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Kirschbaum

Kampf gegen Krankheit, Krieg und Korruption

Schwendi / Lesedauer: 4 min

Das Schwendier Arzt-Ehepaar Kölle hat im Südsudan erneut medizinische Hilfe geleistet
Veröffentlicht:10.05.2013, 20:05

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„Es ist Frühling geworden und am Bodensee blühen die Kirschbäume.“ Mit diesem Satz beenden Uta und Dankwart Kölle ganz bewusst den schriftlichen Bericht an die SZ über ihren fünfwöchigen Aufenthalt im Südsudan. Die oberschwäbische Idylle nach der Rückkehr Ende April sei „fast nicht annehmbar“ gewesen, erklärt Uta Kölle, stehe sie doch im krassen Kontrast zu dem, was die Doktores aus Schwendi bei ihrem zweiten medizinischen Hilfseinsatz in dem afrikanischen Land erlebt haben.

Große Teile der Infrastruktur des Südsudan wurden zerstört im jahrelangen Kampf um die Unabhängigkeit vom Sudan, und obwohl diese im Juli 2011 offiziell erreicht wurde, herrscht noch längst keine Ruhe. Verschiedene Stämme liefern sich blutige Kämpfe. Die Kölles passierten bei einem Ausflug eine Stelle mit vier ausgebrannten Lastwagen – Überbleibsel eines Überfalls im Dezember 2012, bei dem wohl mehr als 20 Menschen ums Leben gekommen seien. „Unvorstellbar und nicht nachzuvollziehen“ ist für Uta Kölle die Selbstzerstörung eines von Armut und Elend geplagten Landes.

Korruption ist weit verbreitet

Zu allem Überfluss behindere weit verbreitete Korruption den Wiederaufbau und die Arbeit der internationalen Hilfsorganisationen, haben die Ärzte aus Schwendi festgestellt. Sie selbst mussten nach der Ankunft in einem Büro eine nicht nachvollziehbare Anmeldegebühr in Höhe von zehn Euro ohne Quittung bezahlen, später wurden sie für die offizielle polizeiliche Registrierung gleich nochmals zur Kasse gebeten. „Ein italienischer Don-Bosco-Mitarbeiter erzählte uns, dass er für die Erlaubnis, eine Dorfschule zu bauen, 7500 Dollar an das Erziehungsministerium zahlen musste“, berichten die Kölles, die stolze 100 Dollar für die viertägige Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis hinblättern mussten. „Für einzelne Helfer oder kleine Hilfsorganisationen ist so etwas schwer verständlich“, sagt Dankwart Kölle, und es wirke besonders verrückt, „weil das Land doch so sehr auf Hilfe von außen angewiesen ist“.

Uta und Dankwart Kölle wissen, dass qualifizierte Ärzte im Südsudan rar sind. Deshalb ließen sie sich – trotz der Hürden und der Tatsache, dass das Auswärtige Amt wegen der Unruhen im Land eine Reisewarnung ausgesprochen hat – nicht davon abbringen, zum zweiten Mal nach dem Februar 2012 in den Süd-sudan zu fliegen. In der 300 000-Einwohner-Stadt Wau, die vornehmlich aus Siedlungen mit gras- und wellblechbedeckten Hütten besteht, leistet der katholische Orden der Salesianer medizinische Hilfe. Schwester Gracy hat dort ein College für studierte Krankenpfleger, Hebammen und Gesundheitshelfer sowie eine Ambulanz aufgebaut. „In dieser Ambulanz haben wir gearbeitet“, berichten die Kölles.

Die Arbeitstage begannen – jeweils nach einer Übernachtung im einfachen und schwülheißen, weil nicht klimatisierten Zimmer im Personalgebäude des College – um 6 Uhr mit einer Dusche aus Wassereimern. Es folgten der Gang zum Wäschewaschen auf dem Waschplatz hinter dem Haus und das Frühstück mit Tee, Fladenbrot und Marmelade. Um 8 Uhr ging’s in die Gesundheitsstation zum Rosenkranz mit dem Personal und den schon wartenden Patienten, die erst einen Gesundheitsunterricht erhielten und dann von Ute und Dankwart Kölle untersucht wurden. Als Übersetzer fungierte ein Schüler des College.

„Wir sahen in der Ambulanz den üblichen Querschnitt an Kranken – von Neugeborenen bis zu den wenigen Alten“, berichten die Kölles. Neben gewöhnlichen Erkältungen hatten sie auch teils schwere Hautwunden, hervorgerufen durch Infekte oder auch Schmuck, sowie Fälle von Krebs, Unterernährung und Malaria zu behandeln. Letztere gab es wegen der extremen Trockenzeit heuer zwar weniger, „aber viele sprachen davon und hatten Angst“, so Dankwart Kölle. Ein großes Problem: Arzneimittel sind rar und für die meisten Südsudanesen kaum bezahlbar. Die von den Hilfsorganisationen in Europa zu günstigen Konditionen bestellten Medikamente sind wegen der schlechten Infrastruktur im Land oft monatelang unterwegs.

Extreme Hitze als Belastung

„Die Arbeit war gut zu schaffen“, berichten die Kölles, „aber von den klimatischen Bedingungen her war es extrem schwierig.“ Auf bis zu 50 Grad stieg das Quecksilber tagsüber. „Wir sind extra einen Monat später geflogen, um vielleicht in die kühlere Regenzeit zu kommen. Aber daraus wurde nichts. Erst an den letzten Tagen hat es wenigstens mal getröpfelt“, erzählen die beiden und fügen an: „Die Temperaturen haben uns dieses Jahr mehr geschlaucht, als wir es vom letzten Mal in Erinnerung haben.“

Auch wenn sie gerade aus diesem Grund vielleicht nicht mehr in den Südsudan reisen werden, möchten Uta und Dankwart Kölle das aktuelle Projekt der Salesianer in Wau gerne weiterhin finanziell unterstützen: Schwester Gracy plant den Bau eines Krankenhauses. Bislang gibt es davon nur zwei für die 300 000 Einwohner der Stadt. „Wir können nur hoffen, dass dort unten Frieden einkehrt und nicht wieder alles zerstört wird“, sagen die Kölles.

Wer das Krankenhaus-Projekt von Schwester Gracy finanziell unterstützen möchte, kann das direkt tun mit einer Überweisung an: Missionsprokur FMA, Kontonummer 107 39 00 bei der Bank für Sozialwirtschaft in Köln (BLZ 37 02 05 00). Bitte als Verwendungszweck angeben: AES-WAU, Schwester Gracy, Krankenhaus Wau.