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Personalnot in Kitas im Südwesten weniger dramatisch - doch in der Region gibt es Ausnahmen

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Der Personalschlüssel bei der Kinderbetreuung ist laut einer Studie in Baden-Württemberg vergleichsweise gut. Doch es gibt regionale Unterschiede — und es fehlt dennoch wichtiges Personal.
Veröffentlicht:26.09.2019, 13:14

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Nach einer neuen Studie sind die Kitas in Baden-Württemberg zwar überdurchschnittlich gut mit Personal ausgestattet. Allerdings schwankt die Betreuungsquote innerhalb des Landes, und es fehlen Tausende Posten in der Kita-Leitung. Laut Bertelsmann-Stiftung (Gütersloh) hat sich die Zahl der Kindergärtner in den baden-württembergischen Kitas zwischen 2008 und 2018 von 48.910 auf 89.397 erhöht.

„Ein solcher Anstieg zeigt sich bundesweit nur noch in Berlin“, teilte die Stiftung mit. Auch die Zahl der Kita-Kinder hat demnach zugelegt von 352.967 auf 406.760.

„Für Baden-Württemberg zeigen sich sowohl in Krippen- als auch in Kindergartengruppen bundesweit die günstigsten Personalschlüssel“, heißt es im diesjährigen Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme weiter.

Zum 1. März 2018 betreuten eine vollzeitbeschäftigte Kindergärtnerin oder ein Kindergärtner in Krippengruppen rein rechnerisch 3,0 ganztagsbetreute Kinder (2013: 1 zu 3,3). In den Kindergartengruppen gab es erhebliche Verbesserung. Dort verbesserte sich die Quote sogar von 8 Kindern im Jahr 2013 auf 7 im vergangenen Jahr, im Jahr zuvor waren es 7,1.

Aber der Personalschlüssel ist ungleich über das Land verteilt. Während beispielsweise im Landkreis Ravensburg ein Betreuer auf 2,9 Kinder kommt, ist im Landkreis durchschnittlich ein Betreuer auf 3,5 Kinder zugewiesen. Allerdings steht der Südwesten in der deutschlandweiten Analyse sehr gut da, vergleicht man die Werte beispielsweise mit Regionen in Ost- oder Norddeutschland, bei denen auf ein Betreuer bis zu 6,4 Kinder unter drei Jahren kommen.

Neben der ungleichen Personalverteilung fehlt es zudem an Kita-Leiterinnen oder Mitarbeiterinnen, die diese während ihres bürokratischen Aufwands in der Betreuung unterstützen. Laut Bertelsmann wird rund ein Drittel der Arbeitszeit einer Erzieherin außerhalb der pädagogischen Praxis benötigt, etwa für Elterngespräche, Dokumentationen, für Urlaub und Fortbildungen.

Für eine kindgerechte Betreuung braucht es laut einer aktuellen Studie bundesweit 106.500 zusätzliche Vollzeitstellen in den Kindertagesstätten. Foto: Jens Wolf

So muss eine Mitarbeiterin in Krippengruppen eigentlich 4,5 unter dreijährige Kinder betreuen, in Kindergartengruppen ist sie für 10,5 Kinder zuständig. Rein rechnerisch fehlten daher 3943 Vollzeitkräfte. Dies würde einen Anstieg der Personalkosten um jährlich bis zu 235 Millionen Euro bedeuten.

Betreuungsquote variiert landesweit stark

Nach wie vor hängen in Baden-Württemberg die Bildungschancen laut Stiftung zudem vom Wohnort ab. „Nicht für jedes Kind in Baden-Württemberg bieten die Kitas kindgerechte Bedingungen“, heißt es im Monitoring. Die Betreuungsquote schwanke landesweit immer noch stark.

Im vergangenen Jahr musste eine Fachkraft in Heilbronn und den Kreisen Waldshut und Sigmaringen rein rechnerisch 2,4 Kindergartenkinder mehr betreuen als in Karlsruhe und in Freiburg. Im Krippenbereich betreut eine Fachkraft in Mannheim 3,8 Kinder, in den Landkreisen Calw und Göppingen sind es 2,6. Gründe für die Schwankungen nennt die Stiftung nicht.

Kultusministerin sieht sich bestätigt

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) teilte mit: „Wir sehen uns durch die aktuelle Studie einmal mehr in der Schwerpunktsetzung auf Qualität in der frühkindlichen Bildung und Betreuung bestätigt.“

Das Land fahre die Ausbildungskapazitäten für Erzieher hoch und arbeite auch daran, den Kita-Leitungen mehr Zeit für die Organisation der eigenen Einrichtung und mehr Weiterbildungsmöglichkeiten zu geben.

Auch bei den Kindern zwischen drei Jahren und dem Zeitpunkt der Einschulung schneidet Baden-Württemberg im deutschlandweiten Vergleich überaus positiv ab - allerdings sind die regionalen Unterschiede auch hier zum Teil deutlich sichtbar.

Je älter die zu betreuenden Kindergartenkinder, desto mehr Kinder muss ein Betreuer beaufsichtigen. Im Stadtkreis Ulm ist der Schlüssel laut Zahlen der Bertelsmann Stiftung 1 : 6,3 - im Landkreis Sigmaringen ist der Wert von 1 : 8,3 dagegen bereits deutlich höher. Auch in dieser Wertung schneidt der Landkreis Lindau vergleichsweise schlecht ab (Schlüssel 1 : 8,6) - bei Personalschlüsseln von 1 : 14, die die Studie in Teilen Ostdeutschlands ausweist, aber Teil des guten Gesamtergebnisses für den Süden.

Kein Grund zur Kritik also? Nein! Die Bildungsgewerkschaft GEW sieht keinen Grund für Jubel. „8,3 Prozent des Personals hat keine einschlägige frühpädagogische Ausbildung, es fehlen überall Fachkräfte“, sagte GEW-Landeschefin Doro Moritz.

Gewerkschaft kritisiert: Mängelverwaltung statt Konzepte

Oft könnten die pädagogischen Konzepte der Kitas nicht umgesetzt werden, weil es im Alltag nur darum gehe, den Mangel zu verwalten und die Betreuung der Kinder sicherzustellen.

Unter den Begriff Kita werden Krippen für Kinder unter drei Jahren sowie Kindergärten für Kinder ab drei Jahren gefasst.

In Baden-Württemberg gibt es nach Angaben des Ministeriums 8915 Kindertageseinrichtungen, darunter 397 Horte. Darin betreut wird fast jedes dritte Kind im Alter unter drei Jahren (29 Prozent). Im Alter von drei bis sechs Jahren beträgt die Betreuungsquote — also der Anteil der Kinder in den Kitas an allen Kindern der Altersgruppe - fast 95,9 Prozent.