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Waldbrandgefahr

Waldbrandgefahr in der Region - Regengüsse nur ein Tropfen auf den heißen Stein

Ravensburg / Lesedauer: 8 min

Nach der anhaltenden Trockenheit fällt nun zumindest etwas Regen in der Region. Von Entwarnung kann aber noch keine Rede sein. Über die Lage in Ihrem Landkreis und Maßnahmen im Ernstfall.
Veröffentlicht:28.06.2022, 11:00

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Eine achtlos weggeworfene Zigarette, ein verirrter Funken beim Grillen in der Natur – Nach wochenlanger Trockenheit und Rekordtemperaturen wie in den vergangenen Tagen braucht es nicht viel, einen Brand im Wald zu entfachen. So ist die aktuelle Waldbrandgefahr in der Region.

Nach den vereinzelten Regenfällen und Hitzegewittern in der vergangenen Woche ist das Risiko von Waldbränden in Baden-Württemberg zwar wieder etwas gesunken, die Gefahr aber nicht gebannt.

Denn vereinzelte Schauer helfen nach Einschätzungen des Meteorologen Jürgen Hieber kaum, das Risiko eines Brandes langfristig zu minimieren. Der Niederschlag verdampfe zu schnell und bringe somit nur eine kurzzeitige Entlastung. „Besser wäre ein satter Landregen“, so der Experte der Wetterwarte Süd.

Trockene Böden auch im Bodenseekreis

Die Trockenheit belastet auch die Wälder im Bodenseekreis und im Raum Oberschwaben. „Auch wenn es immer wieder mal einen Schauer gibt, sind die Waldböden wegen der hohen Temperaturen an der Oberfläche sehr trocken“, sagt Robert Schwarz, Sprecher des Landratsamtes Bodenseekreis. „Eine Entspannung können nur nachhaltige und großflächige Regengüsse bringen, sodass der Boden in den Wäldern an der Oberfläche ausreichend feucht ist.“

Sind die Pflanzen durch vorherige Dürreperioden und einen niedrigen Grundwasserspiegel ohnehin schon geschwächt oder ihre Kronen sogar bereits zu großen Teilen abgestorben, seien sie deutlich anfälliger für einen Brand als gesunde, so Schwarz.

Teamwork der kommunalen Feuerwehren

Zur Brandbekämpfung sind über den Bodenseekreis verteilt fünf Tanklöschfahrzeuge einsatzbereit. Bei Bedarf werden Kapazitäten aus den Nachbarkreisen hinzugezogen.

Damit es in einem solchen Ernstfall schnell geht und der Einsatz möglichst reibungslos läuft, trainieren die kommunalen Feuerwehren auch zusammen. „Jeder Landkreis und jede Kommune hat für den Alarmfall spezielle „Alarm- und Ausrückeordnungen“ vorgegeben, sodass die Leitstellen unverzüglich die erforderlichen Kräfte alarmieren können“, erklärt Andreas Wersch, Sprecher des Landesfeuerwehrverbandes Baden-Württemberg.

Auch stehen die Wehren in engem Kontakt mit den zuständigen Revierförstern, die die Einsatzkräfte bei einem Waldbrand durch das Unterholz lotsen können.

Überwachung von oben

Zusätzlich kommen in weiten Teilen des Landes mittlerweile auch sogenannte Waldbrandbrandbeobachter zum Einsatz, die per Flugzeug die Wälder auf eventuelle Rauchsäulen absuchen.

Entdecken die Piloten dabei tatsächlich einen Brand, alarmieren sie per Funk die Feuerwehr , können die Rettungskräfte auf Wasserquellen in der Nähe nennen und sie aus der Luft über die Ausbreitung des Feuers auf dem Laufenden halten. Eine solche Luftrettungsstaffel startet zum Beispiel von Illertissen im Landkreis Neu-Ulm aus.

Brandrisiko in den vergangenen Jahren stark gestiegen

Das Risiko für einen Brand ist in den vergangenen 20 Jahren deutlich gestiegen. Bewegte sich die Zahl der Brände in Deutschland laut einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes bis 2014 stets zwischen knapp 500 und 900, knacken die Werte seit 2018 jährlich die 1000er-Marke.

Die mit Abstand meisten Brände verzeichnet das Statistische Bundesamt im Übrigen für das Jahr 2003 mit mehr als 2500 Bränden, die wenigsten Einsätze der vergangenen 20 Jahre hat das Amt dagegen für 2014 erfasst (429).

Waldbrände als Folge des Klimawandels

Dass Waldbrände inzwischen keine Seltenheit mehr sind, resultiert laut Jürgen Hieber aus einer Veränderung des sogenannten Jetstreams, der auf der Nordhalbkugel für den Wechsel zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten verantwortlich ist.

Durch den Klimawandel werde dieser wellenförmige Strom ausgebremst. „Es wird unter den Klimaexperten diskutiert, ob es deshalb zu längeren Trockenphasen kommen kann“, sagt der Meteorologe. „Es kann auch mal einen Sommer mit schlechtem Wetter geben, aber auch mit Hitze und längerer Trockenheit.“

Ostalb bisher von schweren Bränden verschont

Klimatische Veränderungen, die nicht nur den Bäumen im Bodenseekreis, sondern auch auf der Ostalb zu schaffen machen. „Unsere Wälder, die bisher weniger anfällig waren, werden vielleicht in der Zukunft dieses etwas höhere Risiko haben“, vermutet auch Johann Reck , Leiter der Unteren Forstbehörde des Landratsamtes Ostalbkreis, im Gespräch mit „Schwäbische.de“.

Ich habe in all den Jahren kaum einen Waldbrand erlebt, der über die Fläche eines Fußballfeldes hinausging.

Johann Reck, Forstamtsleiter im Ostalbkreis

Bisher sei der Kreis weitgehend von schweren Flächenbränden verschont geblieben. „Ich habe in all den Jahren kaum einen Waldbrand erlebt, der über die Fläche eines Fußballfeldes hinausging“, so Reck.

Größenordnungen, die laut Reck noch mit normalen Einsatzfahrzeugen zu bewältigen sind. Begünstigend hinzukomme, dass die Wälder auf der Ostalb zu großen Teilen aus Laubbäumen bestens – ein Faktor, der nach Einschätzungen Johann Recks das Risiko für einen Brand deutlich senkt:

Wenn es hier brennt, ist das absolut nicht vergleichbar mit dem, was da gerade in Brandenburg passiert.

Das sei aber auch durch die geografische Lage der Ostalb bedingt. „Über Bergländern ziehen sich im Sommer die Gewitter besser zusammen, weil sich über den Hügeln und den Felswänden eine bessere Thermik entwickelt“, erklärt Meteorologe Andy Neumaier, Experte für das Wetter auf der Ostalb.  „Deshalb ist das Risiko für Schauer und Gewitter deutlich höher als andernorts in Baden-Württemberg.“ Mit höheren Niederschlägen sinke folglich das Risiko für Brände.

Das zeige auch ein Blick auf die Karte des Waldbrandgefahrenindexes: „Dieser Riegel der Ostalb zeichnet sich darauf perfekt ab. Und wenn man im Vergleich dazu Richtung Flachland, wie ins Stuttgarter Becken oder in die Region Rhein-Neckar schaut, wird es tiefrot“, so Neumaier.

Die Rolle der Bergwacht bei Waldbränden

Ähnliches gilt auch für die Berglandschaften der Schwarzwaldregion. Außer den Revierförstern wird dort allerdings die Feuerwehr zusätzlich von der Bergwacht unterstützt, die die Kameraden, wie im Falle eines Waldbrandes in Triberg von einigen Tagen, zu den Löscharbeiten anseilen mussten.

„Die Fahrtwege sind gut und unsere sind Feuerwehren sind dafür ausgerüstet, aber gerade Brände in Hanglagen sind eine große Herausforderung“, erklärt Frieder Dinkelaker, der am Landratsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises die Untere Forstbehörde leitet.

Wie auch in anderen Kreisen im Südwesten sei auch im Schwarzwald das akute Waldbrandrisiko gesunken. Dank des kühlen, regnerischen Klimas sei nach Einschätzung Dinkelakers in den Böden der Wälder immer noch so viel Grundwasser gespeichert, sodass Brände trotz der großen Kiefern- und Fichtenbestände weiterhin eher selten ausbrechen.

Vorsicht auch im Landkreis Biberach

„Das heißt aber nicht, dass Waldbesucherinnen und -besucher sich deshalb acht- und sorglos im Wald aufhalten und bewegen sollten“, ergänzt Pressesprecher Philipp Friedel für den Landkreis Biberach.

Derzeit ist das Grillen im Kreis an ausgeschriebenen Plätzen im Wald zwar noch erlaubt, allerdings nicht auf mitgebrachten Geräten. Ebenso dürfen Autos mit Verbrennungsmotoren nicht im Gras oder Unterholz geparkt werden und offenes Feuer muss mindestens 100 Meter vom Waldrand entfernt sein.

2020: Jeder achte Brand absichtlich gelegt

Und dennoch: Nach Erhebungen einer Waldbrandstatistik der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung sind allein Baden-Württemberg im Jahr 2020 etwa 19 Hektar Wald abgebrannt – das entspricht in etwa der Fläche von 27 Fußballfeldern.

Lediglich drei Brände hatten natürliche Ursachen, 24 der insgesamt 51 Feuer wurden aus Fahrlässigkeit verursacht, sechs sind auf Brandstiftung zurückzuführen.

Kurzzeitige Entwarnung für Alb-Donau, Tuttlingen und Sigmaringen

Schärfere Schutzmaßnahmen wie die Sperrung von offiziellen Grillstellen waren auch im Alb-Donau-Kreis, im Kreis Tuttlingen und Sigmaringen bisher noch nicht nötig.

Wie auf der Ostalb seien diese Region ebenfalls dank des hohen Anteils an Laubbäumen und regelmäßige Niederschläge bisher weniger anfällig für Waldbrände gewesen als andere Teile Deutschlands, erklärt die Pressesprecherin des Alb-Donau-Kreises Katrin Frauenlob auf Anfrage von „Schwäbische.de“

Zur Prävention setzen viele Kreise seit mehreren Jahren außerdem auf die Aufforstung der alten Fichtenwälder zu Mischbeständen. „Diese Entwicklung dauert weiterhin an und wirkt durch hohe Laubbaumanteile in den Verjüngungsflächen der Waldbrandgefährdung entgegen“, erklärt Sprecherin des Landratsamtes Sigmaringen.

Auch sorgfältiges Aufräumen nach Baumfällarbeiten verringere das Risiko: „Die Brandlast auf den Waldflächen wird auch dadurch abgemildert, dass bei der Nutzung von größeren Nadelholzmengen Kronenanteile und Reisig ebenfalls genutzt, bei der Fällung nicht im Wald zurückgelassen werden und zu Hackschnitzeln weiterverarbeitet werden."

Vorsicht bei spontanen Grillfesten

Und auch wenn es für viele im Sommer kaum etwas Schöneres gibt, als mit Freunden, bei einem kühlen Getränk und leckerem Essen den Abend auf dem Grillplatz zu verbringen – manche Gemeinden und Städte nehmen in den heißen Monaten immer wieder die Grillerlaubnis für einzelne Plätze kurzfristig zurück, um das Brandrisiko weiter einzuschränken.

Vor dem spontanen Grillfest empfiehlt es sich also, sich bei der Kommune über die aktuellen Regelungen zu informieren. Unabhängig von den Maßnahmen der Kreise oder der Kommunen gilt in ganz Baden-Württemberg von März bis November im Wald ein grundsätzliches Rauchverbot.

Im Ernstfall: Was bei einem Waldbrand zu tun ist

Wer einen Brand bemerkt, sollte in jedem Fall sofort die Feuerwehr über den Notruf 112 benachrichtigen. Denn auch, wenn der Brand selbst gelöscht werden konnte, ist eine Nachkontrolle durch die Feuerwehr zwingend notwendig, um eine erneute Ausbreitung des Feuers oder unentdeckte Glutnester auszuschließen.