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Der doppelte Alfred Schneider: Wie ein Mann den Hass auf den Namensvetter abbekommt

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Warum ein Ravensburger seit Jahren Probleme mit seinem Namen hat
Veröffentlicht:24.09.2018, 16:50

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Anrufe mit unbekannter Nummer nimmt Alfred Schneider schon lange nicht mehr an. An manchen Tagen graust es ihm davor, seinen E-Mail-Eingang zu öffnen. Und wenn beim Bummel durch die Stadt wieder mal jemand energisch auf ihn zusteuert, dann weiß der Ravensburger schon, was jetzt folgt. Dann bekommt Alfred Schneider die Leviten gelesen. Er soll sich für falsche Vorwürfe entschuldigen, er soll die Leute in Ruhe lassen, soll seine – so der Vorwurf – wirren Thesen erklären. Alfred Schneider kann die Leute dann oft sogar sehr gut verstehen. Sein Problem: Alfred Schneider ist gar nicht Alfred Schneider.

Seit Jahrzehnten schon leidet der 66 Jahre alte Bänker darunter, dass er einen älteren Namensvetter in Ravensburg hat, erzählt er. Denn jener Alfred Schneider ist in der Stadt - manche sagen auch: gegen die Stadt - höchst engagiert. Er zeichnet unter anderem für ein „Bürgerportal“ verantwortlich, das fast 20 „Petitionserfolge“ für sich reklamiert. Mal geht es um den Kampf für eine Spielstraße, an anderer Stelle wiederum muss Tempo 7 verhindert werden.

Dass die Grünmüllkarte im Landkreis Ravensburg abgeschafft wurde, verbucht das Portal als seinen Erfolg, gekämpft wird auch gegen Buspreise, gegen „Luxuswohngebiete“ und immer wieder gegen „die Herrschenden“, allen voran die Ravensburger Stadtverwaltung. Ganz oft wird auch „geprüft“, beispielsweise ob der Leiter des Städtischen Schulamtes eine Sekretärin zu viel hat.

Der "andere" Alfred Schneider

Regierungspräsidium, Staatliches Schulamt, Rathaus und Redaktionsstuben erhalten regelmäßig Post von Alfred Schneider, in manchen Phasen täglich und immer im riesigen Verteiler. Darin ist viel von „unglaublichen Rechtsbrüchen“, „unheiligen Allianzen“ und „Zensur“ die Rede. Der Absender sinniert über seine Rolle „als Märtyrer der Wahrheit“. Hin und wieder treffen sich Schneider und die Stadt vor Gericht. Alfred Schneider kommt aber auch im Briefkasten der Ravensburger an. Zuletzt flächendeckend in der Süd- und in der Weststadt mit Flugblättern, in denen gegen die Schulentwicklung protestiert wird.

Immer dann ist auch der Namensvetter beschäftigt. „Nach dieser Flugblattgeschichte war es wieder besonders schlimm“, erzählt der andere Alfred Schneider. Gut 15 Anrufe habe er bekommen, denn im Ravensburger Telefonbuch eingetragen ist nur ein Alfred Schneider. „Ich kann dann nur immer erklären, dass ich nicht der Urheber dieser Texte bin. Es ist einfach lästig, wenn man als normaler Mensch immer wieder in die Nähe von Wirrungen gerückt wird.“

Alfred Schneider und Alfred Schneider verbindet eine lange Geschichte miteinander. Denn der eine war der Schüler des anderen. Und hat, als er schon lange der Schule entwachsen war, die ersten falsch adressierten Anrufe bekommen: „Offenbar frustrierte Schüler, es gab aber auch schon Schmäh-Lieder zu Silvester.“

Mit der wachsenden Schneiderschen Präsenz bei lokalpolitischen Themen stieg kontinuierlich die Frequenz. Dabei verteilte sich die Last der Namensgleichheit lange noch auf zwei Schultern. Denn, Achtung: Alfred Schneider der Jüngere hatte früher noch einen Onkel. Dessen Name: Alfred Schneider. „Seit er tot ist, landen alle Fans und Gegner bei mir“, erzählt der Bänker.

Alfred Schneider will, dass das aufhört. Zumindest sollen alle wissen, dass es den doppelten Schneider gibt. Deshalb hat er sich jetzt an die Zeitung gewandt. Mit Alfred Schneider hat er einmal das Gespräch gesucht. Dieses verlief nicht sonderlich freundlich, sagt er. Das Ergebnis: Der Namensvetter legt ebenfalls großen Wert darauf, dass es zu keiner Verwechslung kommt. Alfred Schneider der Jüngere bekam einen Brief. Darin stand: „Uns trennen Welten, in jeder Hinsicht.“