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Mastwechsel

Mastwechsel: In Leutkirch wird eine Hochspannungsleitung saniert

Leutkirch / Lesedauer: 4 min

Mastwechsel: In Leutkirch wird eine Hochspannungsleitung saniert
Veröffentlicht:15.10.2012, 17:50

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Hans-Dieter Schöberl ist im Team der Mann mit dem sauberen Hemd und der mit dem makellos glänzenden Bauhelm. Das gehört sich wohl so für einen Planer des Energieriesen ENBW. Doch seine signalgelb leuchtende Jacke und die groben Stollen an seinen Schuhen verraten trotzdem, dass sein Job kein schlichter Bürojob ist. So ausstaffiert steht Schöberl nämlich irgendwann in der vergangenen Woche in einem Feld unweit von Leutkirchs Autobahnauffahrt und schaut, ob ein von der ENBW mit einer kniffligen Aufgabe betreutes Bauunternehmen seinen Job richtig macht.

Um Schöberl herum arbeiten sie nämlich schon: Die Männer mit den schmutzigen Jacken und den von der Arbeit im Freien gegerbten Gesichtern haben unten am Boden alles im Blick. Und jene mit den Klettermonturen und den dicken Schraubenschlüsseln in der Hand sind dem Schlamm und Dreck, den der Regen zuvor aufgeweicht hat, schon in luftige Höhen bis zu 30 Meter entflohen. Das Team, es ist seit August im Einsatz, wird sich nämlich noch bis zum Monatsende um den Austausch von acht in die Jahre gekommenen Strommasten kümmern.

Seit gut 60 Jahren verbinden die alten Stahlgerüste die Umspannwerke Leutkirch und Bad Waldsee-Haisterkirch – mit 110000 Volt. Und während die gut 1,6 Zentimeter dicken Stahl- und Aluminiumkabel an den Masten – Experte Schöberl spricht von Seilen – noch gut in Schuss sind, sind die Maste selbst mittlerweile in die Jahre gekommen. Neue müssen her, auch weil es längst verschärfte Anforderungen für die drahtigen Türme gibt, die noch heute wie Relikte der industriellen Revolution anmuten: „Solche Maste müssen mittlerweile die doppelte Windlast überstehen, die wir in einer Region erwarten“, sagt Schöberl. Denn Wind und Wetter sind die größten Feinde von Strommasten. Früher, als noch nicht mit so großen Sicherheitsmargen gearbeitet wurde, brachen in der Republik so manche Maste unter Eis oder Wind zusammen wie Streichhölzer.

Leutkirch ist das bisher, zum Glück, erspart geblieben, sagt Schöberl. Dennoch kommen jetzt neue Maste, die auch in den nächsten Jahrzehnten für eine sichere Stromversorgung sorgen sollen.

Das Problem: Gerade der Austausch der Stahlriesen ist für die Stromversorger eine Herausforderung. Denn während die Arbeiter den neuen Mast errichten und gegen den alten austauschen darf natürlich kein Strom durch die Leitungen fließen – das wäre lebensgefährlich. Deshalb sorgen Schöberl und seine Kollegen schon im Vorfeld der Bauarbeiten dafür, dass der Strom während der Montage über Ersatzstrecken fließt.

„Die Regel lautet: N minus eins“, erklärt Schöberl im Expertensprech die Bestimmungen. Für Laien heißt das: Es muss immer eine Ersatzleitung für den Strom geben, falls die Hauptleitung einmal ausfällt. Weil diese Regel aber auch während der Bauarbeiten nicht unterlaufen werden darf, braucht es in diesem Fall sogar zweimal Ersatz: Eine Leitung, die die Baustellen-Leitung ersetzt, eine, die diese wiederum im Falle eines Ausfalls ersetzen kann. Findet sich dieser Ersatz nicht, müssen die Stromversorger bisweilen für teure Notfalllösungen sorgen. Einmal hat ein Kollege Schöberls ein Notkraftwerk aus einem Haufen an Notstromaggregaten gebildet, dass bei einem Ausfall der Ersatzleitung einen ganzen Ort mit Strom versorgt hätte. Schöberl: „So eine Notreserve kann manchmal teurer sein, als die Bauarbeiten selbst“. Sind alle Sicherheitsregeln beachtet und alle Reservesysteme auch in Stellung, dann können die Männer mit dem Masttausch endlich loslegen.

Der Plan klingt einfach: Erst wird der alte Strommast ausgegraben und per Kran mitsamt Drahtseilen um einige Meter versetzt. Dann erhält der neue Mast sein Fundament, auf dem der erste Teil montiert wird. Jetzt müssen die Monteure schon in die Höhe klettern - und es geht um Präzision: Stück um Stück wächst der neue Mast vor Leutkirch empor. Jedes neue Teil wird vom Kran angehoben und von den Männern mit zahllosen Schrauben fest verschraubt. Obwohl der Mast am Ende über 30 Meter hoch ist - mehr als zwei Millimeter Spiel sind bei der Montage nicht drin - sonst passen die Schrauben nicht mehr in die Löcher der Gerüstteile.

Dank der Planung von Hans-Dieter Schöberl und seiner Helfer sitzt am Ende alles am richtigen Fleck. Zuletzt heben die Männer nur noch die Drahtseile vom alten auf den neuen Mast - und demontieren das alte Gerippe. Das gibt noch einmal etwas Geld fürs Altmetall. Und der neue Mast wird bald zwischen Leutkirch und Haisterkirch für echte Spannung sorgen. Ende Oktober sollen die Ar+beiten fertig sein - wenn alles glatt geht, wird davon kein Leutkircher etwas bemerkt haben.