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Rätselraten um Stadtvillen im Wiesental

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Abriss-Gerüchte: Bürger für Ravensburg wollen Gebäude unter Denkmalschutz stellen lassen
Veröffentlicht:03.04.2017, 19:23

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Die drei letzten Arbeiterhäuser im Wiesental sind in ihrem Bestand bedroht. Nach Informationen der „Bürger für Ravensburg “ (BfR) plant der Turbinenbauer Andritz Hydro, die drei Stadtvillen im Industriegebiet abzureißen. Gemeinsam mit dem Förderverein Eschersteg macht sich die Fraktion im Ravensburger Gemeinderat jetzt dafür stark, die Gebäude unter Denkmalschutz stellen zu lassen.

„Ein wichtiges Stück Industriegeschichte unserer Stadt würde unwiederbringlich verschwinden“, empört sich BfR-Fraktionsvorsitzender Wilfried Krauss und spricht von einem „Skandal“. Mehr als 30 Häuser seien um die vorletzte Jahrhundertwende von Escher Wyss für leitende Angestellte und Ingenieure errichtet worden. Drei davon stehen noch. Das mittlere (Im Wiesental 3) ist 2002 von VA Tech Escher Wyss sogar so schön renoviert worden, dass das Bürgerforum Altstadt dem Vorgängerunternehmen von Andritz Hydro dafür eine Urkunde verliehen hat – „in Würdigung um die Verschönerung und Erhaltung des Stadtbildes von Ravensburg“, wie es darin heißt.

Der Förderverein Eschersteg, ein Ableger des Bürgerforums Altstadt, hat genau wie die „Bürger für Ravensburg“ beantragt, die Häuser ins Denkmalbuch eintragen zu lassen. Sie seien „absolut stadtbildprägend“, schreibt Vorsitzender Winfried Schneider in seinem Antrag. „Weil es sich um eine Nebenstraße handelt, bilden diese drei Arbeiterhäuser dort ein kleines Ensemble und sind bis heute nicht abgerissen worden. Sie sind exemplarisch für die früheren Arbeiterhäuser dieser ehemaligen Weltfirma.“ Würden sie abgerissen, könnte man dort wegen der unmittelbaren Nähe zum Fabrikgelände kaum etwas anderes bauen, das Gelände würde „später schlichtweg Ödland bleiben“, so Schneider.

„Wenn diese Häuser nicht unter Denkmalschutz gestellt werden, wäre die Stadt gegen einen Abbruch relativ machtlos“, sagt auch Volker Petzold vom Bürgerforum Altstadt. „Das sind sehr schöne Häuser, aber in Industriegebieten müssen eben bestimmte Abstände gehalten werden.“ Der Bau neuer Wohnungen an der gleichen Stelle wäre beispielsweise völlig ausgeschlossen.

Die Bewohner stört die direkte Nähe zum Produktionsbetrieb für Turbinen, die zum Beispiel in Wasserkraftwerken oder Schiffen eingebaut werden, hingegen überhaupt nicht. „Wir sind hier 2002 eingezogen und merken gar nichts vom Betrieb“, sagt Darko Djuric, der zur Miete im Wiesental 3 wohnt. „Das Haus ist sehr wohnlich, die Miete entspricht dem Mietspiegel.“ Die Hinterwand des Dreifamilienhauses ist an der schmalsten Ecke nur etwa drei bis vier Meter vom Fabrikgelände entfernt. Zu hören ist trotzdem nichts.

Baubürgermeister Dirk Bastin begrüßt es, dass das Landesdenkmalamt den Sachverhalt „ernsthaft prüft“, wie er sagt. „Das war die erste große Industrieansiedlung in Ravensburg, es gibt einen sehr engen Zusammenhang zur Stadtgeschichte.“ Die Stadt wolle „garantiert nicht, dass diese Häuser abgebrochen werden“. Dem Bauamt liege aber auch noch kein Abbruchgesuch vor.

Andritz Hydro beantwortete die Fragen der „Schwäbischen Zeitung“, ob die Abriss-Gerüchte überhaupt stimmen und was das Unternehmen dort konkret plane, trotz mehrmaligen Nachhakens nicht. In einer E-Mail heißt es nur lapidar, man besitze die fraglichen Häuser, und die Entscheidung des Denkmalamtes liege noch nicht vor. Interviews gebe die Geschäftsführung dazu „derzeit nicht“.

Warten auf das Denkmalamt

Wie es weitergeht, hängt jetzt wesentlich vom Landesdenkmalamt ab. Haus Nummer 1 wurde nach dem Tod der letzten Mieter beziehungsweise dem Auszug der letzten Studenten-WG vor zwei Monaten nicht neu vermietet, sagen die Nachbarn. „Das lässt nichts Gutes ahnen“, sagt Wilfried Krauss, „denn Wohnraum wird ja dringend gesucht.“

Einen Filmbeitrag zum Thema sendet RegioTV heute Abend im Journal.