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Motorradausflug

Motorrad-Spaß in Corona-Krise? Meinungen der User von Schwäbische.de gehen auseinander

Ravensburg / Lesedauer: 8 min

In Bayern verboten, im Ländle erlaubt: Freizeit-Ausflüge mit dem Motorrad. Doch zahlreiche Unfälle beschäftigen die Rettungsdienste. Unsere User haben dazu unterschiedliche Ansichten.
Veröffentlicht:16.04.2020, 18:15

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Motorradausflüge sind in Bayern aufgrund der Ausgangsbeschränkungen verboten. Erlaubt sind nur zwingend notwendige Fahrten, etwa zur Arbeit, zum Einkaufen oder zum Arzt. In Baden-Württemberg ist die Lage eine andere.

Im Südwesten sind Motorradausfahrten zu Freizeitzwecken erlaubt. Untersagt bleiben aber Treffen von mehreren Personen für gemeinsame Ausfahrten, denn "die Vorgaben der Corona-Verordnung zum Aufenthalt im öffentlichen Raum gelten selbstverständlich auch für Motorradfahrende", erklärt Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann auf Nachfrage von Schwäbische.de.

Viele Unfälle in den vergangenen Tagen

"Wer alleine Motorrad fährt, verhält sich regelkonform, wer dagegen mit anderen am Biker-Treff zusammensteht, riskiert hohe Geldbußen", heißt es in der schriftlichen Antwort.

Bleibt indes die hohe Unfallgefahr mit Motorrädern. Tuttlingen, Schelklingen, Bad Urach, Dischingen, Ravensburg, Sinsheim, Warthausen, Ulm: In den vergangenen Tagen war es an zahlreichen Orten im Südwesten erneut zu schweren und teils tödlichen Motorradunfällen gekommen.

Deshalb stehen Freizeit-Motorrad-Ausflüge gerade in der Corona-Krise in der Kritik, da Unfälle die Rettungsdienste und Krankenhäuser unnötig belasten würden.

Wir haben Sie - die User von Schwäbische.de - befragt: Was ist Ihre Meinung zu diesem Streitthema?

Eine Auswahl an Meinungsbeiträgen:

In höchstem Maße egoistisch!

Barbara H.: "Ich finde es in höchstem Maße egoistisch und unverständlich, was ich jedes Wochenende - an einer ländlichen Durchgangsstraße wohnend - im Moment erleben kann: samstags und sonntags, spätestens ab 13 Uhr, herrscht ein Motorrad-Aufkommen, wie an ganz normalen Frühlings- oder Sommertagen. Sicher subjektiv auch der Eindruck: Gerade die Motorradbesitzer, die ihre größte Freude daran haben, möglichst viel Lärm mit ihren Maschinen zu machen, scheinen eine besondere Freude an den ansonsten verkehrsarmen Straßen und Ortsdurchfahrten zur haben. Es ist wirklich manchmal unerträglich! Ich wäre auf jeden Fall für ein Verbot von unnötigen Fahrten, wie es auch in Bayern gehandhabt wird."

Auf Kosten der Allgemeinheit

Herbert C.: "Freizeitspaß auf Kosten der Allgemeinheit gehört verboten."

Warum immer auf den Motorradfahrern rumhacken?

Dieter G.: "Man könnte gerade meinen, die Einzigen, die gerade verunglücken, sind Motorradfahrer. Warum wird immer auf den Motorradfahrern rumgehackt? Die anderen Verkehrsteilnehmer sind ebenfalls an Unfällen beteiligt. Keiner verbietet das unnötige Autofahren. Auf den Intensivstationen landen auch andere Menschen von den hunderten Unfällen täglich im Haushalt, am Arbeitsplatz, auf den Autobahnen und den anderen Straßen. Und jeder Unfall ist einer zu viel, nicht nur die, bei denen ein Motorradfahrer beteiligt ist und der oft auch noch unschuldig stirbt."

Ärzte und Krankenhäuser zusätzlich belastet

Margot K. : "Ich bin auch für ein Verbot, aber nicht wegen des Lärms, sondern wegen der Unfallgefahr. Damit werden Ärzte und Krankenhäuser zusätzlich belastet."

Das Problem sind Lärm und Geschwindigkeit

Christian H.: "Ich sehe das Problem eher in den Hochgeschwindigkeitsausfahrten der Motorradfahrer. Jemand, der sich an Geschwindigkeitsbegrenzungen hält, ist seltener als ein Sechser im Lotto. Meiner Ansicht nach wird immer mit höchster Lautstärke gefahren. Es wird bis zum Anschlag beschleunigt, um erst im letzten Moment hochzuschalten. Die Fahrer wiegen sich in Sicherheit, da Blitzer nur von vorne fotografieren und Motorräder nur hinten ein Kennzeichen haben. Auch laden leere Straßen regelrecht zum Rasen ein. Und es gilt immer noch: Unnützes Hin- und Herfahren ist in Deutschland eine Ordnungswidrigkeit nach § 30 Abs. 1 Satz 3 StVO(Gilt für geschlossene Ortschaften, Anm.d.Red.). Ebenfalls sind bei der Benutzung von Fahrzeugen unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten."

Fahrverbote auch nach Corona

Sabine G.: "Ich plädiere jetzt zu Corona-Zeiten und auch danach für Fahrverbote an Sonn- und Feiertagen. Lärm macht krank und Appelle nützen bei Freizeitegoisten nichts."

Nicht in Verboten überbieten!

Thomas H.: "Ich sehe keinen Grund, Motorradtouren zu verbieten. Die Ansteckungsgefahr ist minimal. Da aktuell die Krankenhäuser in der Regel unterbeschäftigt sind, ist dies auch kein Argument. In der aktuellen Situation sollte nicht versucht werden, sich bei den Verboten zu überbieten und jegliche Lebensfreude zu untersagen. Wenn Motorräder zu laut sind, hat die Polizei natürlich die Möglichkeit, diese direkt stillzulegen. Übrigens, die meisten Unfälle passieren zu Hause. Im Jahr sterben ca. 3500 Personen im Straßenverkehr und 8000 bei häuslichen Unfällen (Quelle: Deutsche Familienversicherung)."

Wir merken immer nur das, was negativ auffällt

Frank B.: "Ich bin selbst Motorradfahrer und halte ein Verbot für nicht notwendig. Leider haben wir Menschen die Angewohnheit, uns nur das zu merken, was negativ auffällt. Deswegen sind die Motorradfahrer, die rasen, immer in der Mehrheit. Ich kann dies aber nicht bestätigen. Aus meiner Sicht fahren mehr Motorradfahrer regelkonform, sonst würde es wahrscheinlich viel öfter krachen. Ein Verbot einführen, das der Mehrheit nicht gefällt, ist immer negativ belegt. In Zeiten wie diesen, ist es immer schwierig, Entscheidungen zu treffen, die allen passen und leider wird es bei allem immer schwarze Schafe geben, siehe die Verstöße gegen die Corona-Verordnungen. Diese werden auch nicht alle erwischt, sonst müssten wir in BaWü auch eine Ausgangssperre einführen."

Wer sich an die Regeln hält, sollte fahren dürfen

Gabriele A.: "Ich bin selbst kein Motorradfahrer. Aber ich gönne jedem Motorradfahrer seinen Ausflug. Voraussetzung: er hält sich an Regeln, was Geschwindigkeit und Lärm angeht. Ansonsten ist jeder Verkehrsteilnehmer, ob Auto, Rad oder Motorrad in Unfallgefahr. Es ist nicht einzusehen, weshalb Motorradfahrer verzichten sollen, was Radlern und Autofahrern zugestanden wird."

Betrifft alle Freizeitbeschäftigungen mit erhöhtem Unfallrisiko

Andreas R.: "Es ist erschreckend, wie viele etwas über Lärm schreiben und damit völlig das Thema Corona verfehlen. Rein objektiv betrachtet müssen zwei relevante Punkte berücksichtigt werden: 1. Infektionsrisiko 2. Unfallgefahr. Wenn man rein das Infektionsrisiko berücksichtigt, dürfe derzeit Motorradfahren eine der sichersten Freizeitbeschäftigungen sein, aber nur, solange der Motorradfahrer alleine unterwegs ist und sich von anderen Menschen fern hält. Das Infektionsrisiko wäre bei einem Spaziergang auf engen und teils sehr überfüllten Wanderwegen bestimmt höher. Bei der Unfallgefahr hingegen muss man dies fair und objektiv abwägen. Ein Radfahrer, der mitten auf der Straße fährt, anstatt den Radweg zu nutzen und damit sich und andere gefährdet, stellt sicherlich ein genauso großes Unfallrisiko dar, wie ein zu schnell fahrender Motorradfahrer. Natürlich trifft dies nicht auf jeden Radfahrer zu, genauso wenig wie auf jeden Motorradfahrer. Schwarze Schafe gibt es überall und die fallen besonders auf. Wenn man also ein Verbot wegen Unfallgefahr ausspricht, dürfte dieses fair betrachtet nicht nur Motorradfahrer treffen, sondern alle Sportarten, die ein erhöhtes Unfallrisiko aufgrund schwarzer Schafe darstellen und damit die Krankenhäuser zusätzlich belasten."

Einschränkung unnötiger Autofahrten wäre sinnvoller

Tom D.: "Mit einer Einschränkung der Autofahrten auf nötige und begründbare Fahrten könnte man mehr erreichen. Aber mit Motorradfahrern kann man natürlich viel bessere Schlagzeilen produzieren."

Die Ansteckungsfrage ist die wichtige Frage

Manfred T.: "Ich habe meine drei Rollertouren seit Corona alleine sehr genossen. Wenn man über Wochen mit der Frau in einer 2-Zimmerwohnung verbringt, am Arbeitsplatz wegen Gefährdung nicht arbeiten darf, ist ein Zweiradausflug alle ein bis zwei Wochen eine wunderbare Ablenkung. E-Bike fahre ich auch gen, ich gehe auch gerne täglich länger alleine spazieren. Wenn man ausschließlich nur noch das macht, was unbedingt lebensnotwendig ist, verkümmert der Mensch. Das ist meine Meinung. Wenn man alleine fährt, einfach eine schöne Runde, steckt man niemanden an. Die Unfallgefahr ist da, richtig und sie ist auch da, wenn ich zur Arbeit fahre, zum Einkaufen, wenn ich mit dem E-Bike unterwegs bin. Und sogar zu Hause kann ich verunglücken. Für mich ist die Ansteckungsfrage eine wichtige Frage, es geht ja um Corona-Ansteckung. Die Unfallfrage habe ich, egal, wie ich mich fortbewege. Man kann es auch übertreiben mit der Lust, alles verbieten zu wollen."

Unsolidarische, unverhältnismäßige Lärmbelästigung

Marion B.: "Reine Freizeitbeschäftigung wie Motorradfahren ist in Zeiten der Ausgangs- und Kontaktbeschränkung eine unsolidarische, unverhältnismäßige und eine Unnötigkeit an sich. Die Lärmbelästigung straßennaher Bewohner, welche daheimbleiben wollen oder müssen und dem nicht entkommen können, sollte da eigentlich schon reichen für Verbote, zumindest an manchen Tagen oder Tageszeiten. Betrachtet man zudem noch die stark erhöhte Unfallgefahr - beinahe täglich zu lesende Beanspruchung von Rettungsdiensten und Intensivstationen durch verunglückte Motorradfahrer - gebietet die Vernunft unabhängig von persönlicher oder politischer Ansicht letztendlich nur das Verbot zum Allgemeinwohl, bis die Pandemie ausgestanden ist."

Straßenverkehr allgemein auf das Nötigste reduziert

Sascha A.: "Um die Krankenhäuser zu schonen, sollte der Straßenverkehr auf das Nötigste reduziert werden. Also keine Motorradtouren und auch keine Autofahrten aus Langeweile. Motorradfahrer sind natürlich besonders im Fokus, da sie sich bei Unfällen häufig so verletzen, dass sie auf Intensivstation müssen. Aber auch unnötige Autofahrten sollte man nicht mehr unternehmen, denn immerhin gefährdet man auch Fußgänger und Radfahrer."

Und was sagt die Landesregierung?

Aus dem Verkehrsministerium heißt es zur erhöhten Unfallgefahr mit Motorrädern auf Nachfrage, man sei sich darüber im Klaren, dass Motorradfahren oftmals "als Rasen, Drängeln, Übermut und Posen wahrgenommen werde. Aus diesem Grund sei 2020 die Kampagne "Vorsicht. Rücksicht. Umsicht" des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg ins Leben gerufen worden.

Diese solle dazu beitragen, "das Motorradfahren im Land sicherer zu machen", heißt es aus dem Ministerium. "Dazu gehören öffentlichkeitswirksame Aktionen, Informationsmaterialien und Kooperationen mit Verbänden und Institutionen."

Wer umsichtig und rücksichtsvoll fahre, trage schließlich auch dazu bei, "die Lärmbelastung für Anwohner und Touristen zu verringern", so das Ministerium.