiv sein, immer Druck auf den Gegner ausüben, viele Chancen kreieren und zielstrebig aufs Tor gehen. Tim ist bekannt dafür, dass er geradliniges Eishockey spielen lässt, das passt.

Wie stark schätzen Sie die DEL2 in der kommenden Saison ein?

Die Liga entwickelt sich jedes Jahr weiter und wird ausgeglichener.

Krefeld, Kassel und Dresden streben den Aufstieg an, die Towerstars dürfen noch nicht. Wo sehen Sie Ihre Mannschaft im Vergleich zur Konkurrenz in der kommenden Saison?

Ich glaube, dass wir wieder einen Kader haben, der in den Top Sechs mitspielen kann. Bei Krefeld wird spannend, wie es sich nach dem Abstieg entwickelt mit gestandenen und jungen Spielern. Ich glaube, dass Kassel eine gute Rolle spielen wird, dazu Dresden, Bad Nauheim und wir. In Landshut sehe ich auch gutes Potenzial. Das sind für mich die Favoriten für die vorderen Plätze. Nicht weit dahinter kommt Heilbronn. Auf dem Papier ist auch Bayreuth besser als im vergangenen Jahr. Wie Kaufbeu-ren drauf ist, wird sich zeigen. Freiburg hat einen Umbruch hinter sich, das wird sehr interessant.

Was erwarten Sie vom Aufsteiger Regensburg?

Sie werden es schwer haben, gerade am Anfang. Es wird nicht zuletzt darauf ankommen, welche Ausländer sie verpflichten.

Wie groß ist bei Ihnen die Vorfreude auf die kommende Saison?

Sehr groß. Ich freue mich, wenn die Mannschaft hier wieder zusammen ist und die Vorbereitung beginnt. Wir haben eine gute Mischung, zudem haben wir den Kader bis auf wenige Spieler wie Mayer und Zucker zusammengehalten. Dafür haben wir auch gute Neuverpflichtungen getätigt. Die Voraussetzungen für eine gute Saison sind gegeben.