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Messerattacke

Gericht verhängt nach Messerattacke lange Gefängnisstrafe

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Der Asylbewerber aus Afghanistan behauptete, er sei nicht für die Messerattacke in der Flüchtlingsunterkunft verantwortlich und entschuldigte sich dafür, dem Gericht Ärger bereitet zu haben.
Veröffentlicht:22.06.2018, 09:47

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Fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis muss ein 25-jähriger Asylbewerber aus Afghanistan, weil er im Februar in einer Biberacher Flüchtlingsunterkunft zunächst einen Gambier bestohlen und geschlagen, später einen zweiten mit einem Stich lebensbedrohlich verletzt hatte. Das Landgericht Ravensburg fällte dieses Urteil am Donnerstag und damit bereits am zweiten von ursprünglich fünf anberaumten Verhandlungstagen.

Der Verteidiger des Afghanen versuchte in seinem fast 15 Minuten dauernden Plädoyer das fünfköpfige Gericht davon zu überzeugen, dass eine Aufklärung der Taten „allenfalls teilweise“ erfolgt sei, man nicht einmal die Hälfte dessen habe eruieren können, was sich zugetragen habe und die widersprüchlichen Zeugenaussagen „wie aus 1000 und einer Nacht“ geklungen hätten. Außerdem sehe er „massive Lücken in der Motivlage“, die seinen afghanischen Mandanten zu einem heimtückischen Tötungsdelikt hätten bewegen sollen.

Verteidigung will Bewährungsstrafe

Der Verteidiger plädierte auf gefährliche Körperverletzung, für die das Mindeststrafmaß bei sechs Monaten liege. „Ich bitte um eine Strafe von maximal zwei Jahren, die noch bewährungsfähig sein muss“, schloss er sein Plädoyer. Sein Mandant erklärte wortreich, er sei unschuldig und entschuldigte sich dafür, dem Gericht zwei Tage lang Ärger bereitet zu haben.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte zuvor keine Zweifel daran gelassen, dass es sich laut Beweisaufnahme und der Befragung von zwei gambischen und vier afghanischen Zeugen sowie vier Polizeibeamten so zugetragen haben müsse, wie bereits in der Anklageschrift dargestellt. Laut Auffassung der Staatsanwaltschaft habe der 25-jährige Angeklagte in der Tatnacht erst einem 22-jährigen gambischen Asylbewerber im Badezimmer durch einen sogenannten Antanztrick die Geldbörse entwendet und ihm danach einen Faustschlag ins Gesicht versetzt. Nach Tumulten auf dem Flur der Unterkunft, die ein zweiter, 38-jähriger Gambier habe schlichten wollen, habe der Angeklagte heimtückisch, „möglicherweise aus Rache“ und „mit hoher Gewaltbereitschaft“ auf den arglosen Schlichter eingestochen.

Keine psychische Störung

Ob es sich bei dem Tatwerkzeug um ein Klappmesser gehandelt hat oder möglicherweise um einen spitzen Schraubenzieher, konnte auch der zur Stichwunde befragte forensische Gutachter nicht eindeutig sagen. Sicher war sich jedoch der psychiatrische Sachverständige, der in seinen Ausführungen darlegte, dass der Angeklagte in der Tatnacht lediglich „leicht berauscht“ gewesen sein könne – auch wenn teilweise von mehreren Litern Whiskey und von bis zu vier Joints die Rede gewesen war. Das Verhalten direkt nach der Tat – der Angeklagte war aus dem Fenster geflüchtet – spreche für sich, eine psychische Störung oder verminderte Schuldfähigkeit schließe er aus, sagte der Psychiater.

Der Vorsitzende Richter Stefan Maier erklärte in der Urteilsbegründung, dass das Gericht den Aussagen der beiden gambischen Geschädigten glaube, die mit „hoher Aussagekonstanz“ stets denselben Tathergang geschildert und kein Motiv für eine Falschaussage gehabt hätten. Den Messerstich wertete das Gericht als nachgewiesen.

Dass der Angeklagte auch keinen weiteren Messerstich versucht hatte, würdigte das Gericht als „strafbefreienden Rücktritt vom Tötungsversuch“. Somit wurde aus dem Vorwurf des versuchten Mords eine vollendete gefährliche Körperverletzung. Letztlich sei es aber „die Gesinnung, die aus der Tat spricht“. Er habe den Schlichter „abstrafen wollen“, was beim Geschädigten ohne Behandlung zum Tod hätte führen können, schloss Richter Maier.