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Bäckereien kämpfen um ihr täglich Brot

Ravensburg / Lesedauer: 5 min

Backstationen in Supermärkten gefährden die Existenz kleiner Betriebe – so auch in Alttann und Wilhelmskirch
Veröffentlicht:03.09.2014, 18:43

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Ob nun Brezeln, Brötchen oder Volkornbrot – in jeder etwas größeren Gemeinde gibt es mittlerweile mindestens einen Supermarkt oder Discounter, der Backwaren entweder an einer Backstation oder durch eine große Kette anbietet. Praktisch für die Verbraucher, schlecht für kleine Bäckereien, wie Dennenmoser in Alttann oder Maier in Wilhelmskirch, denen diese Konkurrenz zu schaffen macht.

„Mein Sohn wollte unsere Bäckerei eigentlich übernehmen, doch davon ist er inzwischen abgekommen und ich hätte ihm davon auch abraten müssen“, sagt Claus-Dieter Dennenmoser. Dass er das einmal sagen würde, hätte der 54-Jährige vor ein paar Jahren noch nicht gedacht. Er hat den Betrieb in Alttann selbst von seinem Vater übernommen und ihn nach und nach ausgebaut. 1994 kam der große Umbau, bis dahin war das Hause Dennenmoser Pension und Bäckerei zugleich. Da die Pesion jedoch nicht so gut lief, gab er sie auf und vergrößerte stattdessen Laden und Backstube. Auch eine zweite Filiale eröffnete er im Markant-Supermarkt in Bergatreute und stellte einen zusätzlichen Gesellen ein.

Doch seit vor vier, fünf Jahren die Backautomaten in Supermärkten in Mode gekommen sind, geht es bergab. „Durch ihre Dumpingpreise ruinieren die Supermärkte unser Geschäft“, so Dennenmoser. Zwar habe er in den letzten Jahren nicht bedeutend an Kundschaft verloren, doch bei den Billigpreisen mitzuhalten, wäre für eine kleine Bäckerei kaum möglich. Ein Hauptgrund sei dabei die Energiestuktur: Die Strompreise würden immer weiter steigen, aber gleichzeitig sei es nicht möglich in gleichem Maße die Preise der Backwaren anzuheben. „Sobald eine Seele nur drei Cent mehr kostet, ist das Geschrei bei den Kunden groß“, sagt Dennenmoser. „Ich versuche schon zu sparen, wo es nur geht, aber irgendwann ist Schluss.“ Dabei geht es nicht nur um Stromeinsparungen, sondern auch um Qualität: „Wenn ich industriell hergestellte Backmischungen aus Polen verwenden würde, wie es die Supermärkte tun, hätte ich auch weniger Ausgaben“, sagt er.

Ein treuer Kundenstamm

Inzwischen steht Dennenmoser jede Nacht ab ein Uhr alleine in der Backstube denn die Verkaufsstelle in Bergatreute musste er schließen und kann sich daher keinen zweiten Bäcker leisten. Dort backt er bis zu 100 Brote, 2000 Brezeln, Wecken und Seelen, 80 süße Stückchen und 35 Kuchen und versucht allen Schwierigkeiten Stand zu halten. Glücklicherweise habe er einen treuen Kundenstamm. Zu den Backwaren bietet er zusätzlich ein kleines Sortiment an Obst, Gemüse und Frischeprodukten sowie Wurstwaren an. Außerdem liegt seine Bäckerei direkt an einer Durchfahrtsstraße und viele Lastwagenfahrer und Handwerker holen bei ihm ihr Vesper. „Zwei Leberkäswecken und ein Nußhörnle“, so die Standardbestellung.

Über Wasser halten können sich Claus-Dieter Dennenmoser und seine Frau, die den Laden schmeißt, aber trotzdem gerade nur so. Und ob er die ständigen Existenzängste bei 80 bis 90 Stunden die Woche und kaum Freizeit bis zur Rente durchhält, weiß der Bäcker nicht.

Die Sorgen ihres Kollegen kann Eleonore Maier-Rist gut nachvollziehen. Die Bäckerin aus Wilhelmskirch hat ganz ähnliche Erfahrungen gemacht als vor ein paar Jahren ein Netto mit eigener Bäckerei in Horgenzell eröffnet hat, kurz nachdem sie ihre Filiale in Horgenzell vergrößert hatte. „Das erste Jahr mit Netto war wirklich heftig für uns“, erzählt Maier-Rist. Da es sonst kein Lebensmittelgeschäft in der Gemeinde gab, hatte sie ihre Bäckerei um ein großes Sortiment an anderen Waren erweitert. Neben frischen Produkten wie Milch, Käse, Obst und Gemüse verkaufte sie unter anderem Konserven, Putzmittel oder Toilettenpapier. So ging anfangs nicht nur der Verkauf der Backwaren zurück, sondern die Bäckerin blieb auch auf allen anderen Waren sitzen. „Ich war richtig sauer auf den Bürgermeister“, erzählt sie.

Kreativität ist gefragt

Doch das habe ihr auch nichts genützt und die Hände in den Schoß legen und jammern sei nicht ihre Art, dehalb habe sie sich etwas einfallen lassen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Ihren Lebensmittelbereich hat sie inzwischen fast kompett zu einem Café umgebaut, sie beliefert verschiedene Schulen in den Pausen, macht Kuchen oder belegte Brötchen für Firmen oder Feste. Außerdem hat sie einmal in der Woche einen Biotag und Aktionen zu Feiertagen. Am Muttertag kommt beispielsweise eine Musikgruppe ins Café und es gibt besondere Kuchenangebote.

„Um überleben zu können, muss man kreativ sein und Dinge finden, die eine Supermarktbäckerei nicht anbieten kann“, so Maier-Rist. Außerdem sind die Rahmenbedingungen wichtig. Maier-Rist hat Glück mit ihrem Standort, denn Horgenzell ist im Gegensatz zu der 700-Einwohner-Gemeinde Alttann mit 5000 Einwohnern relativ groß. Dort gibt es Schulen und Gewerbe, die auf ihr Angebot zurückkommen. „Ich habe auch Glück, dass ich ein gutes Team habe .

Obwohl ihre Bäckerei gut läuft, macht sie damit ebenfalls keine großen Sprünge und überlegt sich jede Investition drei Mal. Auch sie hat die Bäckerei von ihrem Vater übernommen und steckt seit 25 Jahren all ihre Energie in den Laden. Ob sie ihren Kindern dazu raten würde, den Betrieb weiter zu führen, weiß aber auch sie nicht. Denn weder Maier-Rist, noch Dennenmoser sind sich sicher, ob und wenn ja, welche Zukunft Betrieben wie ihren bevorsteht. Sie hoffen allerdings beide, dass es auch in 20 Jahren noch kleine Bäckereien gibt. Schließlich üben sie ihren Beruf trotz aller Schwierigkeiten mit Leidenschaft aus und würden es sehr bedauern, wenn ihr Handwerk aussterben würde.