Weihnachtsoratorium
Michael Bender begeistert die Zuhörer in der Stadtkirche mit Bachs Weihnachtsoratorium
Ravensburg / Lesedauer: 2 min
Zu den in diesen Tagen am meisten gespielten kirchenmusikalischen Werken gehört Bachs Weihnachtsoratorium. Allerdings sind dabei nur selten die Kantaten vier bis sechs zu hören. Sie erlebte am Sonntag ein begeisterter Zuhörerkreis in der voll besetzten Ravensburger Stadtkirche. Unter dem beherzten Dirigat von Michael Bender wurde das Werk zu einem musikalischen Fest, das alle Sinne gleichermaßen verzückte.
Bereits in den einleitenden Takten des Eröffnungschors „Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage“ wurde deutlich, dass der klangmächtige Bachchor mit seinem großen Übergewicht an Frauenstimmen nicht nur homogen und ausgewogen zu singen versteht, sondern auch über ein hohes dynamisches Differenzierungsvermögen verfügt und bestens geschult ist in der sprachlichen Artikulation. Man könnte ihm nur noch einige Männerstimmen mehr wünschen.
Zum wiederholten Mal engagierte Bender für dieses Konzert die Kammerphilharmonie Bodensee-Oberschwaben. Sowohl im Streicher- als auch im höchst anspruchsvollen Bläserpart mit seinen zahlreichen Soli hatten die Instrumentalisten höchst anspruchsvolle Aufgaben zu bewältigen. Die Spezialensembles für Barockmusikhaben in den letzten Jahrzehnten die Maßstäbe für eine stilgerechte Bach-Interpretation sehr hoch gesetzt. gerade diesen Ansprüchen ist die Aufführung am Sonntag mehr als gerecht geworden.
Michael Bender schlug durchgängig zügige Tempi an und ging damit auch gewisse Risiken ein, indem er die Mitwirkenden stellenweise bis an ihre spiel- und gesangstechnische Leistungsgrenze führte. Doch nichts wirkte gehetzt oder irgendwie bemüht. Die innere Dynamik dieses Werks und seine Strahlkraft kamen voll zum Tragen. Der Spannungsbogen riss nie ab. Dabei hatten trotz hoher Homogenität die Zuhörer das Gefühl, dass alle Mitwirkenden ihre ganz persönliche Weihnachtsbotschaft zu vermelden hatten. Dies war nicht zuletzt dem sehr unterschiedlichen Quartett der Gesangssolisten zu verdanken. Die Sopranistin Nora B. Hagen verriet mit ihrer schlanken und dennoch kraftvollen Stimme, dass sie mit den Besonderheiten der Barockmusik und der informierten Aufführungspraxis bestens vertraut ist. Sehr weich, aber eher opernhaft ist der Mezzosopran von Cornelia Lanz, die die Alt-Partie und die Echo-Passagen in der Sopran-Arie im vierten Teil sang. Sehr geschmeidig, allerdings in den hohen Lagen etwas bemüht, sang der Tenor Frank Bossert in seinen Rezitativen als Evangelist und und seinen Arien.
Geschmeidig, schnörkellos und souverän in der Stimmführung der Bassist Thomas Gropper, der in seiner Partie nicht selten in die Region eines hohen Bariton kam. Im letzten Rezitativ vor dem Schlusschoral fanden sich diese stimmlich sehr unterschiedlichen Charaktere jedoch zu einer homogenen Einheit zusammen und ernteten dafür wie alle anderen Mitwirkenden lang anhaltenden Applaus.