Schulferien
Schulferien wegen Corona kürzen? - Leser von Schwäbische.de reden Klartext
Ravensburg / Lesedauer: 6 min
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat kürzere Schulferien vorgeschlagen, um Bildungsdefizite wegen der Corona-Schließungen aufzuholen. Der Vorstoß stieß nicht nur bei Lehrern und im baden-württembergischen Kultusministerium auf Ablehnung.
"Man könnte an den Ferien ein bisschen was abknapsen, um Unterrichtsstoff nachzuholen", sagte der Grünen-Regierungschef dem "Mannheimer Morgen". Derartige Überlegungen werde man "ernsthaft anstellen müssen". Auf die Frage, ob er dabei an die Sommerferien denke, sagte er: "Darüber könnte man mal nachdenken."
++ Einen ausführlichen Artikel zu Kretschmanns Vorschlag und den Reaktionen lesen Sie hier ++
Dass Kretschmanns Vorstoß nicht mit Kultusministerin Susanne Eisenmann abgesprochen war, zeigt die Reaktion aus Eisenmanns Ministerium. „Die Sommerferien zu kürzen, ist aus unserer Sicht nicht der richtige Weg, um pandemiebedingte Lerndefizite aufzuholen.“
Ein solcher Vorschlag suggeriere zudem, dass Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte durch Corona bereits genug Ferien gehabt hätten.
Das sagen die Userinnen und User von Schwäbische.de zu dem Vorschlag
Eine Auswahl an Meinungsbeiträgen:
Ferien sind tabu
Erich S. : "Unsere Kinder arbeiten hart für die Schule und die Ferien sind tabu! Die brauchen wir, um zwischendurch mal das Haus zu putzen, denn auch wenn er vielleicht eine Reinigungskraft beschäftigt - wir machen das noch alleine und mir ist es in einem Jahr noch nicht gelungen, den Staubsauger anzuwerfen, wenn die Hälfte des Hauses blockiert ist. Er möge auch mal an die Familien unter den Lehrern denken, deren Kinder ebenfalls im Homeschooling lernen, während die Eltern den Unterricht für die anderen gewährleisten. Ich fand zuletzt nicht mehr, dass die Lehrer unserer Kinder noch gesund aussehen."
Schuljahr wiederholen
Waltraud N. : "Das EINZIGE, was Sinn macht, ist das Schuljahr für alle zu wiederholen!"
Freiwillige Lerngruppen in den Ferien
Christian B.: "Vorschlag: Macht die Klassenzimmer auf für kleine Lerngruppen, gerne auch in der Ferienzeit. Aber freiwillig. Als zusätzliches Angebot, um vielleicht auch noch mal eine Prüfung nachzuholen. Ich persönlich mache mir nämlich keine Sorgen, dass meine Kinder durch den Schulausfall verblöden. Unsere Lehrer unterstützen uns wirklich großartig: Sie schicken Aufgaben mit der Post, sie rufen die Kinder an, auch wenn das den persönlichen Kontakt natürlich nicht ersetzen kann."
Zeichen der Solidarität, wenn sich der öffentliche Dienst zurücknimmt
Manfred S. : "Recht hat er! Die Arbeiter in Handwerk, Industrie und Gastronomie trifft Corona mit voller Härte (Kurzarbeit...). Es wäre ein Zeichen der Solidarität, wenn sich hier auch der öffentliche Dienst etwas zurücknehmen könnte. Ansonsten sind wir auf dem besten Wege zur Zwei-Klassen-Gesellschaft von Beschäftigten in der Privatwirtschaft und Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Des Weiteren konnten wir unseren Kindern leider nicht die Bildung zukommen lassen, die vorgesehen war. Wir sollten hier jede Chance nutzen, dieses Defizit wettzumachen. Ein paar Tage mehr Schule sind der richtige Weg!"
Die Nerven liegen blank
Georg B. : "Ich bin Lehrer an beruflichen Schulen. Bei mir ist - bis jetzt - noch keine Unterrichtsstunde ausgefallen. Den Unterricht mache ich von zu Hause. In der Schule gibt es zu viele Netzwerkprobleme. Parallel sitzt meine Frau zu 100 Prozent im Homeoffice seit einem Jahr. Für die Kinder machen wir "nebenher" Grundschule 2. Klasse - wobei die hat immerhin 30 Unterrichtsstunden Präsenz - von den Faschingsferien bis zu Osterferien. Wenigstens noch für unseren Jüngsten morgens Kindergarten. Die Nerven liegen blank. Ich verstehe nicht, wie die beiden Spitzenkandidaten beinahe täglich eine neue Sau durchs Dorf treiben müssen."
Ferienverkürzung ist keine Bestrafung
Wolfgang K. : "Ferienkürzung hat nichts mit Bestrafung zu tun, sondern ist ein Weg, dass unsere Kinder zu einem kleinen Teil das zurückbekommen, um was sie die letzten zwölf Monate gebracht worden sind. Bildung ist ein hohes Gut für ihre erfolgreiche Zukunft. Und Bildung bzw. Schule ist so viel mehr als Wissensvermittlung. Wir sind es unseren Kindern schuldig, dass sie etwas davon zurückbekommen."
Brauchen Lehrer wirklich ein Vielfaches an Erholung?
Ursula M. : "Ich finde, dass Kretschmann recht hat. Anstatt über sechs Wochen Sommerferien würden vier Wochen sicher auch genügen. Vielleicht wäre manches berufstätige Elternpaar froh, wenn die Ferien 2021 nicht so lange sind. Ein "normaler Arbeitnehmer" hat nur so viel Urlaub wie schon die Sommerferien sind. Dann kommen aber noch Osterferien, Pfingstferien, Herbstferien und dann die Weihnachtsferien. Brauchen Lehrer wirklich ein Vielfaches an Erholung mehr, als "normale" Arbeitnehmer?"
Ferienverkürzung für alle ist Nonsens
Stefanie A. : "Wie Herr Lederle sagt, die meisten LehrerInnen und SchülerInnen sind hart am Arbeiten, auch ich als Elternteil (beruflich und zusätzlich beim Homeschooling). Eine Verkürzung der Ferien für alle ist für die motivierten Schüler/Lehrer/Eltern ein Schlag ins Gesicht und käme auch meiner Ansicht nach einer Bestrafung gleich. Dass dann die Motivation sinkt ist klar. Man sollte eher gezielt Förderung anbieten: für diejenigen, die es brauchen und auch wollen. Eines meiner Kinder ist hoch motiviert und weist keinerlei Defizite auf – eher im Gegenteil; hier wäre es eine Bestrafung. Mein anderes Kind ist leider nicht so motiviert und hat Defizite; ein Förderprogramm wäre in diesem Fall gut. Ferienverkürzung für alle ist Nonsens."
Eltern und Kinder haben Erholung mehr als verdient
Anna A. : "Da haben wohl viele der Kommentatoren nicht daran gedacht, wie man als Arbeitgeber dann den Sommerurlaub verteilen soll - schließlich haben Eltern mit Kinder Vorrang und durch Homeschooling, was eine zusätzliche Belastung ist, die Erholung mehr als verdient! Die Kinder hatten „Schule“ ! Nicht frei - ebenso die Lehrer! Abgesehen davon haben sicher viele schon gebucht!"
Ausgeruhte, motivierte und gut vorbereitete LehrerInnen fehlen
J. B.: " Wenn wir als Eltern darauf vertrauen könnten, dass Kretschmann und/oder Eisenmann dafür ausgeruhte, motivierte und gut vorbereitete LehrerInnen zur Verfügung hätten, dann würden wir auf zwei Wochen Ferien gern verzichten. Können wir aber nicht (mehr)."
Offen auch mal ein heikles Thema ansprechen
Alexander M. : "Egal wie man zu diesem Thema steht, Herr Kretschmann hat laut und offen darüber nachgedacht und das ist sein gutes Recht! Politiker, die offen auch mal ein heikles Thema ansprechen, sind mir lieber, als diejenigen, die nichtssagend lange Reden halten. Und wenn es im Landtag zu diesem Thema eine Debatte gibt? Bitte, wir sind in einer Demokratie! Hier sind sich die Leser ja auch nicht einig. Meine Meinung ist: Das Kultusministerium sollen sich erstmal ein Überblick verschaffen, wie groß die Lücken der Schüler sind und dann darüber nachdenken. Ein Tabu Thema sollte Ferienverkürzung nicht sein."