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Urteil

Berger Mordprozess: Angeklagter ist schuldig

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Verteidiger plädiert auf Freispruch – Richter Hutterer: „In der Art eines Killers“
Veröffentlicht:28.09.2017, 09:46

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Wegen des Mordes an seiner Ehefrau hat das Landgericht Ravensburg am Mittwoch den 46-jährigen Angeklagten im Berger Mordprozess zu lebenslanger Haft verurteilt. Darüber hinaus erkannte das Gericht bei ihm eine besondere Schwere der Schuld. Dies bedeutet, dass der Verurteilte frühestens nach 20 Jahren aus der Haft entlassen werden kann. Mit dem Urteil folgte das Gericht in allen Punkten den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert und kündigte an, in Revision zu gehen. Der Gerichtssaal war brechend voll.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 46-Jährige im Sommer vergangenen Jahres seine von ihm getrennt lebende Frau getötet und dann ihren Selbstmord vorgetäuscht hat. Er habe damit nicht nur der 43-Jährigen das Leben, sondern den drei gemeinsamen Kindern auch die Mutter genommen, so der Richter. Zweifel an der Schuld des Angeklagten ließ der Vorsitzende Richter Jürgen Hutterer in seiner Urteilsbegründung nicht aufkommen. Die Beweislast sei erdrückend. „Die Beweise hätten für sieben Verurteilungen ausgereicht“, so Hutterer. Seine eigenen Kinder habe er instrumentalisiert, um sich ein wasserdichtes Alibi zu verschaffen.

Er sei mit ihnen über ein Wochenende in ein Spaßbad nach Erding gefahren. Gleich am ersten Tag sei er um Mitternacht wieder nach Berg zurückgefahren. Dort sei er in das Haus seiner Frau eingedrungen, habe sie im Schlaf überrascht und gewürgt. Den bewusstlosen oder bereits leblosen Körper habe er in den Heizungskeller geschleppt, ihr einen Kälberstrick um den Hals gelegt und sie daran aufgehängt, um einen Selbstmord vorzutäuschen. Nachdem er seine Spuren beseitigte, sei er zurückgefahren und dort um 6 Uhr morgens angekommen.

Motiv: Hass und Habgier

Die Tat sei nicht spontan oder im Affekt begangen worden, so Hutterer. Der Angeklagte sei uneingeschränkt schuldfähig, das habe auch der Gutachter Hermann Aßfalg festgestellt. „In der Art eines Killers“ habe er die Tat kaltblütig und professionell geplant. Bei der Ausführung sei er überaus brutal vorgegangen.

Das Motiv sah das Gericht in der verzweifelten Situation des Angeklagten. Seine Frau hatte sich im Februar 2016 von ihm getrennt. Zuvor hatte der Angeklagte seiner Frau über längere Zeit eheliche Untreue vorgeworfen und sie sogar verdächtigt, ein sexuelles Verhältnis mit ihrem Vater gehabt zu haben. In diese Gedanken habe er sich „wahnhaft“ und „fanatisch“ verstrickt, so der Richter. Nach der Trennung habe er aus dem Haus, das allein seiner Frau gehörte, ausziehen und in eine Mietwohnung ziehen müssen. Im Falle einer Scheidung hätte er Unterhaltszahlungen leisten müssen. Während seine Frau auch alleine gut zurecht kam, sei er im Ort „völlig isoliert“ gewesen. Die Schuld für seine Lage habe er bei seiner Frau gesehen. Die Wut auf sie habe sich zu „grenzenlosem Hass“ gesteigert.

Vor der Tat habe er mehrere Tötungsszenarien durchgespielt, sei in den Schützenverein eingetreten und habe sich mit Gift beschäftigt. Auch Traueranzeigen für seine Frau habe er verfasst. Schließlich sei er auf die „niederträchtige Idee“ gekommen, ihren Selbstmord zu inszenieren, um sein Ziel zu erreichen: mit seinen Kindern wieder im Haus zu leben. Das mache auch eine Nachricht des Angeklagten an seine Frau deutlich: „Ich will das Haus, die Kinder und dass du verschwindest.“ Heimtückisch, aus Habgier und Egoismus habe der Angeklagte die Tat begangen, so der Richter. Damit seien alle Merkmale eines Mordes erfüllt.

Verteidiger kritisiert Gutachter

Im Gegensatz dazu hatte der Pflichtverteidiger Hans Bense des 46-Jährigen auf Freispruch plädiert und an den Schilderungen des Angeklagten festgehalten: Am vergangenen Freitag hatte sich der Angeklagte erstmals zu der Tat geäußert und zugegeben, nachts im Haus seiner Frau gewesen zu sein. Nach einem Streit sei er hinab in den Heizungskeller gegangen, um sich selbst aufzuhängen. Seine Frau sei ihm gefolgt und habe ihn an seinem Vorhaben gehindert. Der Angeklagte wollte daraufhin das Haus verlassen. Um sicherzustellen, dass sie ihm nicht sofort nachfolge, habe er ihr den Strick um den Hals gelegt und sie aufgefordert bis 300 zu zählen. Danach sei er gegangen, da habe seine Frau noch gelebt.

Gegenüber der SZ bezeichnete der Verteidiger seinen Mandanten als „Eifersuchtstäter“, der im Affekt gehandelt habe. Darüber hinaus warf er dem vom Gericht bestellten Gutachter „handwerkliche und methodische Mängel“ bei der Erstellung seines Gutachtens vor. Nach seiner Einschätzung hätte der Fall mit einem anderen Sachverständigen anders ausgesehen. Er kündigte an, in Revision zu gehen.