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Dokumentarfilm

Ravensburger dreht Dokumentarfilm in Afghanistan

Ravensburg / Lesedauer: 5 min

25-jähriger ist drei Wochen mit Nomaden unterwegs und sucht dafür noch Sponsoren
Veröffentlicht:11.10.2017, 10:59

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Im März ist er das erste Mal bei Nomaden in Afghanistan gewesen – am 25. Oktober geht es für den Ravensburger Beat Sandkühler (25) erneut drei Wochen lang dorthin. Mit drei weiteren Mitgliedern des von ihm mitgegründeten Vereins Amuza will Sandkühler, der momentan in Kassel Produktdesign studiert, die Existenzprobleme der dortigen, Kutschi genannten Nomaden in einem Dokumentarfilm festhalten. Um das Ganze stemmen zu können, braucht es noch Sponsoren. Ruth Auchter hat nach Details des Projektes gefragt.

Eigentlich geht es Ihrem Verein darum, die interkulturellen Kontakte zwischen Füchtlings- und deutschen Kindern zu fördern. Warum engagiert sich Amuza nun so intensiv in Afghanistan?

Hamid Aaqil Shah, einer unserer Gründungsmitglieder, stammt selbst aus einer Kutschi-Familie in Afghanistan. Ihm liegt es am Herzen, einerseits auf die prekären Lebensbedingungen der Kutschi aufmerksam zu machen, und andererseits ihre Situation vor Ort zu verbessern. Mit 54 Prozent haben die Kutschi die höchste Armutsrate in Afghanistan. Außerdem ist das Bildungsniveau erschreckend niedrig: Nur zwei Prozent der Männer und 0,5 Prozent der Frauen können lesen und schreiben. Lediglich 6,6 Prozent der nomadischen Jungs und 1,8 Prozent der Kutschi-Mädchen besuchen eine Schule.

Warum geht es den Nomaden in Afghanistan so schlecht?

Das hat viele Gründe. Da sie früher mit ihren Ziegen, Schafen und Kühen umhergezogen sind, haben die Kutschi über Jahrhunderte hinweg ein ausgeprägtes Wissen über Handwerk, Tiere und Natur beziehungsweise Naturheilkunde entwickelt. Traditionell haben sie auch alles von den Tieren benutzt und verkauft – etwa Käse oder Kleidung aus Schafwolle. Mehr und mehr bricht ihnen aber ihre Lebensgrundlage weg: Die Nomaden werden teilweise selbst sesshaft und wollen dann (wie andere Farmer) nicht mehr, dass die Karawanen über ihr Land ziehen und die Tiere dort weiden lassen. Durch die Globalisierung gerät der alt hergebrachte Karawanen-Tauschhandel zudem immer mehr ins Hintertreffen; hinzu kommen sinkende Preise für Handwerkliches durch die Konkurrenz ausländischer Industrieprodukte. Bei unserer Reise im Frühjahr haben wir den Eindruck gewonnen, dass die Kutschi ihre Rechte oft gar nicht kennen. Zwar haben wir in den dortigen Schulen eine große Energie und Offenheit gespürt – aber es wird häufig unter katastrophalen Bedingungen unterrichtet: Es fehlt an Türen, Fenstern, Strom, ausgebildetem Lehrpersonal oder Unterrichtsmaterialien, manchmal gibt es nicht mal ein Gebäude. Mit unserem Film wollen wir den Status Quo dokumentieren und dadurch eine Grundlage für effektive Entwicklungszusammenarbeit schaffen.

Gibt es nicht schon Entwicklungshilfeprojekte?

Doch schon, aber da fließt häufig lediglich Geld, und das oft in die falschen Taschen. Wir favorisieren einen anderen Ansatz: Man sollte versuchen, die Kutschi in die heutige Welt einzubinden. Dazu braucht es zuallererst Bildung. Wir werden versuchen rauszufinden, welche Art Bildung Sinn machen könnte – damit die Kutschi beispielsweise ihre regionalen Produkte entsprechend vermarkten und sich für ihre Rechte einsetzen, eben grundsätzlich ihren Handlungsspielraum erweitern können. Da sie jedes Jahr nach sechs Monaten vom Sommer- ins Winterquartier wechseln, ein Schuljahr in Afghanistan aber neun Monate dauert, verpassen die Kinder immer einen Haufen und fallen irgendwie hinten runter. Da könnte es etwa ein Ansatz sein, Kutschi-Jugendliche als Vorbilder und Lehrer auszubilden, die dann mit den Karawanen ziehen. Uns ist es auch sehr wichtig, schon bei jungen Kutschi das Selbstbewusstsein zu stärken.

Wie wollen Sie das anstellen?

Beispielsweise, indem wir pfadfinderähnliche Netzwerk-Strukturen aufbauen. Ich war selbst jahrelang bei den Ravensburger Edelweißpiraten, ein politisch und konfessionell unabhängiger Stamm des Pfadfinderbunds Horizonte. Da habe ich gelernt, von früh auf Verantwortung für andere, auch Jüngere, zu übernehmen. Ich kann mir vorstellen, dass so etwas gerade auch bei Nomaden-Jugendlichen dazu führt, dass sie spüren, was sie drauf haben und ihr freies Denken gefördert wird.

Was soll der Film bewirken? Touren Sie damit durch die Republik, sind Nachfolgeprojekte geplant?

Bislang gibt es wenig Filmmaterial über Nomaden unter dem Blickwinkel der Bildung: Wir wollen beobachten, sichtbar machen und den Film dann einem möglichst breiten Publikum zeigen, etwa bei Festivals oder Vereinen. Auch die Linse Weingarten wäre ein idealer Ort für den Film. Wir möchten mit den Leuten ins Gespräch kommen und hoffen, dass sich viele mit uns für die Kutschi engagieren. Abgesehen von Projekten, die man anstoßen kann, wäre auch denkbar, dass Kutschikinder und -jugendliche mal nach Deutschland kommen, um hier eine ganz andere Welt zu erleben.

2000 Euro haben Sie für Ihr Filmprojekt schon...?

Wir brauchen 8000 Euro und hoffen, dass genügend Spenden zusammen kommen.

Wer das Dokumentarfilmprojekt finanziell unterstützen möchte, kann einen Betrag auf das Konto von Amuza e.V., IBAN DE53 5205 0353 0011 816788 bei der Kasseler Sparkasse überweisen. Bei Fragen kann man den Verein unter Telefon 0176/9578 0679 oder per Mail unter [email protected] kontaktieren.

Wer das Dokumentarfilmprojekt finanziell unterstützen möchte, kann einen Betrag auf das Konto von Amuza e.V., IBAN DE53 5205 0353 0011 816788 bei der Kasseler Sparkasse überweisen. Bei Fragen kann man den Verein unter Telefon 0176/9578 0679 oder per Mail unter [email protected] kontaktieren.