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Plastikflut

Ravensburger Experte: Kunden tragen Mitschuld an Plastikflut

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Politik reagiert mit Plastikverboten – Was das für lokale Firmen bedeutet
Veröffentlicht:12.11.2018, 17:20

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In der Europäischen Union soll Einweggeschirr aus Plastik verboten werden, die deutsche Politik rückt den Verpackungen mit einem neuen Gesetz an den Kragen: Aber was sagt ein Vertreiber von Verpackungsmaterial dazu? Die Ravensburger Firma Moosmann ist seit 1949 in der Branche tätig und hat in dieser Zeit den Trend vom Papier zu Plastik mitgemacht, der sich jetzt aus Sicht des Geschäftsführers Siegfried Schuster wieder umkehrt. Ob sich eine neue Verpackungslösung durchsetzt, hänge davon ab, ob der Endverbraucher sie einfordert – und gegebenenfalls auch bereit ist, mehr dafür zu zahlen, sagt er im Interview mit Lena Müssigmann.

Herr Schuster , das Thema Verpackungen, vor allem Plastikverpackungen, ist derzeit aus Gründen des Umweltschutzes umstritten. Kürzlich wurde bekannt, dass bereits Mikroplastik im menschlichen Stuhl gefunden wurde. Ist die Abkehr von Plastikverpackungen nötig oder wird die Diskussion zu hysterisch geführt?

Die Zahl der Plastikverpackungen hat in der Tat deutlich zugenommen. Die Endverbraucher fordern diese Verpackungen bisher ein, sonst wäre dieser Trend nicht zustande gekommen. Viele Verbraucher haben ein Problem damit, offene Ware zu kaufen, zum Beispiel im Obst- und Gemüseregal – andere Kunden könnten die Sachen ja schon angefasst haben – und greifen deshalb zu vorverpackter Ware. Daher ist es richtig, die Menschen zu sensibilisieren, dort, wo es möglich ist, auf Einzelverpackung zu verzichten. Gerade bei Obst und Gemüse gibt es Ideen für mehrfach verwendbare Frischebeutel. So was setzt sich aber erst durch, wenn große Lebensmitteleinzelhändler etwas in die Richtung unternehmen.

 Moosmann-Geschäftsführer Siegfried Schuster

Das geplante Verpackungsgesetz soll steuernd wirken, das heißt, dass Firmen bei Verwendung schwer recycelbarer Verbundstoffe höhere Abgaben zahlen müssen. Merken Sie, dass Ihre Kunden darauf reagieren und zu solchen Verpackungen greifen, die wiederverwertbar sind?

Wir stellen fest, dass auch unsere Kunden sensibler mit diesem Thema umgehen. Sie fragen nach Alternativen zu Plastikprodukten. Die gibt es, sie sind aber oft noch deutlich teurer als die herkömmlichen Verpackungen. Holzgabeln kosten zum Beispiel deutlich mehr als Plastikgabeln. Ich denke aber, da kommt noch eine Trendwende, weil die Endverbraucher Alternativen einfordern werden. Verbraucher sind im Markt die treibende Kraft dafür, ob eine Umstellung angenommen wird oder nicht.

Was für umweltverträgliche Verpackungslösungen gibt es? Und bei welchen Produkten kommt man aus Ihrer Sicht nicht um Verpackungen aus Verbundstoffen und andere schwer recycelbare Materialien herum?

Der Trend geht weg von der Folie hin zum Papier. Bei manchen Produkten ist die Nachfrage bereits so groß, dass es Beschaffungsengpässe gibt. Doch bei manchen Verpackungen, etwa Tetraverpackungen, braucht es die Barriere aus Kunststoff, damit zum Beispiel der eingefüllte Saft die Pappe nicht aufweicht. Nebenbei: Die Herstellung von Papier ist viel kosten- und energieintensiver als die Kunststoffherstellung, da man sehr viel Wasser benötigt.

Nehmen Sie in nächster Zeit aufgrund der Gesetzeslage Produkte aus dem Sortiment? Beispielsweise Trinkhalme, Plastikgeschirr und -besteck sollen doch von der EU verboten werden.

Wir haben bereits heute Trinkhalme aus Papier im Angebot. Das Ziel soll sein, dass wir auf Dauer die Kunststoff-Variante komplett aus dem Sortiment nehmen können. Teller aus Zuckerrohr sind eine Alternative zum Papptellern, für die immer noch Bäume gefällt werden müssen. Die Teller werden aus Nebenprodukten der Zuckerrohrproduktion hergestellt. Wir legen den Fokus vermehrt auf nachhaltige Produkte. Damit sind wir für die Trendwende gut aufgestellt.

Was wird der Endverbraucher vom neuen Verpackungsgesetz bemerken?

Er wird es indirekt durch steigende Produktpreise merken. Ich gehe davon aus, dass die Lizenzgebühr für die günstig hergestellten Folien und Verbundstoffe um 20 bis 30 Prozent teurer werden. Beim teureren Papier bleiben die Lizenzgebühren niedrig. Dadurch wird der Preisunterschied geringer und man geht davon aus, dass Unternehmen dann eher zu Verwendung von umweltfreundlicheren Verpackungen neigen. Auch noch interessant: Die Grauzone, die Onlineshops bisher genutzt haben, wird es so nicht mehr geben. Künftig muss ein Onlineshop für alle Verpackungen Gebühren zahlen, die er in Deutschland ausliefert. Bisher war das zum Beispiel bei verpackten Produkten, die aus Fernost in den deutschen Markt geliefert wurden, nicht der Fall. Aber auch die werden in Deutschland entsorgt.