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Gemeinschaftsschule

Ravensburg entscheidet über teuerstes Projekt der Stadtgeschichte

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Alle Informationen zum teuersten Plan der Stadtgeschichte
Veröffentlicht:19.10.2018, 16:36

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Über die Fusion der Ravensburger Gemeinschaftsschulen, den Abriss der Kuppelnauschule samt Sporthalle und den Bau eines Bildungszentrums an gleicher Stelle entscheidet am Montag (16 Uhr) der Gemeinderat. Es wäre eines der größten Projekte in den vergangenen Jahrzehnten - und die teuerste Maßnahme der Stadtgeschichte dazu. Es zeichnet sich eine Mehrheit für den Vorschlag der Verwaltung ab, doch es gibt auch kritische Stimmen und Widerstand. Alle wichtigen Informationen im Überblick:

Warum das Ganze überhaupt?

Die beiden Ravensburger Gemeinschaftsschulen schwächeln, weil sie sich gegenseitig Konkurrenz machen. Die Zugangszahlen stagnieren beziehungsweise sind rückläufig. Kuppelnau und Barbara Böhm werden parallel nicht überleben können. Dazu kommt: Die Stadtverwaltung sagt, sie brauche angesichts der pädagogischen Umbrüche ein neues Schulentwicklungskonzept. Viele Standorte haben Sanierungsbedarf. Insgesamt fehlt laut einer Studie auch Platz.

Warum soll eine Schule aus den 70er-Jahren abgerissen werden?

Laut Verwaltung sind die Schäden an der Kuppelnauschule so erheblich, dass ein Abriss und Neubau unwesentlich teurer wäre als die Sanierung. Die Rede ist von 38 bis 40 Millionen Euro. Die Stadt hofft bei einem Neubau auf Fördergelder vom Land in Höhe von 12 Millionen Euro. Ein neues Gebäude soll außerdem die ideale Form für die Pädagogik bieten. Und schließlich setzen die Verantwortlichen darauf, dass sich mit einem Neustart das Image der Kuppelnauschule aufpolieren lässt.

Wie wahrscheinlich ist die Förderung?

Schwer zu sagen. Bürgermeister Blümcke sagt: „Der Neubau muss noch durch ein sehr schwieriges Verfahren.“ Die Stadt plant deshalb doppelgleisig. Den Neubau wird es nur geben, wenn Fördermittel bewilligt werden. Alternativ wird an einer Sanierung und Erweiterung der Kuppelnau gearbeitet. Die Verwaltung will „entsprechende Finanzvorkehrungen“ treffen. Die Gesamtverschuldung im Haushalt dürfe 50 Millionen Euro nicht übersteigen.

Was passiert mit der Grundschule Kuppelnau?

Die zweizügige Grundschule wird Teil des neuen Bildungszentrums in einem Kooperationsmodell. Das heißt, sie behält, anders als ursprünglich vorgesehen, ihre eigene Schulleiterin. Die Gemeinschaftsschule ist vierzügig geplant.

Wie soll das konkret ablaufen?

Bereits 2025 soll das neue „Bildungszentrum Ravensburg “ bezogen werden. Zuvor werden die Gemeinschaftsschulen Barbara Böhm und Kuppelnau aufgelöst und fusionieren unter einer neuen Leitung. Schon ab dem nächsten Schuljahr soll es das Konstrukt geben. Neue Gemeinschaftsschüler werden zunächst nur noch am Standort Neuwiesen aufgenommen. Wenn der Abriss oder die Sanierung beginnt, ziehen die Kuppelnauschüler um und später alle gemeinsam wieder zurück.

Wer hat das Konzept erarbeitet?

Ein Jahr lang hat ein Arbeitskreis an den Empfehlungen zur Schulentwicklung gearbeitet. Unter Begleitung des Büros Schneidermeyer (Stuttgart) beschäftigten sich Verwaltung, Stadträte, Rektoren und der Gesamtelternbeirat mit dem Thema.

Was sagen die Kollegien?

Das Kollegium der Gemeinschaftsschule Kuppelnau lehnt die Auflösung seiner Schule und die Fusion mit Barbara Böhm ab. Die Elternbeiräte an der Kuppelnau wiederum begrüßen die Zusammenlegung und den geplanten Neubau. Auf die Kritik der Grundschule hat die Verwaltung reagiert: Ursprünglich sollte eine Schulleitung für das gesamte Bildungszentrum zuständig sein. In diesem Konstrukt fürchtete die Grundschule unterzugehen. Es wird deshalb keine Verbundschule am Standort geben, sondern eine Kooperation. Das Kollegium der Barbara Böhm sieht grundsätzlich in der Fusion und im Neubau eine Chance für die Gemeinschaftsschule. Diese dürfe aber nicht zur „Resteschule“ werden. Die Realschule müsse ein differenziertes Konzept und den Hauptschulabschluss anbieten. Außerdem sei Integration eine Aufgabe aller Schulen. Das Kollegium brauche Unterstützung für den Kraftakt.

Was sagen die Kritiker?

Ein Teil der Kritiker sagt, dass mit der neuen Gemeinschaftsschule nur eine Leiche aufgehübscht werde. Andere Stimmen beklagen, dass in Ravensburg ein dreigliedriges Schulsystem zementiert werde und dass die Gymnasien und die Realschule von Anfang an unantastbar waren. Die „Bürger für Ravensburg“ fordern zunächst ein pädagogisches Konzept, bevor über Gebäude nachgedacht wird. Und wenn die Stadt künftig alle 40 Jahre alten Gebäude abreiße, sei sie bald pleite. Kritisiert wird auch die Konzentration der Schulen auf die Nordstadt und die „Zerstörung einer intakten Schule“. Die Kosten eines Neubaus würden „schöngerechnet“. Grundsätzlich sei das Konzept viel zu teuer. Als Vergleich wurde zuletzt auch die Nachbarstadt Weingarten herangezogen, die ihre Realschule neu bauen und weitere zwei Schulen sanieren und erweitern will. Für 18 Millionen Euro hieß es. Nach Informationen der SZ wird dem Rat in Weingarten am Samstag aber eine aktuelle Kalkulation vorgelegt. Offenbar geht es auch hier um 40 Millionen Euro.

Wie sind die Meinungen im Gemeinderat?

Der Bildungs- und Kulturausschuss hat den Empfehlungen mit großer Mehrheit zugestimmt. Nur die „Bürger für Ravensburg“ haben sich klar gegen das Konzept positioniert.

War es das dann mit der Investition in die Ravensburger Schulen?

Bei Weitem nicht. Das Büro Schneidermeyer schätzt den gesamten Investitionsbedarf an allen Standorten auf 85 Millionen Euro – plus/minus 20 Prozent. Die Sanierung der Gymnasien hat zuvor schon 20 Millionen Euro verschlungen.