StartseiteRegionalOberschwabenRavensburgRavensburg plant riesige Neubaugebiete

Wohnungen

Ravensburg plant riesige Neubaugebiete

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Regionalplan erlaubt Weiterentwicklung in der Weststadt und in Eschach
Veröffentlicht:12.04.2017, 16:37

Von:
Artikel teilen:

Das Geheimnis, wo die Stadt Ravensburg mittelfristig 3000 neue Wohnungen schaffen will, ist gelüftet. Im Regionalplan ist eine 30 Hektar große Fläche westlich von Sickenried eingeplant, ein ebenso großes Neubaugebiet soll angrenzend an die Weststadt in Richtung Schmalegg entstehen. Ferner werden Oberschach und Untereschach mittelfristig zusammenwachsen. Oberbürgermeister Daniel Rapp und sein Baubürgermeister Dirk Bastin haben der „Schwäbischen Zeitung“ erläutert, wie sie sich das vorstellen – und warum es ihrer Meinung nach keine Alternative zum Wachstum gibt.

Die Stadt Ravensburg und ihre Bürger büßen gerade die Versäumnisse der jüngeren Vergangenheit. Wenn Neubaugebiete ausgewiesen wurden, waren es zumeist Siedlungen mit schmucken Einfamilienhäusern. Mietwohnungsbau wurde jahrelang stark vernachlässigt. Dabei ist die Bevölkerung entgegen der Prognosen stetig gewachsen. Die Folge: Es ist heute sehr schwer, überhaupt noch eine Wohnung in Ravensburg zu finden, und die Mieten oder Kaufpreise können mit Großstädten locker konkurrieren.

15 Jahre bis zum Abschluss

Das soll sich jetzt ändern. „Wir wollen Neubaugebiete in hoher Qualität und müssen aufpassen, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen“, sagt Rapp. Damit spielte er auf die Domäne Hochberg an, wo in den Neunzigern anfangs fast ausschließlich Spätaussiedler wohnten, sodass dort ein sozialer Brennpunkt entstand, obwohl die Architektur eigentlich ansprechend war. Rapp will eine Durchmischung der sozialen Schichten und der Altersstruktur erreichen, außerdem aufgrund der knappen Flächenressourcen stark verdichtet bauen. Damit genug Grünflächen integriert werden können, funktioniert das nur über die Höhe, ergänzt Baubürgermeister Bastin . Hochhäuser, bei denen der Fußboden mehr als 22 Meter über dem Gelände liegt, will die Stadt Ravensburg zwar nicht erlauben, aber doch viel mehr und höhere Mehrfamilienhäuser als bisher. Eine Energieversorgung über Nahwärme aus regenerativer Erzeugung (ohne Feinstaubbelastung aus Holzöfen) soll die neuen Siedlungen schadstoffarm und damit attraktiver machen, ebenso wie eine gute Anbindung an den ÖPNV beziehungsweise Car-Sharing mit dann vermutlich selbstfahrenden Autos.

Parallel zum Regionalplan, der frühestens Ende 2019 rechtskräftig wird, soll mit der Flächennutzungsplanung im Gemeindeverband Mittleres Schussental begonnen werden, die konkrete Bauleitplanung der Stadt würde dann 2020 in die Wege geleitet. Derzeit kauft Kämmerer Gerhard Engele laut OB Rapp alle Flächen, die er in den fraglichen Gebieten bekommen kann. Gegenüber des Friedhofes an der Schmalegger Straße in der Weststadt gehören der Stadt schon so viele Grundstücke, dass sie dort wahrscheinlich früher anfangen kann als in Sickenried . Bis alle 3000 Wohnungen gebaut sind, werden aber 15 Jahre vergehen.

Stadt muss weiterentwickelt werden

Auch die Gewerbegebiete sollen bis 2035 deutlich erweitert werden. Erlen könnte auf die zwei- bis dreifache Fläche anwachsen, allerdings gehören die Grundstücke zwischen Erlen und dem Güllenbach einem Landwirt, der derzeit nicht verkaufen will. Deshalb wird die Stadt zuerst die Gewerbegebiete Karrer und Mariatal erweitern, wie es derzeit aussieht. „Uns gehört auch dort im Grunde genommen noch nicht so viel, aber wir sind im Gespräch“, gibt sich Rapp zuversichtlich.

Warum überhaupt neue Flächen versiegeln und nicht alles lassen, wie es ist? Weil die ideale Stadt Wohnen, Arbeiten und Infrastruktur (Geschäfte, Ärzte, Apotheken, Banken, Kindergärten, Schulen, Altersheime) verbinde, erklärt Rapp. Heute pendeln 30000 Berufstätige nach Ravensburg ein und 10000 aus – was Verkehr, Lärm und Abgase verursacht. „Wir reagieren eher zu spät als zu früh, und vermutlich noch nicht einmal im ausreichenden Maß darauf, dass wir immer mehr werden, immer jünger und immer bunter.“ Baubürgermeister Dirk Bastin findet daher auch die Vorwürfe des Bürgerforums Altstadt scheinheilig, die Stadt würde auf Wachstum um jeden Preis setzen. „Am liebsten würden sie einen großen Zaun um Ravensburg bauen und nichts mehr verändern.“ Sein Chef unterstützt ihn: „Jede Generation hat die Pflicht und das Recht, eine Stadt weiterzuentwickeln. Zu sagen, wir verändern nichts, ist egoistisch.“