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Heimatporträt

Vor 21 Jahren: Der Liebe wegen von Medellín nach Leutkirch

Leutkirch / Lesedauer: 4 min

Claudia Cristina lebt seit 21 Jahren hier – Projekt „Heimatporträts“ zeigt Leutkirchs Vielfalt
Veröffentlicht:13.02.2020, 07:00

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Mit ihrem Projekt „Heimatporträts“ möchten vier Schülerinnen des Hans-Multscher-Gymnasiums – Ruth Konrad, Lena Kopp, Nina Brunner und Linda Singer – zeigen, wie vielfältig ihre Heimatstadt Leutkirch ist (SZ berichtete). Ihr Antrieb ist die Anne-Frank-Wanderausstellung, die letztes Frühjahr in Leutkirch Station gemacht hat.

Dafür stellen sie verschiedenen Personen aus Leutkirch und den Ortschaften die größtenteils gleichen Fragen. Das Ziel ist es, dass sich die Leser der Porträts mit den jeweiligen Menschen identifizieren, sich über deren Antworten in sie hineinversetzen können. So solle eine Verbindung geschaffen werden zwischen Menschen, die zwar in derselben Stadt leben, die im Alltag aber wenige bis gar keine Berührungspunkte miteinander haben. „Wir wollen die Leute dazu anregen, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und auch mal andere Menschen in Leutkirch wahrzunehmen“, sagt Linda.

Zum Projektstart erklärten sie, dass sie hoffen, dass sich dafür möglichst viele ganz unterschiedliche Leutkircher zwischen 14 und 99 Jahren melden. Damit sie etwa bei den Merkmalen Geschlecht, Religion, Alter oder Herkunft eine bunte Mischung zusammenbekommen.

Eine Auswahl der Porträts wird dabei in der „ Schwäbischen Zeitung “ veröffentlicht. Los geht es mit Claudia Cristina.

Wie lange leben Sie schon in Leutkirch? Und warum?

Ich lebe seit 21 Jahren hier in Deutschland. Ursprünglich komme ich aus Kolumbien, genauer gesagt aus Medellín . Europa hat mich schon seit meiner Jugend angezogen. Nach Deutschland speziell bin ich der Liebe wegen gekommen. Mein Ehemann ist Leutkircher.

Was schätzen Sie an Leutkirch?

Leutkirch ist supertoll, es hat einfach alles. Die geografische Lage ist nicht zu übertreffen. Die Alpen und der Bodensee sind schnell zu erreichen und in Leutkirch selbst ist alles zu finden. Die Infrastruktur ist super, Gastronomie und auch Sportmöglichkeiten gibt es genügend. Ich habe hier tolle Freunde gefunden und nicht nur ich, sondern auch meine Schwester lebt hier glücklich verheiratet mit ihrer Familie. Leutkirch ist „klein, aber fein“ im Verhältnis dazu, woher ich komme.

Was bezeichnen Sie als Heimat?

Heimat ist für mich dort, wo man frei sein kann. Deutschland ist für mich zu einer neuen Heimat geworden, schließlich habe ich hier meine Familie und vor allem meine Kinder um mich. Aber auch Kolumbien ist und bleibt für immer ein Teil von mir. Hier, wie auch dort kann ich glücklich und frei sein. Für mich selbst ist es oft schwierig, weil der Abschied von meiner Familie in Kolumbien immer sehr traurig ist, aber es ist ein noch viel schönerer und glücklicherer Moment, wenn wir uns wiedersehen und auch die Glücklichkeit wenn wir von Urlaub „Heim“ zurückkommen. Diese Gefühle bedeuten mir viel und wie wichtig die Heimat ist.

Wie können Sie so richtig Dampf ablassen?

Beim Sport kann ich das am besten machen. Aber an sich bin ich eine Person, welche die Dinge am liebsten direkt durch Kommunikation klärt. Man muss tolerant sein und andere Meinungen respektieren und alles hat eine Grenze, die nicht überschritten werden darf. Lieber direkt geradeaus die Sachen klären, aber fair bleiben. Das ist meine Einstellung.

Wann und wie/wieso sind Sie zum letzten Mal über ihren Schatten gesprungen?

Eigentlich mach ich das schon mein ganzes Leben. Die Reise nach Deutschland war wohl der größte Schatten, den ich übersprungen habe. Das Projekt, an dem man immer arbeiten sollte, nennt sich "Leben" und dazu ist vor allem die Sprache notwendig. Man muss immer sein Bestes geben und man lernt aus Erfahrungen und kann dann auch Dinge aus einer anderen Perspektive sehen. Außerdem sollte man auch nicht alles zu ernst nehmen und die Dinge eher lockerer nehmen und immer die positiven Aspekte sehen.

Welche Rolle in ihrem Leben spielt Ihre Familie?

Familie ist mir sehr, sehr, sehr wichtig. Sie ist der Motor meines Lebens, mein Input, wie auch Output für alles. Wir sind immer für einander da, ich bin zu 100 Prozent ein Familienmensch. Klar, es gibt im Leben immer „leichte und nicht so leichte Seiten“, aber meine eigene Familie und meine Großfamilie spielen eine große Rolle in meinem Leben, sie geben mir vor allem Kraft und Hoffnung.

Wie viel Zeit am Tag haben Sie für sich? Und wie verbringen Sie diese?

Ich lebe mit einem sehr guten Gespür für das Verhältnis von Berufs- und Privatleben. Es gibt für mich nicht eine Sache ohne die andere. Ich genieße beides. Meine Freizeit verbringe ich am liebsten mit Outdoor-Aktivitäten, wie z.B. Laufen oder Wandern. Der Kontakt mit der Natur ist mir wichtig. Natürlich reise ich auch sehr gerne und erkundige die Welt. Die Balance zwischen Arbeit und Freizeit ist das richtige Rezept fürs Leben.