StartseiteRegionalOberschwabenRavensburgKommentar zur Lage bei der OSK: Auch Landrat Sievers ist angezählt

Krisengespräch

Kommentar zur Lage bei der OSK: Auch Landrat Sievers ist angezählt

Ravensburg / Lesedauer: 3 min

Falsche Personalentscheidungen und Führungsschwächen haben zur Krise an der OSK geführt, kommentiert Frank Hautumm. Und auch zum Vorwurf an die Presse gibt es klare Worte.
Veröffentlicht:17.09.2022, 15:00

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Wenn das Krisengespräch vor dem Aufsichtsrat (genauer: dessen Personalausschuss) wirklich zum Ziel hatte, Geschäftsführung und Chefärzte miteinander statt übereinander reden zu lassen und den offenen Konflikt einzufangen, dann muss es offenbar gute Gründe gegeben haben, den Plan spontan fallen zu lassen:

Nachdem sich das Gremium am Dienstagabend viereinhalb Stunden lang die Kritik der führenden Mediziner der Oberschwabenklinik an ihrem Vorgesetzten angehörte hatte, verzichtete man darauf, den wartenden Geschäftsführer überhaupt noch in den Raum zu rufen. Die Eindrücke aus eben diesem Gespräch aber bezeichnet Landrat und Aufsichtsratsvorsitzender Harald Sievers als Grundlage für die Entscheidung „zum weiteren Weg bei der Besetzung der Geschäftsführung“.

Schreiben an die Kreisräte

Derselbe Aufsichtsratsvorsitzende übrigens, der in einem Schreiben, das er vor Beginn dieser Sitzung an alle Kreisräte verschickt hatte, bereits darum bat, „gut mitzuüberlegen, wie bei einer möglichen Veränderung in der Geschäftsführung sichergestellt werden kann, dass der Kreistagsbeschluss von Ende Mai zur Medizinstrategie nicht unter die Räder kommt“.

Eine weitere interne E-Mail von Sievers zur am Donnerstag bekanntgewordenen Kündigung des zweiten Geschäftsführers Michael Schuler ist da noch deutlicher: „...damit besteht die Möglichkeit zu einer kompletten strukturellen und personellen Neuaufstellung der Geschäftsführung“. Es braucht angesichts dieser Vorgänge schon ziemlich viel Phantasie, sich eine OSK vorzustellen, die noch mit Oliver Adolph an der Spitze in die Zukunft steuert.

Sievers ließ die Dinge laufen

Angezählt ist spätestens jetzt aber auch Harald Sievers, der nächstes Jahr als Landrat wiedergewählt werden möchte. Sievers hat schon bei der Einleitung des Reformprozesses an der Oberschwabenklinik eine unglückliche Figur abgegeben.

Das betraf zum einen die Kommunikation: Als Geschäftsführer Adolph bereits offen und öffentlich über die Schließung von Standorten räsonierte, waren weder betroffene Bürgermeister, Kreisräte noch führende OSK-Mitarbeiter überhaupt über geplante Veränderungen informiert. Sievers schwieg auch nach Protestbriefen und Petitionen wochenlang beharrlich und ließ die Dinge laufen.

Kein Standpunkt erkennbar

Eine inhaltliche Positionierung, einen Standpunkt, geschweige denn eine Vision des Landrates und Aufsichtsratschefs zu notwendigen Umstrukturierungen vermochten selbst Fraktionschefs im Kreistag bis zum Beschluss nicht zu erkennen.

Und zuletzt setzten Sievers und große Teile des Aufsichtsrates nun auch im lange schwelenden Konflikt der Belegschaft mit Adolph darauf, dass sich die Konflikte am kommunalen Klinikverbund, die schon das externe Gutachten zur Zukunft der OSK schonungslos aufgezeigt hatte, von selbst und mit der Zeit schon in Wohlgefallen auflösen würden. Das taten sie nicht, wohl auch deshalb nicht, weil sie öffentlich wurden.

Ja, die Presse hat "eine Agenda": Aufklärung

Apropos öffentlich: „Die Presse“ verfolge womöglich ihre eigene Agenda, hat Sievers in einem Brief an die Kreisräte beklagt. Kein Widerspruch an dieser Stelle. Die Agenda „der Presse“ ist ganz und gar nicht die einer Behörde, eines politischen Gremiums oder eines Aufsichtsrates. Die einzige Agenda „der Presse“ in diesem Falle ist es, auch den Mitarbeitern der OSK, die sonst immer in Sonntagsreden beklatscht werden, eine Stimme zu geben.

Dies ist in der Folge eine Agenda auch im Interesse von Patienten, die fürchten, unter den Arbeitsbedingungen an der Klinik könnte ihre Behandlung leiden. Und schließlich hat erst durch diese Agenda so mancher Bürgermeister, Kreis- oder Stadtrat von Vorgängen erfahren, die ihn unmittelbar angehen.

Führungsschwächen

Jetzt sieht es so aus, als werde der Aufsichtsrat doch die Reißleine ziehen, mitten in einem schwierigen Prozess. Auf falsche Personalentscheidungen setzten Führungsschwächen auf: Ob die Schäden, die durch Wegschauen und Weghören in den vergangenen Monaten entstanden sind, repariert werden können, wird sich erst noch zeigen.